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Was ist Demokratie

Was ist Demokratie

Titel: Was ist Demokratie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Nolte
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partizipatorische Demokratie genannt wird.
7 Digitale Demokratie:
Freiheit im Internet
    Am Ende des 20. Jahrhunderts hat eine Kommunikationsrevolution begonnen. Was seit den 1980er Jahren mit den ersten Arbeitsplatzcomputern und Mobiltelefonen begann und sich im folgenden Jahrzehnt mit dem Durchbruch von Email und World Wide Web durchsetzte, ist noch nicht zu Ende. Mit der mobilen Verfügbarkeit des Internets und mit seiner interaktiven Erweiterung, also dem «Web 2.0», hat sich diese Revolution am Beginn des 21. Jahrhunderts sogar noch einmal beschleunigt. Alle Erfahrung spricht dafür, dass die Innovationsdynamik – wie immer beim Übergang zu neuen Technologien – irgendwann abflacht und in eine Plateauphase übergeht. Aber schon jetzt ist aus historischer Sicht kein Zweifel, dass diese Revolution der Kommunikation in Bedeutung und Wirkungen höchstens mit der «Gutenberg-Revolution» vor einem halben Jahrtausend vergleichbar ist, also mit der Erfindung und raschen Durchsetzung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern. Das war immerhin ein Schlüsselereignis beim Übergang vom Mittelalter in die Neuzeit. Informationen und Bildung konnten sich rascher verbreiten und erreichten weite Teile der Bevölkerung. Druckerzeugnisse mobilisierten Protest und politische Öffentlichkeiten; massenhaft gedruckte und pointiert formulierte Flugblätter waren die Blogs und Twitter-Nachrichten des 16. bis 18. Jahrhunderts. Nicht zum ersten Mal also verändern Kommunikationsmittel die Strukturen der Öffentlichkeit und die Formen der politischen Partizipation.
    Im Falle der digitalen Revolution sind die Wirkungen jedoch sehr vielschichtig. Die elektronischen Technologien erlauben Staat und Bürgern,auf neue Weise miteinander in Kontakt zu treten, häufig offener und unkomplizierter. Sie begünstigen zudem in einem viel weiteren Sinne die Transparenz von Kommunikation, sie hebeln herkömmliche Hierarchien aus und setzen das Wissen von allen an die Stelle eines kontrollierten Expertenwissens. Drittens schaffen sie neuartige Kanäle der politischen Mobilisierung, für die Teilnahme an der Demokratie ebenso wie für den Kampf um Freiheit und Partizipation in Situationen der Unterdrückung. Die Bedeutung der Internetrevolution als soziale Umwälzung und kulturprägende Kraft der Gegenwart zeigt sich schließlich daran, dass sie neue politische Kräfte und Programme hervorbringt wie die Partei der «Piraten». Das sind schon vier verschiedene Dimensionen einer «digitalen Demokratie». In diesem Begriff schwingt die Annahme mit, die neuen elektronischen Medien würden insgesamt der Demokratie nützen, sie fördern und erweitern – jedenfalls nicht in scharfen Gegensatz zu ihr geraten. Das muss man aber näher überprüfen, denn die digitale Revolution verändert Gesellschaft, Politik und Öffentlichkeit im breitesten Sinne und in ganz unterschiedlichen Kontexten. Der Freiheitsbegriff der Internetwelt kann zu älteren Freiheitsrechten und persönlichen Schutzansprüchen in Spannung geraten. Auch autoritäre Regime machen sich die neuen Technologien zunutze. Terrorgruppen eröffnet das Internet ganz neue Möglichkeiten der Vernetzung, Planung und Propaganda.
    Wenn die elektronische Kommunikation staatliches Handeln zugänglicher und Verwaltungsbehörden für die Bürgerinnen und Bürger offener macht, spricht man häufig von «e-Government». Hinter diesem Oberbegriff kann sich eine Vielzahl von Aspekten verbergen. Im Mittelpunkt steht zunächst die Bereitstellung staatlicher Leistungen, eine bürgerfreundliche Verwaltung. Ein «Gang» ins Internet erspart den Weg ins Rathaus oder auf verschiedene Ämter. Auf dem Bildschirm stehen mühelos Informationen zur Verfügung, die zu beschaffen früher nur mit erheblichem Aufwand möglich gewesen wäre. Das ist nicht nur bequemer, sondern setzt den Bürger in eine andere, selbstbewusstere Rolle, in der er nicht mehr der hilflose Bittsteller im Behördendschungel sein soll. Gerade in Deutschland schwingt bei der Reform der Verwaltung nach Prinzipien des e-Government noch die Tradition einer allmächtigen (und vordemokratischen) Bürokratie mit, der man sich möglichst unterwürfig zu nähern habe. Stattdessen soll die Verwaltung den berechtigten Ansprüchen der Bürgerschaft dienen. Dabei ist das Internet freilich nur ein Hilfsmittel

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