Was fuer eine Nacht Cowboy
er damals dazu fähig gewesen war, eine Frau zu heben. Vor acht Jahren hatte er sich nichts sehnlicher gewünscht, als Weltmeister im Pferdezureiten zu werden. Alles andere war zweitrangig.
Jetzt hatte er das erreicht.
Er war stolz auf seine goldene Schnalle. Das wollte er nicht leugnen. Er war stolz auf sein Durchhaltevermögen, seine Entschlossenheit und seine Geschicklichkeit im Umgang mit Pferden - die Eigenschaften, die dazu beigetragen hatte, ihn auf den ersten Platz zu bringen.
Doch auch wenn es herrlich war, der große Champion zu sein, so konnte er sich doch nichts Schöneres vorstellen, als für den Rest seines Lebens Tag für Tag von einem gewissen kleinen Mädchen mit “Daddy” angesprochen zu werden.
Aber Tess liebte ihn nicht.
Er wusste nicht, ob Susannah nur erschöpft war von dem aufregenden Besuch bei Tanner und Maggie oder ob sie die gedrückte Stimmung zwischen ihren Eltern auf dem Rückweg nach Laramie bemerkte. Jedenfalls war sie, im Gegensatz zu vorher, sehr still und nachdenklich.
Mehrmals dachte Noah, sie wäre eingeschlafen. Doch wenn er einen Blick über die Schulter warf, sah er, dass sie gedankenversunken aus dem Fenster schaute.
Tess redete auch nicht viel. Sie schlief ein wenig oder tat zumindest so. Er hoffte, während des Schlafens würde sie wenigstens aus Versehen zu ihm herüberrutschen und sich an seine Schulter lehnen. Aber sie lehnte sich an die Tür und zog offenbar die Kälte der Scheibe der Wärme seines Arms vor.
Als sie wieder das Steuer übernahm, überlegte Noah, ob er nicht einschlafen und ein wenig zu ihr hinüberrutschen konnte. Doch so rasch er sonst unterwegs Schlaf fand, so wenig war er es natürlich gewohnt, in die Richtung des Fahrers zu rutschen. Und so lehnte er sich, automatisch gegen die Tür. Er schaffte es nicht mal, so zu tun, als ob er in die andere Richtung gleiten würde. Aufrecht und stumm saß er für den Rest der Fahrt da.
Irgendwann war Susannah doch eingeschlafen.
“Ich trage sie ins Haus”, sagte Noah, als sie in der Einfahrt hielten.
“Ich kann sie aufwecken.”
“Nein. ” Er wollte die Kleine ins Haus tragen, und er gab Tess keine Chance, ihm zu widersprechen. Er stieg aus, zog den Sitz nach vom und nahm seine Tochter auf die Arme. Er konnte sie nicht besonders,. gut hochheben und spürte den Druck sofort in den Rippen und im Knie.
Aber er achtete nicht weiter darauf. Er wollte Susannah in den Armen halten.
Meine Güte, wer wusste schon, wie oft er die Gelegenheit dazu haben würde.
Ein paar Tage konnte er noch bei ihnen bleiben. Vielleicht, wenn es Tess zuließ, bis Neujahr. Das wäre dann aber wirklich das Äußerste. Bis dahin war sein Bein sicher wieder voll beweglich - oder wenn nicht, dann würde er sich operieren lassen müssen. Jedenfalls musste er dann gehen.
Er drückte Susannah fest an sich und trug sie die Treppe hinauf in ihr Zimmer.
Tess folgte ihm mit dem Gepäck und den zwei Holzpferden, die Susannah von ihren Cousins geschenkt bekommen hatte. “Gut, dann bringe ich sie ins Bett.”
Noah legte das schlafende Kind auf dem Bett ab und richtete sich auf. “Ich hole in der Zwischenzeit alles aus dem Wagen rein.” Wie ein altes Ehepaar, dachte er, als er nach draußen ging. Aber ein altes Ehepaar ohne Zukunft. Plötzlich war seine Kehle wie zugeschnürt.
Er trug sämtliche Sachen aus dem Wagen ins Haus, zum Schluss die Geschenke, die sie von Tanner, Maggie, Luke und Jill bekommen hatten. In einem der letzten Päckchen waren ein paar Fotos, die Jill mit einer Sofortbildkamera gemacht hatte. Fotos von den Kindern im Schnee. Susannah, Jared, Keith, Seth und Nick hatten in einer Reihe auf einem Schlitten gesessen, so wie ihre Väter vor dreißig Jahren. Auf einem anderen, Bild standen Noah, Luke und Tanner vor dem Weihnachtsbaum. Jill, Maggie und Tess saßen zusammen am Kamin. Und dann hatten sie noch Fotos gemacht, auf denen jeder Bruder mit seiner Familie zu sehen war. Tanner und Maggie mit ihren drei Söhnen, Luke mit Jill und Keith.
Und Tess, Susannah und er.
“Familienaufnahmen für unsere Alben”, hatte Maggie gesagt. Verflixt, Noah wollte mehr als ein Album mit Weihnachtserinnerungen. Er wollte eine Familie fürs ganze Jahr. Fürs ganze Leben.
“Daddy?” hörte er Susannah von ihrem Zimmer aus rufen. Ihre Stimme klang ängstlich.
Er nahm gleich zwei Stufen auf einmal, als er die Treppe hinauflief. Das Bein schmerzte ihm, aber er achtete nicht darauf. “Was ist denn? Was hast du?”
Als er in
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