Was fuer eine Nacht Cowboy
wichtig.”
Es lag ihm schon auf der Zunge, ihr zu sagen, er und Tess könnten sich ja mal überlegen, wie das mit einem Bruder oder einer Schwester wäre. Aber das sollte er wohl lieber vorher mit Tess besprechen.
Sie saßen nebeneinander auf dem Sofa, beide über ein Buch gebeugt, das Susannah auf den Knien liegen hatte, als Tess zur Tür hereinkam. Bei dem Lächeln, mit dem sie aufschauten, wurde ihr warm ums Herz.
“Sieh mal, Mom! Noah zeigt mir gerade sein Album.”
Wohl ein Album mit Bildern von seinen Rodeos, mutmaßte Tess. Die Dokumentation seiner Reisen, die mit der goldenen Schnalle vor ein paar Wochen ihre Krönung gefunden hatten.
“Komm mal her”, verlangte Susannah.
Noah errötete. “Du musst nicht… “
Aber Tess streifte ihre Stiefel ab, hängte ihren Mantel auf und kam zu ihnen.
“Lass mal sehen.” Sicher ist es heilsam, sagte sie sich. Es würde sie daran erinnern, was Noah Tanner wichtig war, sollte ihr Herz stärker sein als ihr Verstand.
Entsprechend erstaunt war sie, als sie über Susannahs Schulter spähte und die kindliche Zeichnung eines dicken Mannes in rotem Gewand sah, der von Strichtieren, die vermutlich Rentiere darstellten, umgeben war.
“Das hat Noah gemalt, als er drei war”, berichtete Susannah ihr.
“Ich konnte nicht gut zeichnen”, murmelte er. “Komm, Suse. Deine Mutter findet das Gekritzel bestimmt langweilig.”
“Gar nicht”, widersprach Tess. “Was ist denn das?”
“Das ist Noahs Album, habe ich doch scho n gesagt”, entgegnete Susannah ungeduldig. “Er hat es mit seiner Mutter zusammen gemacht, als er ein kleiner Junge war.”
“Wir hatten alle so eins.” Noah sagte das fast abwehrend. „Tan… ich meine, Robert, Luke und ich. Wir haben Weihnachtskarten, die uns gefallen haben, hineingeklebt, eigene Zeichnungen und Briefe an den Weihnachtsmann.
Eigentlich waren es mehr Weihnachtsbücher. Aber meine Mutter hat auch ein paar Fotos hineingeklebt. Nachdem mein Dad gestorben war, mussten wir umziehen, und mein Bruder hat alles weggeworfen. Ich schätze, er konnte es nicht ertragen, irgendwelche Sachen mitzunehmen, die ihn an früher erinnerten.”
Er zuckte mit den Schultern. “Die Alben waren das einzige, was noch übrig war aus der Zeit, als meine Mutter gelebt hatte. Deshalb habe ich sie an mich genommen.”
Das Album, das Susannah, in der Hand hielt, sah recht abgegriffen und fleckig aus. Auf dem Sofatisch lagen noch zwei Stück, nicht minder ramponiert.
„Ich hatte sie bei einem Freund in Durango aufbewahrt”, erklärte Noah. “Fast hätte ich das vergessen, aber als ich letzte Weihnachten bei Tanner und Maggie war, hat Tanner Jared geholfen, so ein Album anzulegen. Er sagte zu mir: Ich musste an unsere Alben denken. Du warst damals so klein, du erinnerst dich wahrscheinlich gar nicht mehr daran. Ich habe ihm nicht verraten, dass ich die Bücher aufgehoben habe. Ich wollte sie ihnen dieses Jahr zu Weihnachten als Überraschung mitbringen und habe sie mir auf dem Weg nach Las Vegas geholt.
Erst heute Nachmittag ist mir eingefallen, dass sie noch im Wagen liegen müssten.”
“Wir sind zum Reparaturgeschäft gefahren…“
“Werkstatt”, korrigierte Noah sie.
“Und haben sie geholt”, vollendete Susannah ihren angefangenen Satz. “Komm doch”, lud sie ihre Mutter erneut ein und rückte noch näher an Noah heran.
Tess, die sich gegen jede bessere Vernunft dafür interessierte, wie Noah als Kind ausgesehen haben mochte, setzte sich zu ihrer Tochter.
Er hatte Tess beeindrucken wollen. Sie sollte in ihm den gesunden Mann sehen, der sie in der vergangenen Nacht innig geliebt hatte.
Statt dessen sah sie ihn jetzt als Dreijährigen. Schlimmer noch, auch als Einjährigen.
Es war schon schrecklich, dass seine Tochter ihn mit Weihnachtsstrumpf und einer halb vom Po gerutschten Windel zu sehen bekam. Doch es war schlichtweg peinlich, dass ihn die Frau, die er noch vor ein paar Stunden geliebt hatte so sah und amüsiert bemerkte: “Was für süße Wangen.”
Noah konnte sich nicht daran erinnern, jemals so verlegen gewesen zu sein. Er wollte das Album zuklappen, doch Tess und Susannah nahmen es ihm aus der Hand. Zusammen beugten sie sich über die Seiten und raunten sich zu, was für ein netter kleiner Junge er gewesen war, was für einen niedlichen Schneemann er gemalt hatte und wie gut die drei Brüder auf dem alten Schlitten vor dem Haus aussahen.
Schließlich hatte Susannah genug. Sie sprang vom Sofa und ließ den Kater
Weitere Kostenlose Bücher