Was soll denn aus ihr werden?
zurückwich und doch wie festgebannt vor dem Bilde stand. »Wie eine Königin, o wie schön! Und doch – was war es denn, das zugleich so anziehen und so erschrecken konnte?« fragte sich Dori. Etwas wie Verachtung schaute aus den Augen und um den Mund war der verächtliche Zug noch deutlicher, ja Verachtung lag in diesem Blick. – »Ja, ich glaube es wohl von einer solchen Frau, und besonders, wenn sie jemand ansieht, wie ich bin«, sagte Dori bei sich. Sie legte schnell das Etui wieder hin.
Als Dori später mit ihrer Mutter am Mittagstisch zusammen saß, waren beide schweigsamer als gewöhnlich. Jede von ihnen mußte wohl ihren eigenen Gedanken nachhängen.
Plötzlich sagte Dori: »Mutter, ich habe ein Bild gesehen; ich glaube, es war die Frau unsers Herrn Doktors.«
»So, sieht sie gut aus?« fragte die Mutter.
»Gut? Nein, schön, aber zum Fürchten«, meinte Dori.
Beide schwiegen wieder.
»Dori«, fing nun die Mutter nach einiger Zeit an, »wenn wir abgeräumt haben, muß ich mit dir reden.«
Dori lachte: »Nun fängst du auch noch an wie Niki Sami. Der sagte gestern alle paar Schritte weit, nunmüßten wir miteinander reden, und wenn wir einmal anfingen, so kam gar nichts Besonderes heraus. Hast du denn etwas Besonderes zu sagen, Mutter?«
»Ja, etwas Besonderes, das kann ich wohl sagen«, meinte die Mutter.
Nun fing es Dori sehr zu wundern an, was sie hören sollte. Schnell räumte sie alles weg, nahm ihre Arbeit zur Hand und setzte sich der Mutter gegenüber auf ihren Platz am Fenster. »So, nun fang an, Mutter«, sagte sie erwartungsvoll.
Dorotheas Gedanken waren in großer Unruhe auf und nieder gegangen, seit Niki Sami mit ihr gesprochen hatte, und ihre innere Aufregung nahm zu, je näher der Augenblick kam, da sie diese Unruhe nun auch ins Herz ihres Kindes werfen mußte, denn daß es so kommen würde, dessen war sie gewiß. Aber es mußte nun sein. Sie legte ihre Arbeit weg, schaute in die offenen Augen ihres Kindes und sagte: »Dori, der Vetter Niki Sami begehrt dich zur Frau.«
Ein großes Erstaunen stieg in den glänzenden Augen auf, die immer noch erwartungsvoll auf die Mutter gerichtet waren, so als sollten weitere Mitteilungen kommen. Es kamen aber keine mehr. »Hast du ihm gleich gesagt, Mutter, daß er nicht solche Sachen aufbringen soll, wenn wir wieder zusammenkommen sollen?« fragte Dori in völlig ruhiger Weise.
»Nein, nein, das habe ich gewiß nicht getan«, entgegnete Dorothea ängstlich, von einer neuen Sorge befallen. »Wie kannst du auch so leichthin antworten auf eine so ernste Frage, die dein ganzes Lebensglück betrifft. Das mußt du nicht tun, Dori, das ist nicht recht. Erst mußt du alle Seiten der Sache erwägen, manchen Tag lang, und mußt dir alles vorsagen, wie dir dies und jenes vorkommt, wenn du so für das ganze Leben einen Entschluß fassen sollst, und dann mußt du beten darüber, daß du dich nicht täuschest und nicht irrest, und dann erst mußt du entscheiden.«
»Wenn es so zugeht, wenn man heiraten soll«, sagte Dori lebhaft, »daß man erst wochenlang nachsinnen muß, und dann erst nicht weiß, ob man sich täuscht und irrt, dann will ich erst recht nichts davon wissen. Hast du es so machen müssen, Mutter, wie der Vater dich gefragt hat?«
»O nein, Dori, o nein, das war ja so anders!« rief Dorothea mit strahlenden Augen aus, denen aber plötzlich große Tränen entfielen. »O Dori, das war so ganz anders! Ich wußte im Augenblick, daß ich mit diesem Manne in eine Wüste zöge, wenn er es wünschte, von allem weg, das mir sonst lieb war, so lieb war er mir. O, er hatte ja kaum die Frage getan, so fühlte ich, daß ich so glücklich war, wie ich es gar nicht aussprechen konnte, so war's. Nur ein Wunsch war noch in meinem Herzen, ein einziger: daß ich ihn nur so glücklich machen könnte, wie er mich machte. Es gab nichts, gar nichts, das ich nicht gern darum gegeben hätte.«
Dori schaute nachdenklich die Mutter an. »Ich dachte, so müßte es sein«, sagte sie dann ruhig. »Siehst du, Mutter, so sicher, wie du wußtest, was du tun wolltest, so sicher weiß ich auch, was ich nie und nimmer tun werde; es braucht kein langes Besinnen für mich. Mit Niki Sami zusammenleben vom Morgen bis am Abend und immerzu, das ist kein Lebensglück, in einer Stunde habe ich schon mehr als genug davon. Nicht an einem einzigen Ding haben wir dieselbe Freude; was mir lieb und wert ist, das ist ihm gleichgültig, er kennt es nicht und will nichts davon wissen, und was
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