Was mehr wird wenn wir teilen - Vom gesellschaftlichen Wert der Gemeingueter
neigten die einzelnen Staaten in den Anfangsjahren dazu, relativ grobe Berechnungsmodelle zur Einschätzung der Dynamik im Fischereigewerbe einzusetzen. Und sie hatten nur unzureichende Daten zur Verfügung, um die tatsächliche Größe der Bestände überhaupt abschätzen zu können.
In Kanada beispielsweise verwendete das Department of Fisheries and Oceans (DFO), die Staatliche Abteilung für Fischerei und Meere, eine Simulation der Reproduktionskraft des nördlichen Kabeljaus, die von den Wissenschaftlern später als »sehr fehlerhaft« eingeschätzt wurde. Zum nördlichen Kabeljau gehören Populationen des atlantischen Kabeljaus vor dem südlichen Labrador und dem östlichen Neufundland. Er war über Jahrhunderte die Basis für das Fischereigewerbe in der Region. Obwohl einheimische Fischer den nahen Zusammenbruch der Bestände befürchteten, versicherte die DFO, dass sich der Kabeljau von der Plünderung der vergangenen Jahre gerade erholte.
Plötzlich gab es eine Kehrtwende in der kanadischen Fischereipolitik. Im Jahr 1992 erließ die DFO ein Moratorium für den Fang von nördlichem Kabeljau in kanadischen Gewässern. Ein wichtiger Schritt. Doch die eigent liche Tra gödie war, dass die einheimischen Fischer nun für den von Funktionären verursachten Zusammenbruch bezahlenmussten. Sie waren bisher das Rückgrat der lokalen Wirtschaft gewesen und in ihrem Einzugsbereich hatten sie Regeln für die Ressourcennutzung festgelegt, die auch funktionierten – bevor die Regierung die Entscheidungshoheit zugewiesen bekam.
Die Kabeljaufischerei hat sich bis heute nicht erholt. Viele Fischer und ihre Familien mussten ihre Dörfer verlassen, um anderswo Arbeit zu suchen. Seit dem Niedergang der Kabeljaufischerei sind 40.000 Menschen aus diesem zusammengebrochenen Wirtschaftszweig auf Sozialhilfe angewiesen.
Freie Meere. Von Fangquoten und Banditen
Es ist für die Behörden immer schwierig und sehr konfliktreich, die von Wissenschaftlern empfohlenen Fangquoten für große Küstenfischereibetriebe durchzusetzen. Als die Europäische Union 2007 solche Quoten für den Kabeljau in der östlichen Ostsee bestimmte, setzte sie sich daher über die Warnung des Internationalen Rates für Meeresforschung (ICES) hinweg. Der ICES berät die Europäische Union in der Fischereipolitik und damit auch in der Festlegung der Fangquoten. Er hatte dringend empfohlen, mindestens ein Jahr lang keinerlei Kabeljaufang zuzulassen. Auch die von der EU reduzierten Fangmengen für Kabeljau in der westlichen Ostsee blieben noch 30 Prozent über der vom ICES empfohlenen Höchstmenge. Die Entscheidungsbefugnis der Behörden geht nicht immer mit der Bereitschaft einher, tatsächlich im Sinne nachhaltiger Entwicklung zu handeln, vor allemdann nicht, wenn kurzfristig mit Belastungen für die Fischereiwirtschaft zu rechnen ist (selbst wenn die notwendigen Entscheidungen im Langfristinteresse derselben liegen).
Ein Team des Instituts für Natürliche Ressourcen der Universität von Manitoba in Kanada hat unter der Leitung von Fikret Berkes eine weitere Nutzungsform dokumentiert. Die Rede ist von »Streunenden Banditen«, die regelmäßig die Fanggebiete verwüsten, auch innerhalb der Ausschließlichen Wirtschaftszonen. Im März 2006 veröffentlichen Berkes und Kollegen dazu einen Beitrag im Science -Magazin.
»Streunendes Banditentum verweist auf eine völlig andere Art von Commons-Dilemma, denn in der globalisierten Welt ist eine ganz neue Dynamik entstanden. Märkte können sich so rasch entwickeln, dass die Geschwindigkeit der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen die Institutionen vor Ort schlicht überfordert. Sie sind gar nicht in der Lage zu reagieren« , so die Wissenschaftler.
Aufgrund der technologischen Entwicklungen ist es heute möglich, dass sich Hochleistungsboote in ein lokales Fanggebiet hineinzoomen, dort massiv eine spezifische Art abfischen, die auf dem internationalen Markt gerade Gewinn bringt, und dann weiterziehen, noch bevor die lokalen Behörden der Situation überhaupt gewahr werden. Diese Banden haben beispielsweise die Seeigelbestände in Japan, Korea, Mexiko, Chile, Russland, Alaska, vor der Ostküste von Kanada und den nordwestlichen und nordöstlichen Küsten der Vereinigten Staaten bereits weitgehend erschöpft.
Hummer in Maine. Hoffnung am Fischereihorizont
Aber es sieht nicht an allen Küsten und für alle Fischbestände so trostlos aus. Im US-amerikanischen Bundesstaat Maine ist es den lokalen Fischern in
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