Was ist Demokratie
Revolution seit 1789 vorbereitet und lange Zeit auch getragen. Zunächst traten im Dritten Stand, bald also in der Nationalversammlung, Meinungsunterschiedehervor. GemäÃigte wollten an der Monarchie wenig ändern, Radikale standen ihr zunehmend feindlich gegenüber und betonten als Anhänger Rousseaus den Gleichheitsgedanken. Die Moderaten oder Konservativen setzten sich nach rechts, die Radikalen nach links â darin liegt der Ursprung unseres bis heute gültigen Schemas von «links» und «rechts» in der Politik. AuÃerhalb des Parlaments traf und besprach man sich in Klubs, die an Lese- und Diskussionszirkel der Aufklärung anknüpften. Eine wichtige radikale Gruppierung traf sich in einem ehemaligen Jakobiner-Kloster und wurde seither danach benannt. Im Konvent, also dem republikanischen Parlament, sammelten sich die Radikalen als «Montagnards» in der sogenannten Berg-Partei. Am 6.März 1793 richtete der Konvent den «Wohlfahrtsausschuss» ein; seit Ende Juli gehörte ihm auch Maximilien Robespierre an, ein führender Vertreter der Jakobiner und brillanter Redner. Unter seiner Führung wurde der Wohlfahrtsausschuss zum eigentlichen Machtzentrum und zur Agentur einer Radikalisierung der Französischen Revolution, die in die Schreckensherrschaft der «Terreur» mündete: die Verfolgung von Feinden der Revolution und ihre Hinrichtung durch die Guillotine. Ihr fielen schlieÃlich, Ende Juli 1794, auch Robespierre selber und seine Anhänger zum Opfer.
Undenkbar aber war der Radikalismus, und die Französische Revolution überhaupt, ohne die städtischen Mittel- und Unterschichten von Paris (und in anderen gröÃeren Städten): Handwerker, kleine Händler, Arbeiter, die auch in Boston oder Philadelphia die radikaldemokratische Bewegung getragen hatten. Weil sie nicht die typischen Kniehosen der gebildeten und vermögenden Oberschicht, die «culottes», trugen, nannte man sie die Sansculotten. Das einfache Volk von Paris hatte schon im Sommer 1789 unter einer Wirtschaftskrise und steigenden Preisen zu leiden â vor allem um den Brotpreis ging es, denn für Brot musste manchmal die Hälfte des Einkommens aufgewendet werden. Wie schon in den Jahrzehnten zuvor, protestierte das Volk auch seit 1789 lebhaft und manchmal gewaltsam, zum Beispiel mit dem Stürmen und Plündern von Markthallen und Bäckereien. Darin kam der Wunsch nach gerechten, notfalls auch behördlich festgesetzten Preisen für Brot und andere Grundnahrungsmittel zum Ausdruck; auch ein elementarer Gleichheitsimpuls gegen die vermögenden Händler und Produzenten. 1792/93 verschärfte sich die Situation nochmals, und der Wohlfahrtsausschuss reagierte mit der Festsetzung von Höchstpreisen für Getreide, Brot und andere elementare Güter ebenso wie mitdem Versuch der Festlegung eines Höchstlohnes (nicht Mindestlohnes!) in den «Maximumgesetzen» vom Mai und September 1793, um seinen Anhängern, den Trägern des Radikalismus in den Unter- und Mittelschichten, entgegenzukommen. Dafür wichen die Jakobiner von ihrer ursprünglich bürgerlich-liberalen, an der Marktfreiheit orientierten Wirtschaftskonzeption ab.
So trat neben die Elitenrevolution des Dritten Standes und Parlamentes eine zweite Revolution, die des einfachen Volkes in den groÃen Städten, vor allem in Paris, das die groÃen politischen Debatten um Freiheit und Gleichheit auf die eigene Lebenswelt, die eigenen Nöte bezog. Man hat sogar von drei Revolutionen â man könnte auch sagen: drei Schichten in der Französischen Revolution â gesprochen, denn auf dem Lande protestierten die Bauern und rückten dabei wiederum ihre eigene Situation, die feudale Abhängigkeit von den adligen Grundherren, in den Vordergrund: Man bewaffnete sich mit Sensen, stürmte und plünderte Schlösser und verbrannte die verhassten Dokumente der Unfreiheit. Zugleich breitete sich im Sommer 1789 eine allgemeine Furcht vor einem adligen und monarchischen Gegenschlag rasant auf dem Lande aus: mit wild umlaufenden Gerüchten über anrückende Armeen, marodierende Banden und Racheakte der Revolutionsgegner. Diese Massenangst der «Grande Peur» ist auch ein Schlüssel zu den späteren Pariser Ãngsten der Jakobiner und des Wohlfahrtsausschusses, die sich mehr und mehr von Gegnern umzingelt sahen und ihrer Paranoia ihrerseits durch die
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