Was mehr wird wenn wir teilen - Vom gesellschaftlichen Wert der Gemeingueter
zweite große Erkenntnis war, dass mit diesen Veränderungen zwar erhebliche wirtschaftliche Fortschritte und Wohlstandsgewinne einhergingen, diese aber nur
»… zu stetig wachsenden Kosten erreicht werden konnten. Dies äußerte sich in schlechteren Ökosystemleistungen, in erhöhten Risiken von nicht linearen Veränderungen (also solchen, die sich schwer oder überhaupt nicht voraussehen lassen) und in wachsender Armut. Wenn diese Probleme nicht gelöst werden, ziehen künftige Generationen erheblich weniger Nutzen aus der Umwelt als wir das heute tun«, so die im Internet veröffentlichte Kurzfassung des MEA-Berichts (S. 5).
Der jüngste Überblick über den Zustand unserer gemeinsamen Ressourcen und unserer gemeinsamen Zukunft war also vor allem eine Warnung, dass diese Zukunft durch erhebliche Veränderungen der Ökosysteme bedroht sei. Außerdem wird im MEA-Bericht darauf verwiesen, dass für konkrete Probleme auch zwingend konkrete politische Maßnahmen zu suchen sind, statt an standardisierten Lösungen für verallgemeinerte Problemlagen festzuhalten.
Lassen Sie uns einen genaueren Blick auf den langfristigen Umgang mit globalen Ressourcen werfen. Wie erfolgreich waren die Bemühungen für den Schutz der Ozeane und der Wälder seit Veröffentlichung des Brundtland-Berichts?
Welche Rolle spielen multilaterale Strukturen für eine nachhaltige Zukunft?
Was haben Wissenschaftler in den letzten 20 Jahren über anpassungsfähige Verwaltungsstrukturen für die globale Allmende in Erfahrung gebracht?
Wie können ihre Erkenntnisse in den nächsten 20 Jahren und darüber hinaus angewandt werden?
Von Gemeinressourcen und Gemeingütern
Gemeinressourcen sind Syste me, bei denen es schwierig, aber nicht unmöglich ist, die legitimen Nutzer auszumachen und alle anderen auszuschließen. Zudem verringert bei diesen Ressourcen die Nutzung des einen die Nutzungsmöglichkeiten aller anderen. Wenn ich einen bestimmten Apfel esse, dann kann niemand denselben Apfel noch einmal essen.
Globale Allmendressourcen sind sehr groß und im Prinzip sind alle Menschen ihre legitimen Nutzer. Die Rede ist hier oft vom »Erbe der Menschheit«*. Fischbestände, Meere und die Erdatmosphäre gehören dazu. Aber auch regionale Ressourcensysteme sind komplex: Wälder etwa oder Bewässerungssysteme, Grundwassereinzugsgebiete, Weiden und Seen. Die globalen Ressourcen sind jedoch zweifellos mit besonderen Herausforderungen verbunden.
Gemeinressourcen können auf vielfältige Art und Weise und in sehr unterschiedlichen institutionellen Formen bewirtschaftet werden. Wir können sie grob in drei Gruppen einteilen: staatliche, private oder gemeinschaftliche Eigentumsformen. Eine beträchtliche Anzahl von Ressourcensys temen wird zudem von staatlichen Behörden in Zusammenarbeit mit den Nutzern verwaltet. Je nach Kontext kann der Umgang mit Ressourcen, egal ob diese sich in Staatseigentum, Privateigentum, Gemeineigentum oder gemischten Besitz- und Nutzungsformen befinden, hinsichtlich des Substanzerhalts der Ressourcen und der Erwirtschaftung guter Erträge erfolgreich sein oder scheitern.
Die Tragik der Allmende. Eine tragische Verwechslung
Natürliche Ressourcen, zu denen alle freien Zugang haben, werden bisweilen übernutzt oder sogar zerstört. In seinem klassischen Artikel The Tragedy of the Commons (Die Tragik der Allmende) verwechselt der einflussreiche Ökologe Garrett Hardin diese Situation, in der alle Zuganghaben (eine so genannte Open-Access-Situation*) mit Gemeingütern, die in der Regel einer Gemeinschaft gehören. Es ist wichtig zu verstehen, dass Gemeingüter kein Niemandsland sind und in der Regel klar definierte Nutzergruppen haben. Zwar hat Hardin zu Recht darauf verwiesen, dass wertvol le Ressourcen übernutzt werden können, wenn der Zugang zu ihnen unbegrenzt ist, aber wenn er das Fazit zieht, dies sei eine unvermeidliche Tragödie, dann schert er alles über einen Kamm. Und das ist viel zu pauschal.
Vor allem die Nutzer lokaler Ressourcen können sich Regeln geben und die Einhaltung dieser Regeln überwachen, um eine nachhaltige Ressourcenbewirtschaftung zu garantieren. Und sie tun es, überall auf der Welt. Bei globalen Ressourcen ist das natürlich sehr viel komplexer.
In Kapitel 10 des Brundtland-Berichts wird der problematische Zustand der globalen Allmenden in den späten 1980er-Jahren diskutiert. Wir nehmen nun eine Aktualisierung des Befundes vor. Zwei Beispiele sollen der Veranschaulichung dienen: die
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