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Was kostet die Welt

Titel: Was kostet die Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nagel
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Finger.
    Judith und Andrea wollen keinen. Flo muss ebenfalls überredet werden.
    Â»Los, du alte Spaßbremse!«, ruft Yannik.
    Dann sagen wir »Prost« und schütten uns den Fusel in den Hals.
    Flo verzieht angewidert das Gesicht.
    Yannik schmatzt dreimal laut und brüllt: »Aaaah, ist das GEIL oder ist das GEIL!«
    Ich trinke die Schnäpse von Judith und Andrea auch noch aus.
    Flo, Yannik und Andrea vertiefen sich wieder in ihre Diskussion. Es geht um den Busbahnhof in Wittlich, dass es da so asozial ist, was man dagegen machen kann, wer daran schuld ist. Die Stadt? Die misslungene Integration der Menschen mit Migrationshintergrund? Wir alle?
    Â»Also ich bin der festen Überzeugung, dass …«
    Â»Versteht mich nicht falsch, aber …«
    Â»Man müsste …«
    Â»Man sollte …«
    Â»Man könnte …«
    Â»Ich hab da neulich eine alarmierende Studie …«
    Bürgerversammlung. Überwachungskameras. Todesstrafe.
    Judith sitzt nur dabei und sagt nichts. Ich halte es nicht mehr aus, nehme meinen ganzen Mut zusammen und beuge mich zu ihr rüber. Frage sie leise, ob sie Lust hat, eine kleine Runde mit mir zu drehen. Ich schaue ihr in die Augen. Nicht so verliebtmäßig, sondern so, na was weiß ich, so ganz normal halt.
    Und sie sagt: »Nein.«

    Sie sagt nicht »Später vielleicht« oder »Ich glaube, das ist keine so gute Idee« oder »Verzieh dich, du Hornochse«, sie sagt einfach nur: »Nein.«
    Sie wendet sich von mir ab und hört weiter der bescheuerten Unterhaltung zu, in der Yannik gerade die Theorie ausspricht, dass das alles mit Stellenentlassungen bei Dunlop und Dr. Oetker zusammenhängt, er benutzt Worte wie »sozialer Frieden« und »Pulverfass«, und Andrea hat die Stirn in Falten gelegt und erklärt, wie wichtig es ist, den »Makrokosmos« im Auge zu behalten, und Flo sagt, dass irgendein Kind irgendwann in irgendeinen Brunnen gefallen ist, und Judith sitzt da und guckt, sitzt einfach nur da und guckt mich mit dem Arsch nicht an, als wäre ich nur ein alter Daddelautomat, an dem sie nach ein paar Spielen das Interesse verloren hat, ihr lächerlicher Sexsklave von letzter Nacht, ein Vollidiot, der froh sein kann, dass sie einen Krümel hat fallen lassen, und der ihr jetzt gefälligst nicht auf die Nerven zu gehen hat.
    Hat sie das gestern Nacht extra gemacht?
    Hat sie das alles arrangiert?
    Bin ich ihr ins Netz gegangen?
    Will sie mich testen?
    Will sie mich verhöhnen?
    Will sie mich provozieren?
    Spielt sie mit mir?
    Â 
    Â»Mensch, Meise. Du bist ja ganz blass, alles gut bei dir?«
    Ich drehe mich ruckartig zu Flo um. Mein Hirn schwappt in seiner alkoholischen Wanne hin und her, Blitze zucken in den Rändern meiner Augen. Flos Gesichtsausdruck kann sich zwischen Belustigung und Besorgnis nicht so recht entscheiden.

    Was würde wohl passieren, wenn ich seine Frage jetzt ehrlich beantworten würde?
    Â 
    Nein Flo, nicht wirklich.
    Weißt du, gestern Abend, als du bei deinen Kunden warst, kam deine Freundin bei mir vorbei und hat mich richtig rangenommen. Es war wundervoll. Wir haben geredet, gelacht, geküsst, gefickt.
    Aber heute ignoriert sie mich schon den ganzen Tag.
    Kannst du ihr vielleicht mal sagen, dass das völlig unnötig ist? Ich will sie schließlich nicht heiraten. Ihr könnt euch behalten.
    Sie soll mich nur bitte nicht so aggressiv anschweigen, das kann ich nicht haben.
    Â 
    Ich sage ihm, dass natürlich alles gut ist, hervorragend, geradezu fantastisch. Ich lache mein falschestes Lachen, dann entschuldige ich mich aufs Klo.
    Ich schließe mich in einer Kabine ein, setze mich ins kreischende Neonlicht auf den Klodeckel und starre die Tür an. Über die Klinke hat jemand mit Edding geschrieben, dass Corinna S. eine abgefickte Hure ist und auf den Strich geht.
    Wenn ich doch nur irgendwas für die Nase dabeihätte. Ein bisschen Kokain. Ein kleines Näschen von Itchys Schrottspeed würde auch schon reichen. Das Kribbeln in der Nase. Der taube Gaumen. Der bittere Geschmack, der langsam den Hals runterläuft. Das wäre schön.
    Oder einfach irgendein Kick. Irgendetwas, das irgendetwas mit mir macht.
    Ein Tequila mit Orange und Zimt.
    Â»Bizarre Love Triangle« hören, über Kopfhörer, so laut es geht.

    Eine schnelle Nummer hier auf dem Klo, mit einer der Hot Chicas oder Corinna S. oder sonst wem.
    Selbst der Gedanke

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