Was Menschen gutes tun
erzählte man sich, das gesamte Stadion sei schon immer kalt und zugig gewesen, selbst in den Hundstagen der Sommer vor annähernd zwei Jahrhunderten, als die Anlage noch vor allem als Austragungsort für den bedauerlicherweise heute nicht mehr existierenden Sport Baseball gedient hatte.
Der Zeiger auf dem Padd, das er auf den Tisch in der Umkleide gelegt hatte, blinkte ihm höhnisch zu, als wäre sich das Gerät der Tatsache bewusst, dass er außerordentliche Schwierigkeiten damit hatte, die letzten Überarbeitungen an seiner Rede vorzunehmen.
Natürlich wusste er, dass er im Grunde schon vor einem oder zwei Tagen hätte aufhören sollen, daran herumzufeilen. Aber er fühlte sich stets unsicher, wenn er öffentlich sprechen musste – ganz entgegen Malcolms Lobpreisungen seines Talents als Stegreifredner –, und so verspürte er das andauernde Bedürfnis, die Worte wieder und wieder zu überarbeiten und zu verbessern, die er schon mehrfach neu geschrieben hatte.
Andererseits musste er diese Worte auch live vor annähernd hunderttausend Menschen sowie ausgewählten Fremdweltlern aus dem ganzen Sektor und darüber hinaus vortragen, ganz zu schweigen von den Milliarden, die der Zeremonie des heutigen Tages aus der Ferne auf ihren verschiedenen Heimatwelten beiwohnen würden. Sie alle erwarteten, Zeuge zu werden, wie Geschichte geschrieben wurde, wenn die Koalitionscharta schließlich später am Nachmittag von den versammelten Repräsentanten der vier unterschiedlichen Welten unterzeichnet werden würde.
Ein lautes Klopfen an der Tür des Umkleideraums ließ Archer zusammenzucken. Er zwang seine blank liegenden Nerven zur Ruhe. Als er das Gefühl hatte, sich einigermaßen im Griff zu haben, erhob er sich von seinem Sitz und wandte sich der Tür zu. »Herein.«
Die zweifellos jahrhundertealte Tür schwang an ihren stählernen Scharnieren auf, und eine wie stets ungerührt wirkende T’Pol trat ein. Archer blickte auf ihre rechte Hand, mit der sie den Griff eines kleinen Handkoffers umfasst hielt, in dem sich, wie er wusste, einige der persönlichen Habseligkeiten Trips befanden. Seine Eltern sollten sie später bekommen. Genau wie T’Pol hatte man ihnen keine andere Wahl gelassen, als die Lüge zu glauben, von der Archer ein Teil gewesen war. Zum wiederholten Mal spürte er, wie ihn Schuldgefühle beschlichen, aber ihm war bewusst, dass ihm nichts blieb, als diese schweigend zu ertragen. Er bemerkte, dass T’Pol den Griff des Koffers behutsam umfasst hielt, statt ihn mit all der in ihr schlummernden Kraft zu umklammern. Nicht zum ersten Mal beneidete er sie um ihre vulkanische Beherrschung. Er kam nicht umhin, sich zu fragen, wie viel Mühe es sie wohl kostete, diese aufrechtzuerhalten.
T’Pol musterte ihn rasch vom Kopf bis zu den Füßen und hob dann kritisch eine Augenbraue. »Es freut mich zu sehen, dass Sie bereits Ihre Galauniform tragen, Captain. Allerdings hätte ich Ihnen empfohlen, sich bei eingeschaltetem Licht anzukleiden.«
Archer seufzte und zog an den Knöpfen, die den etwas einengenden weißen Kragen der Uniform schlossen. »Sehr witzig, T’Pol.« Er wandte sich dem Spiegel zu, aus dem ihn ein sehr müde und nervös aussehender Mann anstarrte. »Es ist ja nicht so, als würde ich sie jeden Tag anziehen, wissen Sie?«
»In der Tat.«
»Sieht es wirklich so schlimm aus?« Er drehte sich wieder zu ihr um.
Sie stellte den Koffer ab und trat auf ihn zu. »Stehen Sie still«, sagte sie und begann an seinem leicht schrägen Kragen zu ziehen. Er ertrug die Demütigung schweigend. Sie war gerade fertig, als ihr Kommunikator piepte. Sie entfernte sich ein paar Schritte, um die eintreffende Nachricht anzunehmen.
Archer nahm sein Padd wieder auf und richtete seine Aufmerksamkeit auf dessen Display, während er sich nichts sehnlicher wünschte, als in seinem Quartier an Bord der
Enterprise
geblieben zu sein, um die Rede zu beenden. Nicht nur die tröstende Anwesenheit von Porthos wäre Balsam für seine geplagte Seele gewesen, auch die Abwesenheit all dieser Heldenverehrer, die draußen vor seiner Tür standen. Außerdem hätte der ewig loyale Beagle nicht einmal daran
gedacht
, ungefragt Kritik an Archers Garderobe zu äußern.
Er bereute seine Entscheidung, das Schiff verlassen zu haben, gleich doppelt, als er T’Pols nächste Worte hörte: »Captain, Commander Tuckers Eltern sind eingetroffen.«
Charles Anthony Tucker jr. war immer groß und breitschultrig gewesen, und das war nicht im Geringsten
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