Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Was mit Rose geschah

Was mit Rose geschah

Titel: Was mit Rose geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stef Penney
Vom Netzwerk:
leise, Kath, wir sehen fern«, sagt Großvater.
    »Was?«, frage ich.
    »Er hat alle möglichen Fragen über Rose gestellt.«
    »Rose?« Jetzt hat sie Großvaters Aufmerksamkeit.
    »Ist das zu fassen? Nach all der Zeit will ihre Familie sie wiederfinden.«
    »Hier werden sie sie jedenfalls nicht finden.«
    »Ich weiß, aber Tene hat entschieden, dass er nicht mit Ivo reden soll. Wir haben gesagt, er sei in den Fens. Wisbech. Also sagt bloß nichts anderes, falls er wiederkommt.«
    Großvater zuckt mit den Schultern und wendet sich wieder dem Fernseher zu. Er stellt den Ton lauter, um uns zu zeigen, dass die Sache für ihn erledigt ist.
    Ich starre Großmutter an und frage mich, ob sie sich das alles ausgedacht hat. Es kommt mir unglaublich vor – viel zu aufregend für Leute wie uns.
    »Wie hat er denn ausgesehen?«
    »Wie er ausgesehen hat?«
    »Ja. Der Privatdetektiv.«
    »Na ja, er ist einer von uns.«
    »Ehrlich? Kommt er noch mal wieder?«
    Ein Rom als Privatdetektiv, das habe ich ja noch nie gehört.
    »Warum bist du so aufgeregt?«
    »Ich bin nicht aufgeregt.«
    Später gehe ich zu uns in den Wohnwagen, wo Mama, Ivo und Christo gerade zu Abend essen wollen. Wir essen oft zusammen, weil Mama arbeitet und jemand sich um Christo kümmern muss. Mama und Ivo reden leise miteinander, als ich hereinkomme, und Christo sieht fern. Er freut sich, mich zu sehen. Ich strecke ihm die Hand hin, und er verschränkt seine Finger mit meinen; das machen wir immer so.
    »Oh, hier kommt Ärger«, sagt Ivo. Das hat er immer gesagt, als ich noch klein war, aber jetzt hört es sich ein bisschen komisch an. Eigentlich hat er es schon lange nicht mehr gesagt.
    »Habt ihr das mit dem Privatdetektiv gehört?«
    »Ja.« Ivo verdreht die Augen.
    »Wie blöd, jetzt damit anzukommen. Was glauben die denn, was sie jetzt noch herausfinden können?«, meint Mama. Ich nehme an, dass sie schon darüber gesprochen haben.
    »Du bist doch angeblich in Wisbech.«
    Ivo grinst mich an. »Tja … könnte ja sein.«
    »Hat Großonkel auch erzählt, dass er ein Rom ist?«
    »Ja. Jedenfalls zur Hälfte.«
    »Ich habe noch nie von einem Rom gehört, der Privatdetektiv ist. Ihr?«
    »Nein. Das gefällt dir, was?«
    »Weiß nicht.«
    Mama lächelt. Ich bin froh, dass sie heute Abend nicht so müde ist. Wenn sie den ganzen Tag herumgefahren ist, kann sie manchmal vor Müdigkeit kaum sprechen. Sie fällt nach dem Abendessen einfach aufs Sofa und schläft ein. Meist bessert sichihre Laune, wenn Ivo und Christo dabei sind. Sie und Ivo sind gute Freunde.
    Über eins bin ich aber nicht froh. Keiner von uns. Christo geht es nicht gut. Es ist vier Wochen her, seit wir in Lourdes waren, und er hat sich nicht erholt. Im Gegenteil, es ist eher schlimmer geworden. Er spricht weniger und wirkt schwächer. Er liegt fast nur noch bei Ivo oder bei uns auf dem Sofa und schaut alles mit Augen an, die zu groß für sein Gesicht sind. Er ist so klein und dünn – halb so groß wie andere Sechsjährige. Und manchmal schaut er gar nichts an. Er liegt einfach da, und ich höre ihn keuchend atmen, obwohl er sich gar nicht bewegt. Manchmal möchte ich am liebsten schreien. Wieso kann denn niemand etwas tun?
    Wie lange dauert es, bis Gott einen Sechsjährigen geheilt hat? Ich habe Ivo gefragt, wie lange es bei ihm mit der Heilung gedauert hat, und er sagte, er könne sich nicht erinnern, aber es wäre wohl so allmählich gekommen, dass er es nicht bemerkt hätte – was nicht sehr hilfreich war.
    Ich glaube, wir müssen uns mit der Tatsache abfinden, dass diesmal kein Wunder geschehen ist. Mal ehrlich, Leute, es war alles eine riesengroße beschissene Zeitverschwendung. Und jetzt?

15
    Ray
    Der Schnipsel mit Luellas Telefonnummer liegt unter dem Stapel neben dem Telefon begraben, und zwar schon seit einigen Tagen. Ich weiß, dass er da ist, sitze aber einige lange Minuten neben dem Telefon, bevor ich ihn heraussuche und ihre Nummer wähle.
    Zu meiner Überraschung hebt sie sofort ab. Ihre Stimme klingt entspannter und weniger abwehrend als beim letzten Mal.
    »Hi, hier spricht Ray Lovell.«
    Pause.
    »Oh.«
    Der abwehrende Ton ist wieder da, noch stärker als zuvor.
    »Tut mir leid, wenn ich Sie noch einmal störe, aber dürfte ich Ihnen noch einige Fragen stellen?«
    »Ich muss gleich los. Worum geht es denn?«
    »Nun, vielleicht könnten wir uns treffen. Wann immer es Ihnen passt. Ich kann auch zu Ihnen nach Hause kommen.«
    »Haben Sie mit meinem Bruder

Weitere Kostenlose Bücher