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Was kostet die Welt

Titel: Was kostet die Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nagel
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hätte bestimmt eine genaue Erklärung parat, inklusive Zahlen.
    In dem großen weißen Festzelt spielt eine Tanzband. Hinter ihnen hängt ein Banner mit ihrem Logo: SKYNAMITE. Hinter den metallicblauen Lettern des Bandnamens schießt mit einer großen Explosion ein Sektkorken in einen sternenklaren Nachthimmel. »Zwischen Eifeldampf und Hunsrock«.
    Alle sieben Bandmitglieder tragen Uniform: weiße Hosen und weiße Westen über roséfarbenen Hemden. Sie spielen
gerade den Song »Moviestar« von keine Ahnung wem. Der Sänger hat einen Notenständer vor sich, von dem er offenbar den Text abliest. Mein Gott, den kann ja sogar ich fast auswendig. Und ist das im Refrain noch ein falsch platziertes »th«, oder schon ein Lispeln?
    Vor der Bühne tanzen ein paar ältere Semester den Discofox. Das ist so ein bekloppter Tanz mit Rumwirbeln und so, Silvia hat den damals gelernt. Sie wollte Tänzerin werden und hat immer vor dem Wohnzimmerspiegel geübt. Manchmal kam mein Vater rein, drehte die Stereoanlage runter und verschwand wortlos. Ehrlich gesagt, hat mich die laute Musik auch oft genervt. »I Just Can’t Get Enough«, immer und immer wieder. Aber wenn mein Vater dagegen war, konnte es so falsch nicht sein. Ich war jedenfalls immer auf Silvias Seite.
    Â»Du bist dafür, dagegen zu sein«, behauptet meine Mutter so oft sie kann. Aber das stimmt nicht. Sie hat Unrecht. Ich bin nicht aus Prinzip dagegen. Ich bin nur dafür, nicht immer dafür zu sein, beziehungsweise dagegen, immer dafür zu sein, oder was weiß ich.
    Â 
    Hinter den Tänzern steht eine Armada von Bierbänken, auf denen sich Flaschen, Gläser, Spucknäpfe, Luftschlangen und Pommesschalen stapeln. Der Müll wird von Frauen in schwarzen Kitteln abgeräumt, während ein paar Männer die Bierbänke zusammenklappen und hinten im Zelt in eine Ecke stapeln.
    Flo und Judith kann ich auch hier nirgends entdecken, also gehe ich wieder raus. Nachdem ich einmal die Runde gemacht habe, sehe ich vorm Zelt jemanden winken.
    Flo. Er sitzt mit Judith und zwei anderen an einem der Tische.
    Â»Na, lebst du auch noch?«

    Was soll man darauf antworten - Nein, ich bin ein Untoter, und als solcher treibe ich mich gerne auf Zombiepartys wie dieser herum .
    Er klopft neben sich auf die Bierbank und sagt, ich solle mich doch setzen. Ich setze mich.
    Â»Wie bist du denn von Renderich hierhergekommen?«
    Â»Kleiner Abendspaziergang.«
    Flo schiebt die Unterlippe hervor. »Respekt«, sagt er, als würde er es einem faulen Städter wie mir gar nicht zutrauen, mal mehr als drei Meter zu Fuß zu gehen.
    Â»Wir haben an der Weinprobe teilgenommen, die ging bis gerade. Sind schon ein bisschen betüddelt.«
    Er wedelt die rechte Hand hin und her und lacht. Die anderen beiden lachen auch. Judith lacht nicht, sie trägt wieder ihr Pokerface. Keine Regung, nichts.
    Â»Vorhin waren wir alle zusammen am See. Wir wollten dich mitnehmen, aber du warst nicht da. Bist auch nicht ans Handy gegangen.«
    Â»Ich war im Wald spazieren«, lüge ich.
    Ich schaue kurz zur Seite, Richtung Losbude, um Judith aus dem Augenwinkel sehen zu können. Ich weiß nicht, was sie denkt, ob sie mir glaubt oder nicht, oder ob sie mir überhaupt zugehört hat. Sie schaut aber auch nicht demonstrativ weg. Sie behandelt mich einfach wie Luft, wie heute beim Frühstück, und das macht mich schon wieder ganz irre.
    Ich weiß, dass sie jetzt gerne eine rauchen würde. Ich kenne ihre echte Haarfarbe, ich weiß von den Sommersprossen auf ihrem Rücken und ihrem schneeweißen Hintern. Ich kenne ihre Intimfrisur, ich weiß, wie ihr Gesicht beim Orgasmus aussieht, und meine Unterlippe ist immer noch leicht angeschwollen von ihren Küssen.

    Kurz gesagt, unser Verhältnis ist ein anderes als vor drei Tagen. Ihre Distanz wirkt jetzt nicht mehr schüchtern, sondern arrogant. Ich kann sie nicht mehr als das zurückhaltende Mädchen vom Lande sehen, sondern nur noch als unterkühlte Tante, von der ich nur das bekomme, was sie mir gibt. Und im Moment ist das rein gar nichts.
    Â 
    Flo stellt mir das andere Pärchen am Tisch vor. Yannik und Andrea aus Wittlich. Sie strahlen mich an und halten mir ihre Hände entgegen.
    Yannik hat einen leicht offen stehenden Mund, was ihn etwas debil wirken lässt. Die schulterlangen blonden Haare trägt er zum Zopf gebunden, wahrscheinlich,

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