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Was kostet die Welt

Titel: Was kostet die Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nagel
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Irgendwas von Heinz Schießmichtot, mir doch egal. Schmeckt eh alles gleich, besonders wenn man es sich in einen Gin-Tonic-verklebten Schlund schüttet.
    An der Wurstbude nebenan gibt es Streit. Ein Mann mit einem Asterix-der-Gallier-mäßigen Schnauzbart beschuldigt die Wurstfrau, sie habe einem Jungen ein Brötchen verkauft, das ihr vorher auf den Boden gefallen war.
    Â»Ich hab genau gesehen, wie Sie das aufgehoben und dem jungen Mann auf den Pappteller gelegt haben. Das ist ja wohl unerhört, ich kann das gar nicht glauben, das ist ja wohl, das ist ja wohl …« Asterix fuchtelt mit den Händen in der Luft herum, als suche er dort nach dem passenden Ausdruck. »Eine absolute Frechheit ist das!«
    Die Wurstfrau schüttelt nur den Kopf und bedient den nächsten Gast.
    Â»Wenn das nochmal vorkommt, ruf ich das Gesundheitsamt, dann ist die Bude ruckzuck dicht!«, ruft Asterix so laut, dass es alle Umstehenden mitbekommen. Dann marschiert
er zu einem Stehtisch, wo er seinen Kollegen wild gestikulierend von dem skandalösen Vorfall erzählt, der sich soeben zugetragen hat.
    Â 
    Ich lege fünfzehn Euro auf den Tresen. Einen Zehner und einen widerlichen, zerfledderten Fünfer. Die Flaschen zwischen die Finger geklemmt, gehe ich zurück zum Tisch der anderen.
    Andrea trompetet gerade ihre Erfahrungen von irgendeinem Festival in die Runde, auf dem Yannik und sie neulich mit der ganzen Clique waren. Sie sagt wirklich »Clique«. Sobald ich mich setze, wechselt sie von ihrem Moseldialekt ins Hochdeutsche, als wäre ich ein Kleinkind oder ein dementer Greis, mit dem man ganz besonders deutlich sprechen muss.
    Ganz ruhig. Ist ja nicht böse gemeint. Hier ist ja nichts böse gemeint, weil niemand böse ist. Alle sind gut drauf, alle sind nett und zuvorkommend, und zwar immer und zu jedem, sogar zu mir.
    Â»Das war soo su-per da-a, wir hatten soooo einen Spa-aß.«
    Bei den langen Vokalen treten die Sehnen und Adern an ihrem Hals deutlich hervor. Während sie verträumt in den Erinnerungen an ihr bekacktes Scheißfestival schwelgt, zupft sie an einem Bändchen am rechten Handgelenk. Es ist ein Eintrittsbändchen. Rock am Ring, 05.-07. Juni.
    Igitt, das ist schon zwei Wochen her, findet die das nicht eklig?
    Ich hebe den Arm, um mir ein Glas einzuschenken. Mit einem schmatzenden Geräusch löst sich meine Haut von der müllsackähnlichen Plane, mit der die Tische bezogen sind. Das finde ich so ekelhaft, dass ich zusammenzucke und dabei das Glas umstoße. Es zerspringt am Boden. Guter
Sound. Ich schiebe die Scherben grob mit dem Fuß zusammen und trinke aus der Flasche weiter.
    Die anderen tauschen beunruhigte Blicke aus. Sie denken, ich merke es nicht, weil ich zu besoffen bin. Dass ich auf euch nicht reagiere, heißt nicht, dass ich nichts mitkriege.
    Judith schaut mich an. Ich schaue sie an. Sie dreht den Kopf weg. Sie sitzt sehr gerade. Aber nicht das verkrampfte Stock im Arsch -Gerade, eher als wäre sie ein Kunstwerk, die perfekte Statue, mächtig und erhaben an eine längst vergangene Zeit erinnernd.
    Â 
    Andrea erzählt von Christina und Manuel, die sich am Nürburgring total gezofft haben. »Dabei waren die beiden immer das Traumpaar in der Clique.«
    Yannik nickt zustimmend mit dem Kopf. »Da war die Kacke am Dampfen, das sag ich dir. Den ganzen Zeltplatz haben sie zusammengeschrien.«
    Andrea ist der Meinung, dass sie mit jedem einzeln befreundet bleiben könne, auch wenn die beiden sich trennen würden. Beziehung, das bedeute ja wohl nicht nur Liebesbeziehung, sondern immer auch Freundschaft, und die lasse sie sich von niemandem verbieten, so weit käme es ja noch.
    Die anderen stimmen ihr zu. Yannik sagt, ihm sei die heile Welt der beiden ohnehin immer suspekt gewesen, in einer Partnerschaft müsse man ja auch mal streiten können.
    Flo sagt, über Manuels Sozialkompetenz solle man sowieso besser den Mantel des Schweigens legen.
    Beziehung? Partnerschaft? Sozialkompetenz?
    Ich fühle mich wie das sprichwörtliche fünfte Rad am Wagen.

    Scheiße, ich denke schon wieder so, wie Flo spricht.
    Außerdem fällt mir zu jedem zweiten Satz irgendeine ätzende Bemerkung ein, und ich muss mich extrem beherrschen, diese für mich zu behalten. Weil alle hier so unerträglich mittelmäßig und stupide und langweilig sind, und weil es mich rasend macht, dass Judith überhaupt nicht auf mich

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