Was du liebst, gehört dir nicht - Doughty, L: Was du liebst, gehört dir nicht - Whatever You Love
gerichtet, was empfinde ich dann jetzt für ihn, da wir beide so abgekämpft und niedergeschlagen sind, dass uns Sex wie ein weit entfernter Traum vorkommt oder wie etwas, das wir nur aus Büchern kennen? Was, wenn nicht Liebe, empfinden wir jetzt füreinander? Auf Schmerz gegründete Liebe – das ist eine, die hält: Was wir auch lieben, es kann uns jederzeit genommen werden; allein der Verlust dessen, was wir lieben, gehört uns auf immer und ewig.
Ich stoße mich vom Türrahmen ab, wie um Schwung zu holen, und gehe zu ihm. So durchquere ich die Küche und lege ihm beide Hände auf die Schultern, und er hebt den Kopf und lehnt sich gegen mich zurück, als habe er die ganze Zeit von meiner Anwesenheit gewusst und nur darauf gewartet, dass ich zu ihm komme. Meine Arme rutschen an ihm hinab. Er packt sie und vergräbt das Gesicht an meinem Bauch, und so halte ich ihn an mich gedrückt, unbeholfen, er sitzend, ich stehend, lange, lange.
Epilog
Betty steht vor dem Spiegel und bürstet ihr langes, feines Haar. »Mum, findest du, dass die Ärmel ein bisschen lang sind?«
»Ein bisschen«, sage ich und ziehe meine Stiefel an. Rees ist in der Küche. »Rees!«, schreie ich ihn an, »jetzt mach schon!« Ich habe mir vorgenommen, morgens seltener das Auto zu nehmen – keine Ausreden mehr, wir müssen einfach nur ein wenig früher aufbrechen. Das Problem ist, dass Rees zu groß für den Buggy ist, aber zu klein, um mit Betty und mir Schritt zu halten – doch wenn wir innerhalb der nächsten zwei Minuten aufbrechen, klappt es noch.
Betty betrachtet sich in ihrer neuen Jacke im Spiegel, dreht und wendet den Kopf mit der geballten ihr zur Verfügung stehenden naiven Eitelkeit. Ich stehe von der unteren Treppenstufe auf, wo ich gesessen habe, gehe kurz zu ihr und umarme sie. »Sieht prima aus«, sage ich, obwohl ich nicht finde, dass die Jacke prima aussieht, sondern dünn und billig, und nicht verstehe, warum sie so darauf versessen war.
Wir stolpern aus dem Haus und hetzen unsere Straße entlang, winken Julie zu, die gleichzeitig mit Alfie zur Tür herauskommt. »Das mit später geht klar?«, ruft sie. Ich habe ihr gesagt, dass ich Rees selbst vom Kindergarten abholen werde, um Rebecca gleich mitzunehmen und mit ihnen beiden zum Gemeindesaal der Methodisten zu gehen. Ich habe den Kopf voll mit der komplizierten Terminplanung dieses Tages, dem wahrscheinlichkeitstheoretischen Diagramm der verschiedenen darin verwickelten Kinder und Mütter. Daraus besteht mein Leben, aus ineinander verwobenen Terminen, Orten und Menschen, dem Kalender in meinem Kopf.
Die Schulglocke läutet, als wir uns auf den Hof drängen, uns einen Weg stromaufwärts durch das Gewimmel der Eltern bahnen, die zu dem schmalen Törchen hinauswollen. Wir sind spät dran zur Schule, sie sind spät dran zur Arbeit – oder haben es aus anderen Gründen eilig, woandershin zu kommen –, und es gibt einfach keine Regelung, wer hier den Vortritt hat, von moralischer Überlegenheit ganz zu schweigen. Kaum haben wir uns durchgekämpft, wetzt Rees zu dem hölzernen Schwein in der Ecke des Schulhofs hinüber, und ich habe Betty einen Moment für mich, um mich von ihr zu verabschieden.
Sie ist ungeduldig. Sie hat Willow Richtung Schule verschwinden sehen. Sie umarmt mich kurz und wendet sich ab.
»Hey«, rufe ich ihr nach. Sie dreht sich zu mir um. Ich halte ihren Tanzbeutel an seinem Riemen hoch. Er ist schwerer als sonst, weil ich heute endlich einmal daran gedacht habe, ihr nicht nur ihre Stepptanzschuhe, sondern auch eine Kleinigkeit zu essen und etwas zu trinken für die Pause vor der Capoeira- AG einzupacken. Im Geiste klopfe ich mir selbst auf die Schulter. Lächelnd läuft sie zu mir zurück, schnappt sich den Beutel, beugt sich in einer eiligen, leicht verlegenen Geste vor und gibt mir ein Wangenküsschen. »Hab dich lieb«, sagt sie leise, damit keine ihrer Freundinnen es hört, so leise, dass sie es selbst kaum noch hört.
Normalerweise würde ich Ich dich auch antworten, doch heute bin ich in Gedanken bei unserer neuen Regelung für den Nachmittag. »Du denkst auch wirklich dran, ja?«
Sie verdreht die Augen. » Ja, Mum.«
»Wie geht ihr hin?«
»Wir können den kurzen oder den langen Weg nehmen. Wenn wir den kurzen Weg nehmen, sind wir besonders vorsichtig, wenn wir über die Straße gehen.«
»Genau so«, sage ich, doch noch bevor die Worte aus meinem Mund sind, hat sie sich umgedreht und ist ihren Freundinnen hinterhergelaufen, die sie
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