Was sich liebt das raecht sich - Roman
entschuldigt hatte, hatte sie erkannt, dass eine Trennung einfach nicht in Frage kam. Judd war wie besessen davon, niemals etwas aufzugeben, was er als sein Eigentum betrachtete, und so ließe er auch seine Frau nicht einfach kampflos gehen.
Es war zwar Januar, allerdings litt Kalifornien unter einer Hitzewelle, und Kitty ging der düstere Gedanke durch den Kopf, wie es mit ihr weitergehen würde, wenn sie erst mal in der Fremde war. Sie war in Boston aufgewachsen, als eine der »Boston Delawares«, einer unglaublich wohlhabenden Familie, die diverse Unternehmen und die halbe Stadt besaß. Doch seit sie mit achtzehn Mrs Harrington geworden war, hatte sie hier in Los Angeles gelebt, und ihre Familie war das Wichtigste, was es für sie in ihrem Leben gab.
»Meinst du, du kommst in England klar, Mum?«, fragte Elliot in besorgtem Ton.
Kitty hoffte, dass ihr Nicken überzeugend war. Natürlich käme sie in England klar, denn sie hatte schließlich keine andere Wahl. Judd war nicht mehr der Mann, mit dem sie vor den Traualtar getreten war: Er war noch genauso charismatisch, beherrschte noch immer sofort jeden Raum und hatte noch immer den ein wenig arroganten britischen Akzent, von dem sie wie die meisten Amerikaner einfach hingerissen war, zugleich jedoch hatte sie schon vor langem akzeptieren müssen, dass er ein Tyrann
war, der sie ein ums andere Mal betrog, weil er offenkundig einzig ihres Reichtums wegen überhaupt jemals die Ehe mit ihr eingegangen war. Wenigstens hatte sie ihre Kinder, dachte sie, auch wenn ihr Zweitältester, Ace, nicht mit nach England kam. Er musste in den Staaten bleiben, weil er NASCAR-Fahrer war, doch sie hoffte, dass er rechtzeitig nach seinem Training kam, um sie zu verabschieden, bevor ihr Flieger ging. Ace würde ihr am meisten fehlen, wenn sie erst in England war. Als Kitty auf ihren Garten sah, der ihr ganzer Stolz war, trübten Tränen ihre Sicht. Dafür, dass Judd sie alle einfach gnadenlos entwurzelte, sollte er in der Hölle schmoren.
Ace umklammerte das Steuer seines heißgeliebten Stockcars, trat das Gaspedal bis auf den Boden durch, und die Reifen quietschten protestierend, während er um die Kurve schoss. Er aber behielt die Nerven und umrundete geschickt die anderen Fahrzeuge auf dem Trainingsparcours.
Er stieß einen aufgeregten Jauchzer aus, als der Wagen direkt neben ihm vom Weg abkam, sich einmal um sich selber drehte und mit rauchendem Motor zum Stehen kam. Der dreiste Kerl hatte die Kurve einfach viel zu eng genommen, dachte Ace, riss das Lenkrad herum und wich im letzten Augenblick dem Wagen aus, der in wildem Zickzack quer über die Piste schoss. So hatte auch er selbst des Öfteren geendet, aber dieses Jahr würde es anders werden, wusste er. Ihm war klar, die Leute sahen ihn als reichen Playboy an, der nicht nur seinen Sport, sondern auch die exklusive Wohnung in Bel Air von seinem Vater finanziert bekam und es als Fahrer nicht verdiente, so im Rampenlicht zu stehen. Seine Liebe zur Gefahr und zur Geschwindigkeit hatte ihm den Ruf eines Wildfangs eingetragen, eines jungen Mannes, der den Sport nicht wirklich ernst nahm und einfach zum Vergnügen fuhr.
In Wahrheit allerdings wünschte sich Ace nichts mehr, als sich endlich aus der eisernen Umklammerung des Vaters zu befreien, indem er ein Rennen gewann und das hohe Preisgeld ausbezahlt bekam. Vor allem hoffte er, ihn durch einen Sieg endlich einmal stolz auf sich zu machen, was praktisch unmöglich war. Denn Judd verlangte nichts Geringeres als Perfektion. Er akzeptierte keine Ausreden wie »Formtiefs« oder so, und nicht einmal der schlimme Unfall Ende letzten Jahres war für ihn ein Grund, es etwas vorsichtiger anzugehen. Judd hatte ihm nach seinem Crash heftige Vorwürfe gemacht, weil er nicht konzentriert genug gefahren war, und Ace hatte es vorgezogen, ihm den wahren Grund des Unfalls zu verschweigen, da er wusste, dass sein Vater unerbittlich war.
Ace verstärkte seinen Griff ums Lenkrad und sah reglos geradeaus. Dies würde sein großes Jahr. Er würde es dem Team, den Fans und Judd beweisen, dass er ein hervorragender Fahrer war. Er würde ein ums andere Mal die eine Stunde östlich von L. A. gelegene Rennstrecke besuchen, dort trainieren und sich während des nächsten Rennens voll und ganz aufs Fahren konzentrieren, damit sein Traum vom Sieg endlich in Erfüllung ging.
Gott, er liebte Autorennen, dachte er und nickte seinem besten Freund und Teamkollegen zu. Jerry hatte bereits Schluss gemacht, saß
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