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Was Farben sagen

Was Farben sagen

Titel: Was Farben sagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabelle Wolf
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unterbewusst, einen stimmigen, » runden« Gesamteindruck. Typisch für Blau ist dabei das Fließende im Übergang von einem Einrichtungsgegenstand zum nächsten; harte Kontraste werden genauso vermieden wie scharfe Kanten an Möbelstücken. So könnte ein mit schimmernder grauer Seide bezogener Stuhl vor einem Vorhang aus weißem gewaschenem Leinen stehen, und das dezent grau-weiß gemusterte Stuhlkissen aus einem Seide-Leinen-Mix verbindet beide über Farbe und Material miteinander. Es schafft sanfte Übergänge und den » runden«, in sich geschlossenen Gesamteindruck.
    Der zurückhaltende Charakter von Blau lässt sich neben einer grundlegend schlichten und dezenten Gestaltung auch mit glatten, fließenden Materialien in unaufdringlichen Farben erreichen. » Blaue« Stoffe sollten allerdings immer dünn bis durchscheinend sein, um auch den immateriellen Charakter der Farbe wiederzugeben.
    Mode– körperloses Fließen
    Spätestens wenn man an Jeans denkt, die zu fast allem passen, weiß man, dass Blau in der Mode eine sehr neutrale Farbe ist. Es ordnet sich unter, bleibt im Hintergund und überlässt den Kombifarben den Platz auf der Bühne. Trotzdem wird Blau immer wieder als schwierig bezeichnet, da es dem Gesicht regelrecht die Farbe entziehen kann; in blauer Kleidung kann der Teint sogar leicht gelblich wirken. Unter der Vielzahl von Blautönen ist zwar mit Sicherheit eine Nuance dabei, die einem schmeichelt– gelbstichige Blautöne wie Petrol können die Augen und den Teint von südländischen Typen zum Strahlen bringen, und sie betonen warme Haarfarben, kühles Eisblau dagegen ist vorteilhaft für nordische Typen. Doch das Problem bei fast allen Blautönen ist, dass man darin richtiggehend unterkühlt und unnahbar wirken kann. Die sehr nüchterne Wirkung der Farbe kann man sich allerdings bei Bürokleidung zunutze machen, da Blau deren ohnehin meist sachlichen Stil noch steigert. Man wirkt in Blau zudem verlässlich, besonnen und umsichtig.
    Charakteristisch für einen blauen Stil ist eine seltsam verschwommene Gesamtwirkung, als würde man die Kleidungsstücke durch Wasser hindurch betrachten. Anders als bei Rot mit seinem klaren, dominanten Look wirkt der blaue unbeständig und formlos. Bei Kleidungsstücken, die Blau entsprechen, ist zudem kein eindeutiger Stil auszumachen. Überhaupt ist bei dieser distanzierten Farbe nichts offensichtlich: Zunächst sieht man vielleicht nass glänzende, an fließendes Wasser erinnernde Stoffe in ebenfalls fließenden Schnitten. Oder die extreme Schlichtheit von zurückgenommenem Blau zeigt sich in einfacher Baumwolle und– dem substanzlosen Blau entsprechend– transparenten Stoffen ohne jede Verzierung. Aber auf den zweiten Blick erkennt man vielleicht ein Material, das sich aus mehreren Lagen zusammensetzt und den Blick festhält, » in die Tiefe« lenkt. Trotzdem wirken rein » blaue« Kleider nie sinnlich oder gar provokativ wie » rote«, sondern ausgesprochen reizlos, und das obwohl Blau einem sehr weiblichen Stil entspricht mit weichen Formen, Kleidern und Röcken.
    Zu bescheidenem Blau passen betont einfache Schnitte. Denn wo Rot sich in den Mittelpunkt drängt und erkannt werden will, weicht Blau vom Betrachter zurück und möchte genau das Gegenteil erreichen: nicht auffallen und im Hintergrund bleiben. Introvertierte Menschen und solche, die bewusst einen sehr schmucklosen Stil suchen, können daher auf blaue Kleidung ausweichen– das gilt sowohl für die Farbe selbst als auch für Kleidungsstücke, die ihr entsprechen. Eine blaue Garderobe ist bescheiden, unprätentiös, schlicht und pur (was allerdings nicht für die gelbstichigen Töne wie modernes Türkis oder für vibrierendes » Electric Blue« gilt!). Blau ist eine ruhige Kraft, die sich selbst genügt. Sie muss nicht im Rampenlicht stehen, weshalb auch modische Spielereien oder ausgefallener Schmuck keine Rolle spielen.
    Will man Blau in einzelne Kleidungsstücke übersetzen, bieten sich am ehesten ferne Einflüsse von weit her an, die nebenbei die schlichte Bescheidenheit von Blau abbilden, wie asiatische Kleiderformen. Daneben entsprechen ihm auch die schmucklosen Modelle von Balenciaga aus den 1950ern, auch als » Sackkleider« bekannt geworden, die reichlich Raum lassen zwischen Körper und Kleid und ihn nicht

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