Was liest der Hund am Laternenpfahl
Welchem Zweck er schließlich diente, kann aufgrund fehlender Schriftlichkeit dieser vergangenen Epoche bislang nicht eindeutig gesagt werden. Die Theorien reichen von Sozialkumpanei und Bildung von Jagdgemeinschaften bis hin zu der für Homo sapiens wenig schmeichelhaften These der Kynophagie, sprich des Verzehrens von Hunden und der Fellnutzung, wobei jedoch – aus heutiger Sicht für jedermann ersichtlich – irgendwann der Punkt erreicht worden sein muss, an dem erst die Moral und dann das Fressen kam. Allein, die genannten Thesen erklären noch nicht, warum aus dieser Annäherung ein solch unvergleichlicher und flächendeckender Siegeszug über die ganze Welt werden konnte. Doch auch für diese Frage bieten die Forscher eine plausible These an: Man argumentiert, die wölfische Gemeinschaft weise in ihrem Sozialverhalten große Ähnlichkeiten mit der menschlichen auf, was den Weg für eine lange gemeinsame Entwicklung bereitet habe. Tatsächlich kommen uns einige wölfische Verhaltensweisen seltsam bekannt vor: Wölfe sind hochsozial, im Spiel zeigen sie einen Sinn für Fairness und verfügen über außerordentliche kommunikative Fähigkeiten. Sie leben in Langzeit-Monogamien und die Kinderbetreuung wird von der ganzen Familie übernommen. Was eigentlich nach einer Beschreibung des idealen Menschen klingt, ist also womöglich der Grund dafür, dass wir im Park unsere Stöckchen für Hunde und nicht für die domestizierte Variante des Orang-Utans werfen.
Hat der Wolf den Affen zum
menschen
gemacht?
Das Bild, das gelegentlich von unseren Ururahnen gezeichnet wird, ist alles andere als idyllisch. In kleinen Horden genetisch eng Verwandterzogen sie durch ihre Jagdgebiete; kein Lebewesen, auch nicht ihre Artgenossen, war vor ihnen sicher. Das Zusammenleben in großen Gruppen scheint unseren affenartigen, aufbrausenden und individualistischen Vorfahren ebenso fremd gewesen zu sein wie den Schimpansen und Gorillas von heute. Doch damit nicht genug: Die Übervorteilung konkurrierender Rivalen zum Zweck des persönlichen Gewinns soll ihnen in hohem Maße eigen gewesen sein; dabei waren sie in der Wahl ihrer Mittel alles andere als zimperlich: Mord, Totschlag und Kannibalismus gehörten zum guten Ton. Dass daraus zwangsläufig die Frage entstehen muss, woher Homo sapiens seine Fähigkeiten zur sozialen Kooperation bekam, nimmt keineswegs Wunder. Die These einiger Wissenschaftler hierzu nun lautet zugespitzt folgendermaßen: Es waren die Caniden mit ihren herausragenden sozialen Verhaltensweisen und ihrer sozialen Intelligenz, die dafür gesorgt haben, dass der Mensch in einen Anzug passt. Oder, um es in den Worten eines Wissenschaftlers seriöser auszudrücken: „Die Kooperation von Hund und Mensch war auch eine Anpassungsleistung der Hominiden an die überragende soziale Intelligenz der Caniden.“ Diese hochinteressante Theorie, die übrigens voraussetzt, dass die Abspaltung zwischen Wolf und Hund bereits vor etwa100.000 Jahren stattgefunden hat, ist keineswegs unumstritten. Anthropologen verweisen nämlich unter anderem darauf, dass soziale Verhaltensweisen beim Menschen schon viel länger angelegt gewesen seien. Jedem Hundefreund indes dürfte sie gut gefallen.
Haben Dackel und Dogge tatsächlich denselben
stammvater
?
So manchem fällt es schon schwer, in einem Dackel und einer Dogge Vertreter ein und derselben Art zu erkennen. Und tatsächlich könnten die Unterschiede zwischen den Rassen beziehungsweise Mischungen kaum größer sein. Während beispielsweise das Mindestgewicht eines Irish-Wolfhound-Rüden bei etwa 54,4kg liegt, erreicht der Yorkshire-Terrier gerade mal ein maximales Höchstgewicht von 3,1kg (von überfütterten Einzelexemplaren einmal abgesehen). Auf einer Waage bräuchte es demnach mindestens 18 der Fliegengewichtvertreter, um einem ausgewachsenen, männlichen Wolfhound gewichtsmäßig die Stirn zu bieten. Wie nun ist es möglich, dass diese so unterschiedlichen Wesen auf nur ein und denselben Stammvater zurückgehen können? Wieder einmal liegt das Geheimnis im Prozess der Domestikation. Wenn aus Wildarten Haustiere werden, kommt es automatisch zu einer sogenannten innerartlichen Variabilität, will sagen Verschiedenheit. Die Anpassung an die verschiedensten ökologischen und sozialen Verhältnisse der Umwelt während des Domestikationsprozesses brachte einen ungeheuerlichen Reichtum an erblich gesteuerten Entwicklungsmöglichkeiten zur Entfaltung. Hinzu kam eine selektive Steuerung des
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