Was nach dem koeniglichen Ball geschah
immer wieder zu verführen. Sie wartete damit stets bis zu den Abenden, an denen er guter Laune und sein Widerstand geringer war. Sie hoffte, dass er ihr vergeben würde, nachdem sie erst einmal wieder miteinander geschlafen hatten und er sich daran erinnerte, wie gut der Sex immer gewesen war.
Schließlich begann Anne sich zu fragen, ob Sam sie ihres Körpers wegen zurückwies – und nicht wegen ihres Streits. Vielleicht fühlte er sich von ihrem großen Bauch und den ausladenden Hüften abgestoßen und brachte es nicht mehr fertig, sie zu berühren. Vielleicht war ihm der Streit eine willkommene Ausrede, um nicht näher auf die Gefühle eingehen zu müssen, die sich in ihren Flitterwochen entwickelt hatten.
Nach und nach wurde Anne immer überzeugter davon, dass er sie körperlich nicht mehr attraktiv fand. Das ging so weit, dass sie eines Tages ihr Spiegelbild nicht mehr leiden konnte. Deswegen begann sie, sich ohne Spiegel anzukleiden und im Dunkeln zu duschen, damit sie sich nicht sehen musste.
Dabei war sie nie eine von den Frauen gewesen, die Probleme mit ihrem Körper hatten. Sie hatte sich stets wohlgefühlt in ihrer Haut und sich nichts daraus gemacht, was andere von ihr dachten – was anderes war ihr auch gar nicht übrig geblieben. Wenn man im Blickpunkt des öffentlichen Interesses stand, durfte man sich die unverhohlenen Meinungen anderer nicht allzu sehr zu Herzen nehmen. Doch jetzt lagen ihre Nerven blank, und sie zog extra weite Kleider an, um ihre üppigen Kurven zu verbergen.
Schließlich hatte sie sich selbst so sehr davon überzeugt, unansehnlich geworden zu sein, dass sie aufgab, Sam verführen zu wollen. Also warf sie das Handtuch und ergab sich in das Unvermeidliche. Wahrscheinlich würde er sich eine andere Frau suchen, die ihn sexuell befriedigen würde. Sie würden eben eines jener Ehepaare sein, das den Anschein auch dann noch aufrechterhalten wollte, wenn alle anderen die Wahrheit längst erkannt hatten. Die Leute würden hinter vorgehaltener Hand über sie reden. Sams Freunde würden Anne gegenüber freundlich tun und lästern, sobald sie ihnen den Rücken zukehrte.
Arme Prinzessin Anne, würden sie sagen. Sie bekommt gar nicht mit, wie er sie zum Narren hält.
Diese Vorstellung versetzte ihrem ohnehin gebrochenen Herzen einen zusätzlichen Stich.
Mit jedem Abend war Anne immer früher zu Bett gegangen. Sam wunderte sich also nicht darüber, als er um neun Uhr abends von der Arbeit nach Hause kam, dass sie sich bereits in ihre gemeinsame Suite zurückgezogen hatte.
Nachdem er in der Küche noch etwas gegessen hatte, sprach er noch kurz mit Chris über die Konferenz, die sie heute so lange beschäftigt hatte. Danach ging Sam nach oben. Er erwartete, dass Anne bereits schlief, doch stattdessen fand er das Bett leer vor. Als er zum Wandschrank ging, um sich umzuziehen, hörte er die Dusche im Bad. Die Badezimmertür war einen Spaltbreit offen, und Sam widerstand der Versuchung, hineinzuspähen, um einen Blick auf Anne zu erhaschen.
Trotz allem fühlte er sich immer noch sexuell angezogen von seiner Frau und begehrte sie mit einer Intensität, die ihn manches Mal zu verzehren drohte. Oft musste er deswegen kalt duschen und wachte mitten in der Nacht schweißgebadet auf.
Neben ihr zu liegen, ohne sie berühren zu können, war eine qualvolle Erfahrung. Ihm hatte es einiges abverlangt, ihren Annäherungsversuchen zu widerstehen. Er fand es einfach nicht fair, mit ihr zu schlafen und sie hoffen zu lassen, dass die Dinge sich zwischen ihnen geändert hätten. Denn das stimmte nicht.
Er wusste, dass sein Verhalten sie traurig machte, aber das war überhaupt nicht seine Absicht – obwohl Anne das sicher glaubte. Seitdem sie zusammen waren, hatte er auf gegenseitiges Verständnis gehofft, das ihnen beiden ein friedliches Miteinander ermöglichte. Aber sein Leben war alles andere als friedlich.
Jetzt war es schon beinahe zwei Wochen her, dass sie zum letzten Mal versucht hatte, ihn zum Sex zu bewegen. Sie hatte sogar aufgehört, sich vor seinen Augen umzuziehen. Zunächst hatte Sam das als Erleichterung empfunden, doch je mehr Zeit verging, ohne dass er sie berühren oder betrachten konnte, desto mehr begehrte er sie. Nachgeben durfte er aber auf keinen Fall – würde er mit ihr schlafen, würde er einen noch größeren Schaden anrichten.
Er näherte sich der Badezimmertür und überlegte, ob er sie wie zufällig mit dem Ellbogen aufstoßen sollte, während er seine Anzugjacke
Weitere Kostenlose Bücher