Was im Dunkeln liegt
Heiratspläne.«
»Dann lass uns welche machen.«
»Einfach so?«
»Einfach so.«
»Aber wir haben nie von Heirat gesprochen. Ich meine …« Ich war mir nach wie vor unschlüssig, ob er Spaß machte oder nicht, also setzte ich weiterhin auf Humor. »Ich habe mir doch noch gar kein Kleid ausgesucht und so.«
»Das ist nur ein Detail«, sagte er, und in diesem Moment entnahm ich seiner Stimme, dass es keineswegs ein Scherz war. »Dafür hast du Zeit, sobald wir einen Termin festgelegt haben. Lass es uns bald machen, Katy. Es gibt nichts, was uns daran hindert …« Sein Tonfall hatte eine Dringlichkeit bekommen, die mich nervte.
»Meine Eltern«, warf ich rasch ein und fand sie ausnahmsweise einmal nützlich. »Meine Eltern werden sagen, ich sei zu jung.« Und das stimmt sogar, dachte ich verzweifelt. Ich bin zu jung. Ich hatte kaum damit begonnen, die Fesseln abzustreifen, die sie mir angelegt hatten, und jetzt konnte ich aus nicht allzu weiter Ferne bereits das Klappern der ehelichen Gefängnistore vernehmen.
»Na und? Du bist über achtzehn. Du gehörst zu mir, Katy. Nichts steht uns im Weg – nichts kann sich zwischen uns drängen. Lass es uns besiegeln – es offiziell machen. Wir werden in der Kirche heiraten, das volle Programm. Was hältst du davon?«
Irgendwie wusste ich, dass er lediglich meine Zustimmung für eine kirchliche Trauung erbat – nicht für die Hochzeit selbst, die für ihn offenbar beschlossene Sache war. Das war weder der richtige Moment, einen Heiratsantrag abzulehnen, noch war es der richtige Zeitpunkt, überhaupt einen zu machen. Die Situation war insgesamt so bizarr, so unglaublich, wie wir da zusammen in der Dunkelheit lagen und nicht einmal unsere Gesichter sehen konnten. Andererseits wollte ich gerade jetzt keinen Streit mit Danny vom Zaun brechen. Simons Verhalten nahm seltsam bedrohliche Züge an: Ich brauchte Danny weiterhin als Verbündeten an meiner Seite.
»Reden wir ein andermal darüber.« Ich bemühte mich, all das, was mir durch den Kopf ging, aus meiner Stimme herauszuhalten. »Wir sind beide viel zu müde. Lass uns eine Nacht darüber schlafen. Komm, gib mir einen Gutenachtkuss.«
29
Ich schlief bis spät in den nächsten Morgen hinein, und als ich erwachte, merkte ich erst nach und nach, dass ich das ganze Bett für mich allein hatte. Es war der erste erholsame Schlaf seit mehreren Tagen gewesen, und ich zelebrierte mein Wohlgefühl mit einem genüsslichen Strecken, das jedes Körperglied mit einbezog. Der selige Moment endete schlagartig, als ich meinen Kopf drehte und auf dem Kissen einen fremden Gegenstand entdeckte, nur Zentimeter von meinem Gesicht entfernt. Ruckartig setzte ich mich auf, aber meine Panik verflog so rasch, wie sie gekommen war. Es war eine weiße Rose aus dem Garten. Das Präsent lag auf einem Blatt Papier, das Danny aus einem Stenoblock gerissen und worauf er Für meine einzige wahre Liebe gekritzelt hatte. Darunter befanden sich drei Kreuze, die Küsse symbolisierten.
Ich zog die Beine an und legte mein Kinn auf die gebeugten Knie. Was früher als die ultimative romantische Geste erschienen wäre, erschien mir nun als ein Ausdruck von unheimlicher Obsession. Unser Gespräch in der Nacht zuvor hatte die Erinnerung an Mrs Ivanisovics Besuch wieder in mir wachgerufen – ich hatte ihn in dem Chaos der darauf folgenden Ereignisse völlig vergessen. Diese
Heiratsgeschichte war also nicht nur eine augenblickliche Laune, entstanden als eine Art Gegenpol zu dem Albtraum, den wir gegenwärtig erlebten. Nein, es war ein langfristiger Plan, den Danny bereits mit seinen Eltern besprochen hatte. Und je länger ich diese Heiratsfantasie durchgehen ließe, desto schwieriger würde es werden, ihr ein Ende zu bereiten.
Andererseits war ich von Danny als meinem einzigen Verbündeten gegen Simon abhängig. Obwohl ich es mir nur ungern eingestand, begann mich Simons zunehmend unberechenbareres Verhalten ernsthaft zu ängstigen. Vielleicht musste ich Danny gar nicht von seinem Heiratsspleen abbringen? Über kurz oder lang würde er bestimmt selbst erkennen, dass unsere Beziehung durch die Ereignisse der letzten Tage für immer vergiftet war. Im Lauf der Zeit würde er die Dinge in einem vernünftigeren Licht sehen. Zeit und Entfernung würden helfen, alles in die richtige Perspektive zu rücken. Wahrscheinlich konnte keiner von uns einen klaren Gedanken fassen, solange wir in diesem Dampfkochtopf gefangen waren.
Während ich durch
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