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Was geschah mit Angelika H.

Was geschah mit Angelika H.

Titel: Was geschah mit Angelika H. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziegler
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so ernüchternd wie der unverhoffte Besuch eines Gerichtsvollziehers war. Er atmete tief durch, und mit jedem Atemzug wuchs seine Wut auf Laurel und Hardy und die Bastarde, die hinter ihnen standen, feige Blutsauger, Maden im Fleisch aller anständigen und fleißigen Menschen, Gesindel, das aus dem Dunkeln heraus mit Terror und Gewalt arbeitete …
    Markesch straffte sich.
    Er hatte das Gefühl, daß er jetzt in der richtigen Stimmung war, um ein klärendes Gespräch mit Bikshu Arupa zu führen. Aber bevor er sich in seinen rostigen Ford setzte, um zum Restaurant Löwenzahn im Belgischen Viertel zu fahren, kehrte er noch einmal in seine Wohnung zurück und holte aus dem Seitenfach seines Schreibtisches das Erste-Hilfe-Kissen.
    Er zog den Reißverschluß auf und griff hinein.
    Seine Hand schloß sich um den kühlen Griff der .357er Magnum. Nicht, daß er Waffen liebte oder zur Gewalttätigkeit neigte.
    Aber unter den gegebenen Umständen war eine Magnum die beste Freundin, die ein Mann haben konnte.
     
    Es dauerte eine ganze Stunde, in der er rund um den Friesenplatz und die angrenzenden Straßen kurvte, bis er einen Parkplatz gefunden hatte. Köln war auf dem besten Weg, sich zur ersten autofreien Stadt Deutschlands zu entwickeln, und die schärfste Waffe der Ratsherren im Kampf gegen die verderbliche Automobilität war der gnadenlos erzeugte flächendeckende Parkplatzmangel.
    Markesch hatte von Leuten gehört, die ihr Auto schon seit Monaten nicht mehr benutzten, aus Furcht, daß ihr kostbarer Parkplatz von einem anderen Fahrzeug besetzt würde. Andere hatten ihr Auto verkauft und waren aufs Fahrrad umgestiegen, doch Markesch war realistisch genug, zu erkennen, daß dies für ihn keine Lösung war – Fahrräder waren etwas für Artisten, und er war zu alt und zu abgeklärt, um jetzt noch Artist zu werden.
    Das Restaurant Löwenzahn lag in der Mitte der Antwerpener Straße, in einem der Häuser aus der Gründerzeit, wie sie für das Belgische Viertel typisch waren. Mit ihren Erkern, Ornamenten und farbenfrohen Anstrichen boten sie sich dem Auge wie eine Postkartenidylle dar, und Markesch konnte die Sanyiten verstehen, daß sie das Belgische Viertel zu ihrer Hochburg gemacht hatten.
    Das Restaurant selbst war auf gediegene Gemütlichkeit getrimmt, mit naturbelassener Holztäfelung und gedeckten Farben, Bauernmöbelkultur und imitierten Gaslaternen. Trotz der frühen Stunde waren die meisten Tische besetzt, hauptsächlich von himmelblau gekleideten und gnadenlos lächelnden Sanyiten und einem halben Dutzend Ökofreaks in selbstgestrickten Pullovern und unförmigen Kordhosen, die nach phosphatfreien Waschmitteln und biologisch abbaubarer Seife rochen.
    Schon als Markesch das Restaurant betrat, kam er sich so fehl am Platz vor wie ein Pfau in einer Hühnerfarm. Aus verborgenen Lautsprechern drang leise wabernde New-Age-Musik, untermalt vom knöchernen Knirschen und Knacken, mit dem die Frühstücksgäste ihr korn- und nußgesättigtes Vollwertmüsli verzehrten.
    Bikshu Arupa stand hinter dem rustikalen Tresen und rührte mit einem Holzlöffel in einem großen Glas, das mit einer giftgrünen Flüssigkeit gefüllt war, zweifellos ein besonders gesunder Gemüsecocktail, und so, wie er aussah, konnte er jede Menge Gesundheit gebrauchen. Bei Markeschs Eintreten hatte sein hohlwangiges Gesicht eine wächserne Färbung angenommen, wie man sie sonst nur bei Madame Tussaud’s antraf, und das Lächeln der Erleuchteten erlosch mit der Plötzlichkeit einer durchbrennenden Glühlampe.
    »Hallo, Arupa«, sagte Markesch fröhlich und trat breit grinsend an den Tresen. »Was für ein wahnsinniger Zufall – und ich dachte schon, nachdem wir uns gestern im Krishna so knapp verpaßt haben, würden wir uns nie wiedersehen. Starkes Karma, was?«
    »Verpaßt? Gestern abend? Wie meinen Sie das? Wer sind Sie überhaupt?«
    Natürlich log er; natürlich hatte er in ihm auf den ersten Blick den Mann erkannt, vor dem er aus der Diskothek getürmt war. Seine Augen waren vor Schreck geweitet, und wenn es einen ersten Preis für die mimische Darstellung des schlechten Gewissens gab, so hatte er ihn in diesem Moment gewonnen.
    Aber Markesch hatte zu schlecht geschlafen und nach dem Aufstehen zu viele häßliche Dinge gesehen, um Nachsicht für die Lügen und Ausflüchte eines Gemüsesaftmixers aufbringen zu können, und so beugte er sich nach vorn und sagte mit kalter leiser Stimme: »Ich bin Markesch. Privatdetektiv. Ich arbeite für einen alten,

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