Was liest der Hund am Laternenpfahl
Lust am Töten hingegen hat dieses Verhalten nichts zu tun. Das Töten einer Beute ist bei jagenden Raubtieren nicht direkt durch Hunger bedingt. Es wird von bestimmten, sogenannten Schlüsselreizen hervorgerufen, die dann entstehen, wenn ein Beutetier sich zappelnd und erregt den Fängen des Raubtieres zu entziehen sucht. Sind diese potenziellen Kandidaten dann auch noch auf engem Raum eingepfercht, wie es bei Stalltieren üblich ist, tauchen immer wieder neue Schlüsselreize zum Töten auf, da die noch lebenden Tieren sich natürlich nicht ruhig verhalten. Es gibt Berichte über einen Bären, der in einen Stall einbrach und in einer Nacht nicht weniger als alle hundert Schafe getötet haben soll. Danach brach er erschöpft inmitten seiner Opfer zusammen und wurde am nächsten Morgen so schlafend vom Schäfer vorgefunden. Zum Fressen hatte er weder Kraft noch Zeit gefunden.
Was ist an historischen Nachrichten von
wolfsüberfällen
auf Menschen dran?
Der Wolf hat in den letztenJahrzehnten eine gerechte und verdiente Rehabilitierung erfahren. Gemäß dem menschlichen Naturell jedoch, von einem Extrem ins andere zu fallen, hört man gelegentlich auch Geschichten, in denen der Wolf eine solche Idealisierung erfährt, dass man sich ein weiteres Mal an Grimms Märchenstunde erinnert fühlt. Nicht so recht ins Bild wollen dann historische Nachrichten von Wolfsüberfällen passen, die man oft allzu schnell abergläubischen Bauerntölpeln unaufgeklärter Zeiten zuschreiben möchte. Tatsache ist zunächst einmal, dass die Geschichte nicht arm ist an schriftlichen sowie bildlichen Quellen, die von Wolfsüberfällen auf den Menschen berichten. Tatsache ist auch, dass die Geschichte bis weit ins 19.Jahrhundert äußerst arm ist an abergläubischen Bauerntölpeln, die schreiben oder gar Stiche herstellen und diese Nachrichten somit der Nachwelt weitergeben konnten. Auch wenn man dennoch eine Vielzahl an „Horrorgeschichten“ ins Reich der Fantasie wird verbannen müssen, die mit einer gesteigerten, allgemeinen Existenzangst der Menschen in Zusammenhang steht, fällt bereits bei einem kursorischen Blick über die Quellen auf, dass diese sich vor allem in Zeiten langer Kriege, politischer Unruhen und Hungersnöte häufen. Beispiele dafür sind der Hundertjährige Krieg zwischen England und Frankreich im 14. und 15.Jahrhundert sowie die Zeit des Dreißigjährigen Krieges von 1618–1648. Somit liegt die Vermutung nahe, der Krieg könne in vergangenen Zeiten Wolfsplagen mit sich gebracht haben. Wolfsforscher nennen nun folgende Voraussetzungen, unter denen besonders im Mittelalter Wolfsangriffe stattgefunden haben können: Die damals übliche und sogar zum Teil staatlich verordnete Verfolgung des Wolfes hatte nachgelassen, weil die Männer im Krieg waren oder nicht mehr lebten. Die Frauen und Alten waren allein und unbewaffnet zu Hause geblieben und die Kinder mussten al-lein das Vieh hüten. Extremer Hunger der Tiere und eine drastische Reduzierung des natürlichen Beutebestandes könnten mit den genannten historischen Gegebenheiten eine explosive Mischung gebildet und zu Wolfsüberfällen geführt haben. Neben dengenannten Ursachen allerdings geht wohl auch eine große Anzahl von Überfällen auf das Konto tollwütiger Wölfe – die Tollwut war bis zur Erfindung der entsprechenden Impfung eine ebenso schlimme und lebensbedrohliche Plage wie seinerzeit die Pest oder die Lepra.
Kann ein Wolf tatsächlich sieben
geisslein
auf einmal fressen?
Das Verschlingen von sieben Zicklein auf einen Streich mag so manchem als bloße Hyperbel erscheinen, die nichts anderes zum Ziel hat, als Gevatter Wolf ein weiteres Mal zu verunglimpfen. Doch tatsächlich hat der Hundestammvater einen sehr hohen Nahrungsbedarf. Zur Aufrechterhaltung eines stabilen Gewichts hat man beim frei lebenden Wolf einen Tagesbedarf von etwa 0,1–0,21kg Fleisch je Kilogramm Körpermasse berechnet; heranwachsende Tiere benötigen sogar noch zwei- bis dreimal mehr Nahrung als ausgewachse-ne. Geht man einmal davon aus, dass ein junger Wolf gar nicht die Dreistigkeit und Erfahrung besessen hätte, die zu Hause allein verbliebenen Geißlein auf so perfide Weise zu täuschen, dann kommen wir für ein ausgewachsenesmännliches Exemplar mit durchschnittlichen 45kg (vereinzelt sind auch schon Wölfe mit 79kg Lebendgewicht gesichtet worden!) immerhin auf einen Tagesbedarf von knapp 7kg. Doch Wölfe sind imstande, noch mehr Nahrung auf einmal aufzunehmen. Das müssen sie
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