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Was ich dich traeumen lasse

Was ich dich traeumen lasse

Titel: Was ich dich traeumen lasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Moll
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zu. Wie seltsam er hier aussieht. In der Sonne. Mit den Schatten, die die Blätter des Ahorns auf ihm tanzen lassen. Mit diesen Augen. Voll von etwas. Er kommt einen Schritt näher, noch einen, lehnt sich neben mich an die Brüstung, schaut auf den Ahorn, dann auf den Apfelbaum. »Der bekommt doch niemals genug Wasser an dieser Stelle.«
    So was kann auch nur er sagen. In so einem Moment. Wie gut, dass er in so einem Moment so was sagt.
    Â»Ich habe ihn dahin gepflanzt«, sage ich.
    Â»Ich schlage ein Mathematikstudium vor. Bloß nicht Biologie.«
    Er schaut mich an. »Wie geht es Ihnen, Elena?«
    Â»Woher soll ich das wissen?«
    Er nickt. »Man begreift es erst nach und nach.«
    Â»Ja?«
    Â»Ich weiß, wie das ist.«
    Â»Woher?«
    Â»Ich habe auch jemanden verloren, der mir sehr nahestand.«
    Â»Ist es nicht komisch, dass alles einfach so weitergeht? Trotzdem. Ich meine, der Ahorn zum Beispiel, der rauscht genau wie gestern. Ihm ist das alles völlig egal.«
    Â»Ja.«
    Wir sind still. Lassen den Ahorn rauschen. Lauschen auf seine Wurzeln, die dem Apfelbaum das Wasser rauben. So ist das nun mal. Heute sehe ich die beiden zum letzten Mal. »Ich war zuerst bei Ihnen zu Hause«, sagt er. »Ich wollte eigentlich nur mit Ihnen über die Schule sprechen. Ihre Eltern waren da.« Er schaut mich an. Er hat es gesehen. Das Ganze. Er hat sich ein Bild gemacht. Ein ganzes.
    Â»Ich werde nicht zurück nach Hause gehen«, sage ich.
    Er nickt. Fragt nicht nach. Fragt nur: »Wissen Sie denn, wohin Sie wollen?«
    In Tims Keller. Zu Susanne. Ins Baumhaus. Dahin, wo Rico hin ist. »Nein.«
    Â»Ich habe ein Gästezimmer mit eigenem Bad. Ich könnte das mit der Schule und dem Jugendamt klären. Das wäre ein Ort, an dem Sie sich sammeln könnten. Ich würde Sie morgens mit zur Schule nehmen. Und am Nachmittag, wenn Sie sich in der Lage fühlen, helfe ich Ihnen, das Versäumte nachzuholen.«
    Â»Sie geben nie auf, oder?«
    Â»Ungern.«
    Â»Und es ist Ihnen vollkommen egal, wenn Sie damit zeitlich und situationsmäßig voll ins Fettnäpfchen treten, was?«
    Â»Wie es aussieht, bin ich ziemlich gut darin, in Fettnäpfchen zu treten.«
    Er lächelt. Ja, wirklich.
    Â»Ich habe Sie noch nie lächeln sehen.«
    Â»Aber ich kann es.«
    Â»Sieht gut aus. Ein bisschen eingerostet vielleicht.«
    Er lächelt noch mal.
    Â»Möchten Sie noch einmal hinein?«, fragt er.
    Ich schüttele den Kopf. »Er ist da nicht mehr. Er ist weg.«
    Â»Dann fahren wir jetzt?«
    Â»Dann fahren wir jetzt.«
    Er streckt seinen Arm aus. Winkelt ihn leicht an.
    Da passe ich rein.
    Da soll ich mich reinlehnen.
    Da lehne ich mich rein.

Tag 18
    Â»Das haben Sie gekocht?«
    Â»Schmeckt es nicht?«
    Â»Ein bisschen viel Salz vielleicht.«
    Â»Ich dachte, wenn Sie viel weinen, dann müssen Sie viel Salz nachkippen.«
    Â»Ich weine nicht.«
    Â»Nein?«
    Â»Nein.«
    Â»Das sollten Sie aber.«
    Â»Ja?«
    Â»Wollen Sie so werden wie ich?«
    Â»Ein verhärmter Knochen, der alle hasst?«
    Â»So was in der Art.«
    Â»Nein.«
    Â»Dann weinen Sie.«
    Â»Ich kann nicht.«

Tag 19
    Â»Ja?«
    Â»Elena?«
    Â»Ja.«
    Â»Keine Mailbox, du bist es wirklich?«
    Â»Ich bin es.«
    Â»Kann ich zu dir kommen?«
    Â»Noch nicht.«
    Â»Ich möchte dich so gerne umarmen.«
    Â»Ich kann noch nicht.«
    Â»Ich weiß nicht, ob ich das sagen darf. Aber, ich bin so traurig. Er fehlt mir so.«
    Â»Ich weiß.«
    Â»Meine Augen sind schon voll verquollen. Ich kann gar nicht aufhören zu weinen. Und Aron auch nicht. Er heult wie ein Mädchen. Dauernd. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie du erst weinen musst.«
    Â»Ich weine nicht.«
    Â»Wieso nicht?«
    Â»Ich kann nicht.«

Tag 20
    Â»Morgen wird er eingeäschert. Wir können anwesend sein. Möchtest du kommen?«
    Â»Lieber nicht.«
    Â»Ich weiß auch nicht, ob ich hingehen soll. Die Vorstellung gefällt mir nicht, dass er da wie die Hexe im Ofen brät.«
    Â»Ja.«
    Â»Okay. Dann bis zur Beerdigung. Möchtest du bei der Trauerfeier etwas sagen?«
    Â»Sagen nicht, aber da ist dieses Lied.«
    Â»Schickst du mir einen Link?«
    Â»Isabella?«
    Â»Ja?«
    Ich sage nichts.
    Â»Was?«
    Â»Er ist wegen mir über die Straße gerannt. Weil ich ihn nicht gehen lassen wollte. Er

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