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Was geschah mit Angelika H.

Was geschah mit Angelika H.

Titel: Was geschah mit Angelika H. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziegler
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noch.«
    »Klingt nach einem guten Stoff für einen schlechten Horrorfilm«, brummte Markesch. »Aber ich bin nicht hier, um eine Fortsetzung von Die Nacht der reitenden Leichen zu drehen. Nach allem, was Sie mir erzählt haben, scheint Angelika in ernsten Schwierigkeiten zu sein. Haben Sie irgendeinen Anhaltspunkt, wo sie sein könnte?«
    »Ich sagte doch schon, daß ich es nicht weiß!« brauste Arupa auf.
    »Sie haben eine ganze Menge gesagt, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich Ihnen trauen kann. Vielleicht ist Wahrheit für Sie nur ein Wort mit acht Buchstaben, das Sie neulich im Kreuzworträtsellexikon nachgeschlagen haben.« Er sah den Sanyiten finster an. »Sie scheinen den alten Hilling nicht besonders zu mögen. Ich kann’s Ihnen nicht verdenken – er wäre so ziemlich der letzte, mit dem ich auf einer einsamen Insel stranden möchte – aber er macht sich Sorgen um seine Enkelin und hat mich beauftragt, sie zu finden. Und wenn Sie mir irgend etwas verheimlichen, nur weil Sie den Alten für eine Art Seelenvampir halten, der jungen Mädchen die Lebenskraft aussaugt und sie ins Jenseits ziehen will, dann …«
    »Verdammt, ich mache mir doch auch Sorgen um Ma Purana!« Der Sanyit umklammerte das Glas mit dem Gemüsecocktail wie einen Rettungsring. »Ich bin auf Ihrer Seite!«
    »Tatsächlich? Und warum sind Sie gestern aus dem Krishna gerannt, als wäre der alte Hilling persönlich hinter Ihnen her, kaum daß Sie mich gesehen haben? So was trägt nicht zur Vertrauensbildung bei.«
    »Es war ein Mißverständnis, mehr nicht. Ich habe Sie verwechselt, verstehen Sie? Ich dachte, Sie wären ihr Bruder.«
    »Bruder? Was für ein Bruder?« fragte Markesch überrascht.
    »Wußten Sie nicht, daß Ma Purana einen Bruder hat? Das heißt, es ist nur ein Halbbruder. Ein übler Kerl. Er hat große Ähnlichkeit mit Ihnen.«
    Markesch nickte anerkennend. »He, soviel Ironie hätte ich Ihnen gar nicht zugetraut! Aber warum sollten Sie vor Angelika Hillings Halbbruder fliehen? Was ist er? Auch eine Art Zombie von jenseits des Grabes?«
    »Er tauchte vor einem Monat im Aschram auf und suchte nach ihr.« Seine Miene verfinsterte sich. »Irgendwie hat er erfahren, daß ich mit ihr zusammen war. Er lauerte mir nach der Arbeit auf und … Nun, es war unangenehm. Sehr unangenehm. Sozusagen schmerzhaft.«
    »Er hat Sie bedroht?«
    »Ich konnte ein paar Tage lang nicht laufen.«
    »Also doch ein Zombie.« Markesch kaute nachdenklich auf seiner Unterlippe. »Wissen Sie, was er von ihr wollte?«
    »Keine Ahnung. Ich war nicht in einer Position, um Fragen zu stellen.«
    »Und wie heißt dieser Zombiebruder? Haben Sie seine Adresse?«
    »Boruschka. Fredy Boruschka. Er wohnt in Chorweiler, in einem dieser Betonklötze, bei den anderen Irren und Asozialen. Böse Vibrationen. Die genau Adresse habe ich vergessen. Ich sollte ihm Bescheid geben, wenn Ma Purana wieder auftaucht. Natürlich hätte ich das nicht getan … aber es schien ihm verdammt wichtig zu sein.«
    »Fredy Boruschka«, wiederholte Markesch gedehnt. »Glauben Sie, daß Angelika bei ihm untergekommen ist?«
    Der Sanyit schüttelte den Kopf. »Aber was fragen Sie mich? Woher soll ich das wissen? Sie sind doch der Schnüffler. Finden Sie es selbst heraus.«
    Ein häßliches Funkeln trat in seine Augen.
    Zweifellos rechnete er mit einem Haufen böser Vibrationen, wenn Markesch an die Tür des gewalttätigen Fredy Boruschka klopfte, aber schließlich wußte er nichts von der Freundin mit dem Kaliber .357 in seiner Tasche.
    Soviel zur Erleuchtung, dachte Markesch.
    »Okay, Arupa.« Er griff in seine Lederjacke und legte eine Visitenkarte auf den Tresen. »Meine Nummer steht unter dem Regenbogen. Rufen Sie mich an, wenn Sie irgend etwas von Angelika Hilling hören. Und noch etwas … sollten Sie mich angelogen haben, dann gibt es nur einen Ort, wo Sie vor mir sicher sind: das Jenseits.« Er dachte kurz nach. »Aber ich würde an Ihrer Stelle keine Wette darauf eingehen.«
    Er schenkte Bikshu Arupa ein Lächeln, wie es nicht einmal Spielbergs Weißer Hai zustande gebracht hätte, und kehrte der wabernden New-Age-Musik und dem Knirschen und Knacken der müslilöffelnden Körnerfresser den Rücken zu.
    Draußen empfing ihn der Lärm des morgendlichen Berufsverkehrs.
    Es war wie eine Wiedergeburt.
    Eine wahrhaft religiöse Erfahrung.

 
4
     
    Es war fast zwölf, als Markesch wieder seinen Ford bestieg und im Handschuhfach nach der medizinischen Notreserve kramte, bis ihm einfiel,

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