Was ist Demokratie
Volkes teilte sich, im Sinne gegenseitiger Kontrolle und Balance, auf das gesetzgebende Parlament,die starke Exekutive: nämlich den Präsidenten, und ein oberstes Bundesgericht, den «Supreme Court», für die judikative Gewalt auf. Am strittigsten war die Konstruktion des Parlaments. Man einigte sich schlieÃlich auf ein Zweikammersystem, in dem der Senat die Staaten, das Repräsentantenhaus das Volk unmittelbar repräsentierte. Das kam den Demokratieskeptikern entgegen, die in dem kleineren Senat ein elitäres, aristokratisches Gegengewicht gegen die befürchteten Leidenschaften des Volkes sahen. Es beruhigte aber auch manche Radikalen, für die die Sicherung der Demokratie in den Staaten, statt in dem ferneren Bundesgebilde, lag. Die Südstaaten setzten durch, dass ihre Sklavenbevölkerung zu drei Fünfteln in die Berechnung ihrer Sitze im Repräsentantenhaus einging, ohne dass damit irgendwelche Rechte der Sklaven verbunden waren: eine klare Grenze der Demokratie, die erst achtzig Jahre später, nach dem Bürgerkrieg, fiel.
Dann wurde die Verfassung in den einzelnen Staaten zur Diskussion und Abstimmung, in eigens dafür gewählten Parlamenten, gestellt. Diese 1787 und 1788 geführte Debatte über die Ratifizierung der neuen Bundesverfassung mobilisierte und politisierte die Menschen bis in die kleinsten Dörfer und fernsten Siedlungen hinein. Um die Befürworter und Gegner bildeten sich Frühformen politischer Parteien: die «Federalists» und die «Anti-Federalists». Beide Seiten sparten nicht an Ideen und Tatkraft, öfters auch nicht am Schnaps, um Anhänger zu gewinnen. Sie sparten aber auch nicht an Argumenten, die zu wichtigen Elementen demokratischer Theorie bis heute wurden. Dabei entstanden ihre Ãberlegungen aus konkretem Anlass und erschienen als Flugschriften oder Zeitungsartikel, wie die später so genannten «Federalist Papers»: eine unter dem Pseudonym «Publius» veröffentlichte Serie aus der Feder von Alexander Hamilton, James Madison und John Jay, die in New York für die Annahme der Bundesverfassung warb. Darin erklärten die Autoren die Vorzüge einer nach Fläche und Bevölkerung groÃen Republik, denn bis dahin hielten viele eine Republik höchstens für einen Stadtstaat, oder einen Schweizer Kanton, für geeignet. Sie gaben die Vorstellung auf, man müsse nach dem gemeinsamen Besten für das Volk suchen, und plädierten dafür, unterschiedliche Interessen anzuerkennen, die um die Mehrheitsposition wetteiferten, ohne dabei Minderheiten unterzubuttern. Dafür sei eine repräsentative Verfassung sogar besser geeignet als eine direkte Demokratie.
Die Verfassung trat schlieÃlich in Kraft, aber nicht ohne ihren Gegnern durch eine Grundrechtserklärung entgegenzukommen: die «Billof Rights», die 1791 als die ersten zehn Zusätze zur Verfassung in Kraft trat. Sie garantierte individuelle Freiheiten gegenüber dem Staat: Rede-, Versammlungs- und Pressefreiheit, Freiheit der Religionsausübung, des Eigentums â aber auch des Waffentragens, und sie sicherte ein faires Gerichtsverfahren zu. Die Wirkungsgeschichte dieser fundamentalen Grundrechte, auch über die USA hinaus, kann gar nicht überschätzt werden. Denn an ihrem MaÃstab werden bis heute Defizite der amerikanischen Demokratie gemessen und Erweiterungen individueller Rechte eingeklagt, von der klassischen Meinungsfreiheit bis zum neuen Recht auf Privatheit; in der öffentlichen Debatte ebenso wie, justiziabel, vor dem Supreme Court.
4 Freiheit, Gleichheit â Schreckensherrschaft?
Die Französische Revolution
Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit: Der berühmte Dreiklang ist älter als die Französische Revolution; er reicht in die Aufklärung der Mitte des 18. Jahrhunderts zurück. In der Revolution war es eine Parole unter mehreren ähnlichen â erst viel später ist «Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit» zu der Formel der Französischen Revolution schlechthin, und darüber hinaus auch für den Anspruch auf Demokratie, geworden. Die Revolution begann nicht mit Barrikadenrufen und auch nicht mit dem legendären Sturm auf die Bastille am 14. Juli 1789, auf den sich bis heute der französische Nationalfeiertag bezieht. Ihr Ursprung lag vielmehr, geradezu traditionell, in einem Konflikt zwischen der Monarchie und den Ständen um Vertretung und
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