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Was im Dunkeln liegt

Was im Dunkeln liegt

Titel: Was im Dunkeln liegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Janes
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schneiden schien. Die Außentemperatur war inzwischen zu Backofenwärme angestiegen, wob eine Decke aus Hitze, die schwer über allem lastete. Es hatte bereits mehrere Gewitter gegeben, und ich nahm an, dass ein weiteres bevorstand. Mein Kopf begann im Gleichklang mit dem Betonmischer zu pochen, aber als ich Zuflucht in der Küche suchte, verfolgte mich das Geräusch sogar bis dorthin. Auf eines der Küchenregale hatten wir ein Transistorradio gestellt, und in einem verzweifelten Versuch, das Geräusch der Maschine zu überdecken, drehte ich am unteren der beiden Knöpfe. Mit einem lauten anklagenden Knacken ging das Radio an, und es ertönte Johnnie Walkers Stimme, die von einer Postkarte berichtete, die er von irgendwelchen urlaubenden, aus Manchester stammenden Radiohörern erhalten hatte: eine willkommene Erinnerung daran, dass irgendwo in der Welt Menschen sich mit ganz normalen, heiteren Dingen beschäftigten statt mit Geheimnissen und Tod.
    »Und jetzt«, sagte Johnnie, »singt Anne Murray für uns Danny’s Song .«
    Fasziniert wartete ich neben dem Radio. Ich hatte gar nicht gewusst, dass es einen Song für Danny gab. Einen Moment später hätte ich vor lauter Hast, das Radio auszuschalten,
beinahe den Knopf abgebrochen. Ich erkannte das Stück wieder, nur war mir dessen Titel nicht bekannt gewesen. Es war der Song, den Trudie und Danny an jenem ersten Nachmittag am Strand im Duett gesungen hatten. Der erste Song, den sie überhaupt zusammen gesungen hatten. Eine schreckliche Perspektive tat sich wie ein gähnender Abgrund vor mir auf  –  von einer Welt, in der alles immer nur zu einem einzigen Ereignis zurückführte.
    Nachdem ich das Radio wieder ausgeschaltet hatte, schien der Betonmischer lauter denn je zu dröhnen. Mir fiel ein, dass wir noch irgendwo ein Fläschchen mit Aspirin-Brausetabletten hatten: Trudie hatte es vor einigen Wochen gekauft, genervt darüber, die größere Menge nehmen zu müssen, weil in der Apotheke am Ort die kleineren Fläschchen ausgegangen waren. Ich kramte herum, bis ich es gefunden hatte, drehte die Verschlusskappe auf und zog das Baumwollläppchen aus dem Flaschenhals. Als ich die Flasche kippte, purzelten, ehe ich es verhindern konnte, ein halbes Dutzend Tabletten auf meine Handfläche. Ich füllte sie bis auf zwei Stück zurück, die ich in einem Glas Wasser auflöste, das ich sachte hin und her bewegte, um den Vorgang zu beschleunigen. Sie hatten sich gerade vollständig aufgelöst, als Danny den Kopf zur Tür hereinstreckte.
    »Bist du okay?«, fragte er. »Ich wollte dir nur sagen, dass der Teich fertig ist.«
    »Warum läuft dann diese verdammte Maschine noch weiter?«
    »Er reinigt sie. Das wird mit Steinen gemacht.«
    Kein Wunder, dass es lauter klang als vorhin. Danny ging wieder zu den anderen zurück. Nach einer Weile verstummte
die Maschine endlich. Eine längere Stille trat ein, ehe ich dann den Motor des abfahrenden Pick-ups vernahm. Als das Geräusch in der Ferne verhallte, überfiel mich eine merkwürdige Trostlosigkeit. Ich hatte Gordon und Vic nicht gemocht, aber ihre Abreise gab mir das Gefühl festzusitzen. Sie konnten mit ihrem Pick-up einfach wegfahren, zurück in jene andere Welt, die Welt des normalen Lebens, in der normale Leute normale Dinge taten. Doch für mich gab es kein Entkommen.
    Es ist die Hitze, sagte ich mir. Die drückt auf das Gemüt.
    Ich ging nach draußen, um die Jungs zu suchen. Sie standen neben dem Teich.
    »Er meint, wir können schon morgen das Wasser einfüllen«, sagte Simon mehr zu sich selbst als zu uns.
    »Da passt ganz schön was rein«, bemerkte Danny. »Was schätzt du, wie lange es dauern wird, Si?«
    Mir fiel auf, dass sich Danny beinahe fröhlich anhörte. Der Anblick des fertigen Teichs hob vorübergehend auch meine Stimmung. Immerhin hatte sich jetzt die Chance, entdeckt zu werden, radikal zu unseren Gunsten verringert. Im Gegensatz dazu klang Simons Stimme völlig flach. »Ewig«, sagte er. »Wahrscheinlich den ganzen Tag.«
    »Kann sein«, stimmte Danny zu. »Wie fühlst du dich?«, fragte er mich.
    »Ein wenig besser  –  vor allem jetzt, wo sie weg sind.«
    »Wenn du heute nicht kochen willst, kann ich uns irgendetwas zum Abendessen machen.«
    Ich war drauf und dran, das Angebot anzunehmen, bemerkte dann aber, wie müde Danny aussah. Vom Schweiß verfilzte Locken klebten an seiner Stirn. Seine Kleidung
war bleich vom Staub aus den Säcken mit Sand und Zement. »Mir geht es schon viel besser«, sagte ich

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