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Was ich dir noch sagen will

Was ich dir noch sagen will

Titel: Was ich dir noch sagen will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sofie Cramer
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ihren Eltern.
    Sie war heilfroh, dass ein Kompromiss in dieser Hinsicht überhaupt so verhältnismäßig einfach zustande gekommen war. Wie jedes Weihnachten stellte sich die Frage: Wo sollten sie Heiligabend feiern? Es war in diesem Jahr das erste Mal gewesen, dass sie den 24. Dezember gänzlich ohne ihre Eltern verbracht hatte. Denn Hans und Irene waren der Einladung von Lennys Schwiegereltern gefolgt, sodass Emi in diesem Jahr mit beiden Großelternpaaren gleichzeitig feiern konnte. Und da Erik seine Mutter nicht allein lassen wollte, hatten sie kurzerhand entschieden, bei sich zu Hause zu feiern und sie dazuzubitten.
    Dafür würden Erik und Lisa heute den Abend bei ihrer Familie in der Heide verbringen, und sie wollte das Beisammensein mit ihren Liebsten so richtig genießen. Vor allem freute sie sich auf den Moment, wenn Emi ihr Geschenk auspacken würde. Jedenfalls wollte sie sich ihre Laune heute auch von Erik nicht nehmen lassen. Denn wie sie ihren Mann kannte, würde er bereits wenige Minuten nach dem Abendessen auf die Uhr gucken und sie leise fragen, wie lange sie wohl noch bleiben mussten. Lisa seufzte, als ihr beim Einpacken von Emis Geschenk mal wieder bewusst wurde, dass ausgerechnet sie sich in einen absoluten Familienmuffel verliebt hatte.
    Auch bei dem Thema Silvesterfeier verbreitete Erik nach wie vor schlechte Stimmung. Zwar hatte er Lisa kurz vor Weihnachten noch den Gefallen getan, die letzten Einladungen zu übergeben. Doch er gab ihr nach wie vor zu verstehen, dass er die ganze Sache für eine überflüssige Schnapsidee hielt und überhaupt keine Lust auf eine Feier mit so vielen Kindern hatte.
    Daher blickte auch Lisa der Feier inzwischen mit gemischten Gefühlen entgegen. Als Gastgeberin fühlte sie sich dafür verantwortlich, dass alle gut miteinander auskommen würden. Doch die Gäste bildeten einen ziemlich bunt zusammengewürfelten Haufen – angefangen von Eriks Kumpeln Knuth und Martin bis zu Jutta und Betty und deren Familie. Aus dem Haus hatte das schwule Pärchen aus der Dachgeschosswohnung zugesagt sowie ihre direkte Nachbarin Lucia mit ihrer zwölfjährigen Tochter Charlotta. Auch das Pärchen aus dem Erdgeschoss wollte mit ihrem Sohn Ole kommen. Aus der WG in der anderen Dachgeschosswohnung wussten sie nicht einmal, wer von den vier Studenten offiziell Mieter und wer bloß Freund oder Partner waren. Lediglich Frau Kuhlmann aus der Erdgeschosswohnung links und deren Nichte, die immer nur sporadisch nach Hamburg kam, hatten die Einladung höflich, aber ohne Begründung abgelehnt.
    Während sie eine große Schleife um das Geschenk band, nahm sich Lisa vor, sich von Eriks Unmut nicht anstecken zu lassen. Sie musste den Umstand, dass er nun mal kein Freund von großen Feierlichkeiten mit Kind und Kegel war, mit Humor nehmen und sich in Zukunft mit Kommentaren besser zurückhalten.
    Lisas Freude auf den heutigen Abend wuchs. Sie liebte Weihnachten im Kreis der Familie, und sie wusste, dass die Weihnachtsgans ihrer Mutter im ganzen Haus einen Duft verbreiten würde, der Kindheitserinnerungen aufkommen ließ. Vielleicht würde Erik ja doch noch Lust auf eine eigene Familie bekommen, wenn ihm heute nochmal vor Augen geführt würde, wie schön es sein konnte, im größeren Kreis zu feiern – und nicht bloß mit der eigenen Mutter als einzigem Menschen, dem man sich verbunden fühlt.
    Allmählich wurde es Zeit, aufzubrechen, und Lisa drängte zur Abfahrt. Doch Erik war noch immer im Bad verschwunden, sodass Lisa schnell noch eine Flasche Wein als Dankeschön für ihre Eltern aus dem Regal nahm und sie mit einer weihnachtlichen Schleife dekorierte.
    «Wo bleibst du denn?!», rief sie vorwurfsvoll in Richtung Badezimmer. Erneut sah sie unruhig auf die Uhr.
    Doch sie bekam keine Antwort, obwohl sie sich ganz sicher war, dass Erik sie gehört haben musste. Lisa begann, sich zu ärgern. Schließlich hätte Erik nicht noch zu einer kleinen Trainingstour aufbrechen müssen, nachdem er seine Mutter nach Hause gefahren hatte. Nun waren sie entsprechend spät dran.
     
    Als sie sich dann endlich mit dem Auto auf den Weg in die Heide machten, war die Stimmung alles andere als weihnachtlich und harmonisch.
    «Wann sind wir denn wohl wieder zu Hause?», fragte Erik schlechtgelaunt. «Im Fernsehen kommt ein Bericht über Hawaii, und da will ich –»
    «Wir sind noch nicht mal da, und du stresst jetzt schon rum!», entfuhr es Lisa.
    «Wer stresst denn hier rum? Ich hatte nicht mal Zeit, mich

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