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Was mit dem weißen Wilden geschah - Roman

Was mit dem weißen Wilden geschah - Roman

Titel: Was mit dem weißen Wilden geschah - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Person vorstellte? Er machte so etwas wie eine Verbeugung und sagte dann sehr laut:
    «Ich grüße dich, du verdreckter Prinz der Wilden. Ich heiße Narcisse Pelletier und bin Matrose auf der Saint-Paul. Weil ihr aber nicht richtig sprechen könnt, nennen mich deine Leute Amglo.»
    Etwas an dem beharrlichen Blick des Alten war ihm unbehaglich, und er ging seines Wegs.
    Den ganzen Tag über drängten sich die Frauen um den Alten. Narcisse wollte sich nicht mit ihm beschäftigen, ein Wilder mehr oder weniger, was machte das für einen Unterschied … Der Alte war nicht gekommen, um Amglo kennenzulernen oder sich um seine Zukunft zu kümmern, das machte sein geringes Interesse an ihm deutlich. Vielleicht war er, nachdem die Frau bei der Geburt ihres Kindes gestorben war, für diese Frauen so etwas wie ein Hexer oder Zauberer, der gekommen war, um sie zu trösten … Sollten sie doch zur Zerstreuung alle zusammen das Requiem der Wilden anstimmen!
    Dann kam ihm, während er an den Resten eines großen Fisches mit bläulichen Schuppen lutschte, ein erleuchtender Gedanke. Wenn dieser Greis gekommen war, um an der Trauer teilzuhaben oder sichvon Amglos Ankunft zu überzeugen, dann musste er von Ereignissen, die den Stamm betrafen, in Kenntnis gesetzt worden sein. Wer hatte ihn informiert? Wann und auf welchem Weg?
    Als er sah, wie gebrechlich der Alte war und wie schwer ihm die einfachsten Bewegungen fielen, begriff er, dass dieser nicht als Eremit in irgendeinem Winkel des Busches leben konnte. Er war auf die anderen Wilden angewiesen, um für ihn zu jagen und Wasser zu finden. Mit seinen kleinen unbeholfenen Schritten konnte er unmöglich alleine zwei oder drei Tagesmärsche zurücklegen. Also hatte nicht weit von hier eine andere Gruppe von Wilden ihr Lager aufgeschlagen, und er musste bei ihnen leben.
    Narcisse dachte an die Ankunft von Landstreicher zurück, als sie am Wasserloch ihr Lager aufgeschlagen hatten. Damals hatte er angenommen, dass der junge Mann einige Tage lang alleine auf die Jagd gegangen war, aber vielleicht hatte er seinen Cousins nur einen Besuch abgestattet, Ausschau nach einer Ehefrau gehalten oder, wer weiß, die Segnung durch den Greis gesucht.
    Australien war von Wilden bevölkert. Überall zogen andere Stämme umher, am Meer entlang, im Busch, in den Mangrovenwäldern, durch die Wüsten, die in seiner Vorstellung endlos waren.
    Stämme, die am weitesten im Süden lebten, in der Nähe von Sydney, mussten Weißen begegnet sein.
    Konnte er darauf hoffen, von Stamm zu Stamm bis zur englischen Kolonie oder ihrem äußersten Außenposten geführt zu werden? Konnte er eine Nachricht an die Angehörigen seiner Rasse schicken, eine in ein Rindenstück geritzte Mitteilung, die von einem Stamm zum anderen weitergereicht würde und von seinem Verbleib kündete?
    Es war zu früh, sich auf eine neue sinnlose Hoffnung einzulassen, die auf zwei unterschiedlichen Einfällen beruhte, von denen er weder den einen noch den anderen zu realisieren wusste. Es würde kein Wunder geschehen, und er durfte sich keine Illusionen machen.Er hatte lediglich erfahren, dass es noch andere Stämme gab, die umherzogen und untereinander in Kontakt standen.
    Von einem Stamm zum anderen wandern? Angenommen, alle Wilden würden sich gastfreundlich, ja gefällig zeigen, wie konnte er sicher sein, dass seine neuen Gastgeber ihn in die richtige Richtung bringen würden? Und was war die richtige Richtung? Nach Süden, das schon, aber wanderten die Wilden immer in einer Geraden? …
    War es sicherer, ihnen eine Nachricht mitzugeben? Er versuchte, mithilfe mehrerer Muschelschalen etwas in ein Holzstück zu ritzen, und es gelang ihm nach mehreren Versuchen, Linien zu ziehen. Seinen Namen musste er schreiben, ja, aber um was mitzuteilen, und wem? Er wusste nicht, wie er erklären sollte, wo er sich aufhielt, und die Wilden wechselten oft ihre Lagerplätze. Und wenn es ihm gelingen würde, in ein Rindenstück seinen Namen und eine ungefähre Karte zu ritzen, damit wenigstens die Suche nach ihm in Gang kommen könnte, wie sollte er den Wilden die Wichtigkeit dieser Nachricht erklären und ihre Dringlichkeit, damit sie von einer schwarzen Hand zur nächsten schwarzen Hand gelangte, bis sie irgendwann zur nächsten weißen Hand kam? Würde das Stück Rinde, mit Hingabe graviert und sein einziger Hoffnungsträger, am Ende nur dazu dienen, ein Feuer zu entzünden?
    Zehnter Brief
    Saint-Martin-de-Ré, 28. Oktober 1861
    Monsieur le

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