Was kostet die Welt
angedeutet, es war folgerichtig, und vielleicht ist das ja auch gar nicht so schlimm. Sie wird ihm die Neuigkeiten schon nicht brühend heià auftischen, während ich noch hier bin.
Und eigentlich habe ich ihm gar nichts getan. Er kann seine Freundin ja behalten. Ich finde sie zwar cool, viel cooler, als ich dachte, und es war eine gute Nacht, und vielleicht ist sie auch noch etwas mehr als nur cool, und die Nacht war nicht nur gut, sondern wunderbar, und der Sex war grandios, und ich habe mich lange nicht so gut gefühlt, das befreiende Gefühl, benutzt zu werden, benutzbar zu sein, und wenn sie jetzt hier wäre und wir uns besaufen würden und nackt wären ⦠jajajaja, ich gebâs ja zu, das ist eine gute Vorstellung.
ABER: Ich fahre ja wieder weg. In zwei Tagen werde ich aus ihrem Leben verschwunden sein, und dann bleibt da nur ein kleines Geheimnis, als wäre nie etwas passiert. Vielleicht bringt es ihnen ja sogar was. So ein kleiner Seitensprung soll in einer langen Beziehung ja mitunter sehr erfrischend sein. Nur zwei Typen im Leben, das hätte sie eh nicht durchgehalten. Jetzt sind es immerhin drei, und besser, sie hat das mit mir erlebt als mit irgendeinem Trottel von hier, so ein Eingeborener, ein weiterer WeiÃwein-Aborigine, der sich dann womöglich Hals über Kopf in sie verliebt, und dann endet alles in Mord und Totschlag, Rosenkrieg im Weinberg, das will ja auch keiner.
Alles halb so wild. Ganz ruhig bleiben. Alles ist gut.
Alles gut.
Alles gut alles gut alles gut.
I feel fine and I feel good
I feel like I never should
Whenever I get this way
I just donât know what to say
Why canât we be ourselves like we were yesterday.
»hey meise, sind jetzt bei yannik und andrea und um spätestens 8 am weinfest in sörz. konnte dich nicht erreichen. meld dich doch mal. bis später, flo.«
Ich muss mehr trinken.
Ich muss mehr trinken.
Ich muss mehr trinken.
16
Ich tippe einfach mal, dass dieses Weinfest direkt an der Mosel stattfindet, also biege ich nach dem Ortseingang links ab Richtung Wasser. Aus der Ferne ertönen schon die Geräusche einer Menschenmenge. Klänge von Musik. Dann tauchen vor mir die ersten bunten Lichter der Buden auf, die einen schmalen Korridor zum Festplatz bilden.
Kirmes nennen sie das. Weinkirmes. Ich dachte immer, Kirmes wäre so was wie Rummel, also mit vielen Karussells und so. Hier gibt es aber nur einen Autoscooter und ein Kinderkarussell, das schon geschlossen hat, obwohl es gerade mal halb zehn ist und noch jede Menge Kinder hier herumtoben.
Es gibt einen SchieÃstand, eine Losbude und einen SüÃigkeitenwagen. Dort kaufe ich mir eine kleine Tüte gebrannte Mandeln. Seit dem Frühstück habe ich nichts mehr gegessen, was in Kombination mit der halben Flasche Gin deutliche Spuren hinterlässt. Ich war schon etwas wacklig auf den Beinen, als ich vor einer Dreiviertelstunde losgegangen bin, aber ich dachte, scheià drauf, bloà raus aus diesem Bunker, sonst werde ich noch wahnsinnig.
Benny von der Olsenbande reicht mir die Mandeln, ich stopfe sie sofort in mich rein. Dabei betrachte ich die Aufschriften auf den Lebkuchenherzen. Neben den üblichen Liebesschwüren scheinen in diesem Jahr Pöbeleien angesagt
zu sein. »Du miese Ratte«, »Du bist das Allerletzte«, »Schäm dich«. Mein Favorit ist »Jetzt gib dir doch endlich mal ein bisschen Mühe«. Eine schöne Demütigung, damit hinter seinem echt witzigen Lebensabschnittsgefährten hinterherzudackeln.
An der Losbude nebenan gibt es allerlei Stofftiere zu gewinnen. Hund, Rabe, Schaf, Giraffe, Maus, eins hässlicher als das andere. Als Trostpreis haben sie einen aufblasbaren Spongebob-Gummiknüppel, mit dem auf dem Festplatz mehrere Menschen herumfuchteln.
Der Trostpreis geht wohl ziemlich gut heute.
Â
Die Weinfeste werden ja laut Flo von Jahr zu Jahr kleiner, trotzdem ist das ein ganz schönes Gewusel hier. Die vielen langen Tische auf dem gepflasterten Platz sind voll besetzt. Die Gesichter der Menschen glühen von Alkohol und Hitze. Sie sehen alle sehr aufgeregt aus. Es sind sämtliche Altersstufen vertreten, nur meine Generation, die der Zwanzig- bis FünfunddreiÃigjährigen, ist ein bisschen unterrepräsentiert. Sind wahrscheinlich alle zum Studieren in Trier oder Koblenz oder Vollhorsthausen und kommen erst mit Mitte dreiÃig wieder. Oder sie wohnen jetzt alle in Berlin. Flo
Weitere Kostenlose Bücher