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Was gewesen wäre

Was gewesen wäre

Titel: Was gewesen wäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregor Sander
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etwa meinetwegen so gelegt?«, fragte ich, und Julius antwortete: »Weiß man’s?«
    Fast gleichzeitig sahen wir seine Freundin vor dem Hotel auf der Terrasse stehen, die Arme in die Hüfte gestützt, und ihr weißes Flickenoberteil leuchtete in der Nacht. Es sah aus, als würde sie nach einem Schiff Ausschau halten. Wir standen auf wie Kinder, die man beim Naschen ertappt hatte. Das Mädchen drehte sich um und verschwand im Hotel. »Die sieht immer aus wie ein junger Hund, so ein bisschen tapsig finde ich, trotz ihrer langen Beine«, sagte Julius. Er hatte mich dabei untergehakt, und mir fiel auf, dass ich nicht einmal ihren Namen wusste.

Keine schlechte Idee
    Das Wasser ist warm und das kleine Becken voller Touristen. Nur jeder Zehnte benutzt die Badehaube, die aussieht wie eine Frischhaltefolie und die Astrid und Paul gereicht wurde von einem jungen Mädchen am Übergang zwischen Hotel und Bad mit den Worten: »You have to use that.« Astrid hatte sich darüber aufgeregt, während sie die Wendeltreppen hinunter ins Bad gingen. »Das machen die alles extra. Damit du dich scheiße fühlst. Kannst du mir mal sagen, warum man so eine Haube aufsetzen soll?«
    »Früher musste man bei uns im Schwimmbad auch solche Hauben aufsetzen«, hatte Paul geantwortet und versonnen die prachtvolle Eingangshalle des Bades betrachtet.
    »Ja, früher, aber früher ist vorbei!«
    Paul nahm ihr die Haube aus der Hand, steckte sie in seine Bademanteltasche, küsste Astrid und sagte: »Du brauchst sie nicht aufsetzen. Ich erlaube es dir.«
    Jetzt lässt er sich den heißen Wasserstrahl eines speienden steinernen Löwen auf den Nacken laufen. Das Sonnenlicht fällt durch die hohen Dachfenster und gibt den türkisen Kacheln des Bades einen noch helleren Schein. Eine große Jugendstilhalle, die wie eine Kathedrale wirkt und an die sich Astrid tatsächlich und sehr genau erinnern kann. Sie weiß, wie sie damals mit Julius in diesem kleinen Becken am Rand saß und wie sie gar nicht mehr weg wollte von diesem Löwen, unter dem jetzt Paul steht und zu ihr rübergrinst. Sie winkt ihm zu, und er schwimmt an sie heran, umfasst sie so, dass sie seine Beine fühlt und auch seinen Bauch an ihrem. »Ein Ort wie geschaffen für eine Orgie«, sagt er und blickt hoch unter das Dach.
    »Na ja, für mich käme dabei ja nur die Rolle der Nutte in Frage«, sagt Astrid. »Oder die der Putzfrau, die hinterher die Kondome wegräumt. Und du? Hättest du Lust darauf, dass hier die Damen mit Bändchen um die Arme herumlaufen? Mit Farben gekennzeichnet, zu welchen Diensten sie bereit sind? Halb so alt wie du? Und deine Chefs dürfen noch ein bisschen eine schärfere Nummer schieben als du?«
    »Es stößt mich ab und reizt mich natürlich gleichermaßen. Ich glaube, dass ich das erste Mal überhaupt vom Hotel Gellért gehört habe durch diesen Skandal. Als diese Versicherungsfuzzis hier die Sau rausgelassen haben.«
    »Und dann hast du gedacht, das schenk ich der Astrid schön zum Geburtstag? Da fahren wir mal hin, so als Recherchereise.«
    »Ach, das ist doch schon längst wieder raus aus den Nachrichten. Ich könnte nicht mal sagen, was aus denen geworden ist.«
    Paul greift nach Astrids Knien und hebt sie sanft hoch, sodass sie auf dem Rücken im Wasser schwebt, durch die gewölbte gläserne Decke des Bades fällt Sonnenlicht auf ihr Gesicht.
    »Kommst du noch mit in die Sauna?«, fragt Paul.
    Astrid öffnet die Augen.
    »Die ist doch nach Männlein und Weiblein getrennt. Da muss jeder allein hin. Außerdem bin ich schon ganz schrumpelig. Ich geh hoch, aber mach du ruhig deine Saunagänge.«
    Langsam geht sie zurück in ihr Zimmer, duscht sich ab, massiert eine Spülung in die Haare und cremt sich ein. Sie lässt sich auf das Bett fallen, nimmt dann ihr Handy aus der Handtasche und geht im Bademantel auf den Balkon. Die Frühlingssonne ist warm und hell, und Astrid öffnet die Namensliste. Vera steht totz des V weit oben, gleich nach ihren Kindern. Sie hat extra ein A vor Vera gesetzt. Davor stehen nur noch: A-Fine und A-Samuel. Ihre Kinder hat sie noch nicht einmal angerufen oder ihnen wenigstens eine SMS geschickt. Seit sie hier ist, nicht. »Du bist eine Rabenmutter«, murmelt sie leise vor sich hin, während eine Straßenbahn vor dem Hotel quietschend die Kurve nimmt.
    »Was bin ich?«, hört sie Vera auf der anderen Seite fragen.
    »Ach nichts, Vera. Vergiss es. Ich bin’s: Astrid.«
    »Das weiß ich doch, du Nase. Meine Glücksmaus im zweiten Honeymoon.

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