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Was mit Rose geschah

Was mit Rose geschah

Titel: Was mit Rose geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stef Penney
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ist. Gavin hatte ihn unmittelbar vorher um eine Blutprobe gebeten.
    »Ich nehme an, wir müssen Ihnen dankbar sein, dass Sie das für ihn tun.« Sie klingt nicht dankbar.
    Ich schüttle den Kopf. »Wissen Sie, ob er Angst vor Spritzen hat? Das hat Gavin nämlich vermutet.«
    Sie zuckt mit den Schultern. »Das weiß ich nicht.«
    »Haben Sie eine Ahnung, wohin er gegangen sein könnte?«
    »Vielleicht nach Hause.«
    »Können wir Tene irgendwie erreichen?«
    »Nicht direkt. Am besten wäre es, hinzufahren. Mein Gott … wie konnte er Christo allein zurücklassen? Diese Familie, ich schwöre Ihnen …«
    Sie sitzt hinten, Christo lehnt sich an sie. Sie hat den Arm um ihn gelegt. Die Straßen glitzern im Regen, als wir zum Kinderkrankenhaus fahren, und die Lichter verschmieren durch die Scheiben zu bunten Flecken. Ich betrachte die beiden im Rückspiegel. Lulu sieht aus dem Fenster. In diesem Licht wirkt ihr Lippenstift dunkler; sie sieht anders aus, irgendwie fremd. Christo schaut mich im Spiegel an – Augen wie tiefe dunkle Teiche, das Gesicht schimmernd wie eine Perle. Lulu sagte, sie hätte ihn seit drei Jahren nicht gesehen. Ob er sich überhaupt an sie erinnern kann? Da kann er noch keine vier gewesen sein. Vielleicht wäre er bei jedem so ruhig. Vielleicht ist in seinen Gedanken Ivo noch bei ihm. Vielleicht weiß er genau, wo sein Vater steckt.
    »Ich hoffe, dass sie herausfinden, was mit ihm nicht stimmt. Das wäre doch etwas, oder? Dann könnten sie ihm vielleicht helfen.«
    Lulu lächelt zerstreut, antwortet aber nicht. Schockierenderweise wird mir bewusst, dass die Krankheit, welche es auch sein mag, vielleicht in ihren Adern schlummert. Was hat sie doch gleich gesagt – dass sie nur die männlichen Familienmitglieder trifft? Heißt das, es ist eine dieser Krankheiten, die von Frauen wie eine giftige Gabe übertragen werden können? Die Fähigkeit, Leben zu schenken und gleichzeitig zu nehmen.
    Aus dem sicheren Schatten meines Fahrersitzes werfe ich ihr verstohlene Blicke zu. Bläulichweiße Wangen. Dunkler schräger Pony. In einem Auge spiegeln sich vorbeihuschende Lichter. Ich sehe das Gespenst einer dunklen Ader an ihrem Hals, die im Kragen der Bluse verschwindet.
    Das Blut unter ihrer Haut.Zwei Stunden später folge ich auf der Schnellstraße einem roten Fluss aus Rücklichtern in Richtung Südwesten. Ein beruhigender Fluss leuchtend roter Blutkörperchen, die durchs Niemandsland der Nacht strömen. Ich glaube nicht, dass sie wirklich mit diesem Angebot gerechnet hat, denn als ich es aussprach, erntete ich ein Lächeln, zuerst ungläubig, dann aus echter verblüffter Dankbarkeit heraus – mein Geschenk für diesen Abend. Ich stelle mir vor, wie sie es einer Freundin (nicht ihrem behinderten Freund) erzählt: »Ich weiß gar nicht, was wir ohne Ray gemacht hätten. Er ist sogar mitten in der Nacht nach Hampshire gefahren, um Ivo zu suchen. Kannst du dir das vorstellen? Ohne ihn wäre ich verloren gewesen …«
    Natürlich nennt sie mich nicht Ray.
    Der Regen fällt nun heftiger, Wind kommt auf und peitscht die Tropfen gegen den Wagen, als ich mich Bishop’s Waltham nähere. Der tropfnasse Asphalt schimmert wie Blut unter den Bremslichtern.
    Warum muss ich heute Abend ständig an Blut denken?

30
    JJ
    Wie auf dem Höhepunkt eines Films gießt es in Strömen, als ich gehe. Zuerst ist es mir egal, denn mir ist heiß, und das Wasser prasselt mir wohltuend kühl auf Haut und Haare. Ich habe keinen Mantel an. Wenn ja, hätte ich ihn vermutlich ausgezogen, damit ich noch elender dastehe und die anderen sich noch schlechter fühlen. Allerdings ist es schon dunkel, als ich geduckt und im Schutz der Bäume an den Wohnwagen vorbeilaufe. Das einzige Licht kommt von den plötzlich auftauchenden Scheinwerfern der vorbeifahrenden Autos. Und wenn sie mich überhaupt sehen, dann kümmern sie sich nicht um mich. Auch das ist mir egal. Ich denke nur daran, dass ich hier weg muss, so weit wie möglich weg von denen und ihren schmutzigen Geheimnissen. Ist es das, worüber Mama gesprochen hat – die Sache, die ich unmöglich wissen kann? Ich sehe das Gesicht dieser Fremden mit den roten Augen vor mir, heiß, beschämt, und hasse mich für meine Worte. Aber sie hat gesagt, ich soll verschwinden. Das hat sie gesagt.
    Ich trabe am Rand der Hauptstraße entlang, doch es sind zu viele Autos unterwegs, die mich mit ihren Scheinwerfern blenden. Ein Auto hupt, als es direkt neben mir vorbeifährt – vermutlich soll das witzig

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