Was ich dir noch sagen will
Richtung so klar: Wir wollten so viel Zeit wie möglich miteinander verbringen und haben alles getan, um möglichst oft und lange unsere Wegstrecken zu teilen. Außerdem haben wir dafür gesorgt, den gemeinsamen Weg so schön wie möglich zu gestalten, und ihn mit vielen Erlebnissen und Erfahrungen angereichert. Restaurant- und Kinobesuche, die ersten Ausflüge, Kurztrips und größere Reisen. Natürlich wurden die Anstrengungen ab dem Zeitpunkt kleiner, als wir ein gemeinsames Zuhause hatten und wir uns schnell an die – für mich so beruhigende – Geborgenheit gewöhnten. Dennoch haben wir uns jeweils die Freiheit gelassen, die wir brauchten. Und auch wenn wir zwischendurch mit unterschiedlichsten Stolpersteinen, Schlaglöchern und kraftraubenden Anstiegen zu kämpfen hatten, wie etwa der Beginn meiner Selbständigkeit, hat mich nie die Gewissheit verlassen, dich trotzdem immer an meiner Seite zu wissen. Du hast mich mit all deiner dir möglichen Unterstützung angeschubst, mitgezogen oder auch mal auf Händen getragen.
Die schönste Strecke war die zu dem Etappenziel unserer Hochzeit. Ich weiß noch genau, wie selig ich über deinen Antrag war, der mich zwar überrascht, aber rein gar nicht verunsichert hat. Für mich war nicht unbedingt der eigentliche Hochzeitstag, wohl aber der des Antrags der schönste Tag meines Lebens. Dass du auch in Zukunft deinen Lebensweg mit mir teilen wolltest, das war für mich das kostbarste Geschenk. Wie ein Licht in der Dunkelheit oder ein Kompass auf dem offenen Meer. Oder, wie du wohl etwas rationaler sagen würdest, wie ein Navi in der Pampa.
Auch wenn du bei solch romantisch überladenen Worten immer amüsiert die Augen verdrehst, weiß ich seit jenem Tag, dass du in deinem Inneren doch die gleichen Sehnsüchte und die gleiche Hoffnung hegst wie ich – auch wenn sie manchmal tief verborgen sind.
Die Monate vor unserer Hochzeit rasten dahin. Der Weg bis zu diesem Tag schien so kurz, weil er voller Ablenkung und kleiner Hürden war, die wir aber gemeinsam meistern konnten. Und sogar der eigentliche Ehealltag erschien mir so leicht und so richtig, dass ich mich voll und ganz auf meinen Job konzentrieren konnte. Den nötigen Elan dafür habe ich aus unserer Liebe geschöpft.
Unsere Hochzeitsreise bildete einen weiteren Höhepunkt. Anfangs erschien es mir so, als wäre der verspätete Zeitpunkt eine glückliche Fügung des Schicksals gewesen. Schließlich haben wir es so sehr genossen, aus dem Alltag auszubrechen und uns endlich mal wieder nur auf uns zu konzentrieren – ohne Praxis, Laden, Familie, Freunde, Haushalt oder Training.
Ich werde niemals vergessen, wie die Zeit stillzustehen schien, während wir uns unter dem Moskitonetz beim Rauschen des Indischen Ozeans geliebt haben. Und die Tatsache, dass wir uns auch nach fast drei Jahren noch wie frisch verliebte Teenager fühlten, erfüllte mich mit Stolz und flößte mir Respekt gegenüber unserer Liebe ein. Wir konnten immer noch ausgelassen rumalbern und zusammen Spaß haben und mussten uns im Alltag nicht bekämpfen, wie andere Paare es tun.
Doch dann passierte dieses schreckliche Unglück, das die Hoffnung auf ein weiterhin unbeschwertes Leben mit dir erschütterte. In unserer vermeintlich heilen Welt schien uns diese abgestürzte Maschine mit in den Abgrund gerissen zu haben. Ich konnte deinen Albtraum vom Absturz einfach nicht vergessen, und ich verzweifelte an dem Versuch, in alldem einen tieferen Sinn zu sehen.
Als wir wieder zu Hause ankamen, war ich versucht, in dem furchtbaren Geschehen ein Geschenk Gottes oder einen Wink des Schicksals zu sehen. Schließlich war es mein Ehering, der uns das Leben gerettet hat. Und so bildete ich mir ein, dass wir begreifen sollten, worauf es im Leben wirklich ankommt. Ich suchte auch in unserer Liebe den tieferen Sinn. Ich meinte, der natürlichen Entwicklung des Lebens zu folgen, teilzuhaben am großen Ganzen und das zu forcieren, was aus unserer Liebe erwachsen könnte: ein gemeinsames Kind, das eines Tages unseren Weg fortführen würde.
Bis zu dem Tag, an dem ich dir das erste Mal von meiner wachsenden Sehnsucht nach einem Kind erzählt habe, habe ich nie auch nur eine Sekunde daran gezweifelt, dass auch du den gleichen Wunsch hast. Doch es war falsch, dies einfach vorauszusetzen.
Ich bedauere sehr, dass wir in letzter Zeit nicht öfter den Mut hatten, wirklich offen und ehrlich miteinander umzugehen. Und noch viel mehr bedaure ich aus tiefstem Herzen jedes
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