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Was soll denn aus ihr werden?

Was soll denn aus ihr werden?

Titel: Was soll denn aus ihr werden? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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fühlte sich jetzt völlig seiner Lage gewachsen. »Base Dorothea«, sagte er in entschlossenemTon, »ich will heiraten, ich will Eure Tochter zur Frau nehmen.«
    Dorothea ließ vor Überraschung ihre Arbeit in den Schoß fallen. Sie konnte eine ganze Weile kein Wort sagen. Endlich brachte sie mit halber Stimme heraus: »Nimm's nicht übel, daß ich gar nichts sagen kann. Du hast mich so überrascht, Vetter, ein solcher Gedanke ist mir noch gar nie gekommen, mir ist so, als sei Dori eben noch ein Kind gewesen. Hast du schon mit ihr davon geredet?«
    »Nein, das müßt ihr nun tun, Base. Aber ihr wißt ja wohl, was sie bei mir zu erwarten hat, Haus und Hof und Güter sind, denk ich, in Ordnung, man darf davon reden, und daß gute Briefe im Schrank liegen und nicht wenige, das kennt ihr schon von meinem Vater her. Ihr müßt der Tochter das recht sagen, und daß sie ein Herrenleben führen kann, wie keine einzige hier in Schuls, das kann ich Euch schon sagen.«
    »Hast du schon mit dem Paten geredet?« fragte Dorothea wieder.
    »Freilich hab' ich, der ist so dafür, daß es ihm lieber ist, wir machen morgen Hochzeit, als erst übermorgen.«
    »Ach Gott!« rief Dorothea ganz erschrocken aus, »wir wollen doch nicht von der Hochzeit sprechen, da sind wir doch noch weit, weit davon!«
    »Kommt schon«, sagte Niki Sami, indem er aufstand. Er war so befriedigt von seiner Lösung der Ausgabe, die ihm obgelegen hatte, daß er sogleich dem Paten Bericht erstatten und auch der Base gleich Raum geben wollte, daß sie an die ihrige gehen konnte, denn Dori mußte nun bald wieder erscheinen. »Sagt ihr alles recht, Base, und auch, daß ich im Ernst noch an keine andere gedacht habe, als an sie, das wird ihr wohl recht sein. Und sagt ihr, daß sie's haben kann, wie sie will, sie kann nur befehlen, und sagt ihr's recht, wie alles steht im Haus und überall. Morgen will ich wiederkommen, dann wird sie wohl die Antwort fertig haben.«
    »Nein, nein, morgen noch nicht«, rief Dorothea mit neuem Schrecken. »Wer könnte so schnell entschlossen sein! Sie muß sich doch besinnen! Man muß doch Zeit haben, nachzudenken! Komm nicht, bis ich berichte, tu mir den Gefallen, Niki Sami, sieh, ich zittere an allen Gliedern vor Aufregung. Die Sache ist ja so wichtig! Siehst du, ich muß Zeit haben, und Dori muß auch nachdenken, ich schicke Bericht.«
    Niki Sami mußte einwilligen, er sah wohl, wie ernst die Base die Sache nahm. »Ihr schickt sicher bald Bericht«, sagte er, sich noch einmal umwendend, »die weiß schon, was sie will, sie ist nicht so unentschlossen.« Dann ging er.
    Unterdessen hatte im Zimmer über der Wohnstube Dori die Aufgabe zu lösen, Stücke aus der deutschen Poesie ins Italienische zu übertragen, denn Doktor Strahl blieb dabei, daß es ihm von großem Wert sei, zu sehen, wie Dori die Worte stelle, da ihr Ohr für die italienische Sprache wohl geübt war. Dori hatte ein feines Gefühl für diese Sprache, aber für die deutsche nicht weniger, ihr Vater hatte sie zuerst mit dieser vertraut gemacht. Sie hatte die Stelle übersetzt:
    Schon erquickt uns wieder
Das Rauschen dieser Brunnen.
Schwankend wiegen die jungen Zweige sich im Morgenwinde.
Die Blumen von den Beeten schauen uns
Mit ihren Kinderaugen freundlich an.
Der Gärtner deckt getrost das Winterhaus
Schon der Zitronen und Orangen ab.
Der blaue Himmel ruhet über uns,
Und an dem Horizonte löst der Schnee
Der fernen Berge sich in leisen Duft.
    Plötzlich sagte sie ganz wehmütig: »O, nun ist es gar nicht mehr dasselbe; diese schönen Worte wollen wir nicht mehr übersetzen, es ist so schade!«
    Doktor Strahl lächelte: »Sie haben recht, solche Poesieals Übersetzungsstück zu gebrauchen, ist nicht richtig; wir Nehmen was anderes.« Er stand auf und ging ins Nebenzimmer, wo er in seinem Schrank herumsuchte.
    Auf dem Tisch, an dem Dori saß, lag eine Menge von Büchern aufeinander; dazwischen Briefe und Schriften. Auf diesen stand ein kleines Samtetui, eben fielen Doris Augen darauf; es war nur halb geschlossen, es mußte ein Bild sein. Hob man den Deckel nur noch ein wenig in die Höhe, so konnte man es sehen. Das durfte sie gewiß tun, war es doch gar nicht geschlossen, dachte sie, und hob ihn schnell auf. Unwillkürlich entfuhr ihr ein halblautes »O!« Eine blendend schöne Frau schaute sie aus dem Bilde an. Unter dem glänzend schwarzen Haar und den dunkeln Wimpern blickten zwei strahlende Augen so beherrschend, so siegend auf Dori herab, daß sie fast scheu

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