Was starke Männer schwach macht
vor. „Vielleicht handelt es sich ja um Bradys Erben. Er hat irgendwann mal eine Schwester erwähnt.“
„Tony, das übernimmst du.“ Priscilla versetzte ihrem Freund einen Stoß.
„Und warum ausgerechnet ich?“
„Weil es Frauen sind. Falls du es bisher noch nicht gemerkt hast … du hast eine gewisse Wirkung auf das weibliche Geschlecht.“
Otis und Ethan brachen in lautes Gelächter aus. Tony warf ihnen einen missmutigen Blick zu. Was auch immer er für eine Wirkung auf Frauen hatte, sie hielt nie lange an. Seine bisher längste Beziehung hatte gerade mal zwei Monate gedauert.
„Frag die beiden einfach, wer sie sind“, beharrte Priscilla. „Ob sie zum Beispiel mit Brady verwandt sind. Und was für Pläne sie mit der Bar haben. Vielleicht kannst du sie ja dazu überreden, sie an jemanden zu verkaufen, der alles beim Alten lässt.“
„Warum sprichst du eigentlich nicht mit ihnen, Ethan?“, wandte Tony ein. „Du bist doch der Überzeugendste von uns allen.“
„Stimmt, er hat sogar Kat dazu gekriegt, ihn zu heiraten“, bemerkte Otis trocken. „Dabei hätte sie es erheblich besser treffen können.“
Wie immer bei der Erwähnung des Namens seiner schönen jungen Frau schwoll Ethan die Brust vor Stolz. Er und Kat hatten vor knapp einem Monat geheiratet. „Okay, ich mach’s“, sagte er.
Doch genau in diesem Augenblick ging die Tür zu Brady’s auf, und eine der beiden Frauen kam heraus und ging den Bürgersteig hinunter.
Selbst aus der Entfernung konnte Tony erkennen, dass sie absolut umwerfend aussah – groß, schlank und mit im Wind wehenden goldblondem Haar. Sie trug ausgeblichene knackige Jeans und ein enges kurzes Oberteil, das ihre schmale Taille und ihre wippenden Brüste betonte.
Sie riss das Verkaufsschild ab, rollte es zusammen und marschierte wieder in die Bar zurück.
„Warte!“, rief Tony spontan. „Ich habe es mir anders überlegt. Ich rede mit ihr.“
„Sieh mal einer an“, witzelte Priscilla. „Tony ist mal wieder auf der Pirsch.“
Er warf ihr einen genervten Blick zu. „Daralee und ich haben uns gerade erst getrennt!“, empörte er sich. „Du glaubst doch wohl nicht im Ernst, dass ich schon bereit für jemand anders bin?“
Tonys Kollegen mussten so heftig lachen, dass Otis fast zusammengebrochen wäre und Ethan sich irgendwo festhalten musste.
„Was soll das?“, fragte Tony aufgebracht. „Macht ihr euch etwa über mein katastrophales Liebesleben lustig?“
„Katastrophal? Bei dir geben sich doch die Frauen die Klinke in die Hand“, sagte Ethan. „Wie lange bist du jetzt von Daralee getrennt? Eine Woche?“
„Das mit uns war etwas ganz Besonderes“, gab Tony zurück. „Ich habe wirklich geglaubt …“ Er verstummte abrupt. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt zum Trauern. Die Frau mit dem goldblonden Haar da drüben war zweifellos die neue Besitzerin des Brady’s, und irgendjemand musste dringend mit ihr reden, bevor sie den Laden womöglich komplett umkrempelte.
„Lasst euch eine Ausrede für Captain Campeon einfallen, falls er bemerkt, dass ich nicht da bin“, sagte er und rannte aus der Wache.
Zielstrebig schlängelte er sich durch den Verkehr hindurch, der umwerfenden – und noch nichts von ihrem Schicksal ahnenden – Göttin auf der anderen Straßenseite entgegen.
Brady’s Tavern lag in einem etwa hundert Jahre alten zweigeschossigen Gebäude, dessen Ziegelfassade aussah, als habe sie seit der Ära der Kohleöfen noch nie einen Sandstrahler gesehen. Unter dem Dachfirst nistete ein Taubenschwarm, um dessen Hinterlassenschaften sich kein Mensch kümmerte.
Die Bartür war nicht abgeschlossen. Als Tony sie öffnete, schlug ihm ein Schwall heißer, stickiger und schal nach Bier riechender Luft entgegen. „Hallo?“, rief er. „Ist jemand da?“
Ein halbwüchsiges Mädchen hüpfte auf ihn zu. „Hi. Wer sind Sie denn?“
„Tony. Ich arbeite in der Feuerwache auf der anderen Straßenseite. Bist du die neue Besitzerin des Brady’s?“
Sie nickte. „Na ja, eigentlich gehört die Bar meiner Mom. Ich finde es hier total cool. Spielen Sie Shuffleboard?“
„Ich spiele nicht nur, ich war sogar zwei Mal hintereinander Champion. Wer ist denn deine Mom?“ Tony nahm an, dass es sich dabei um die Frau handelte, die das Verkaufsschild entfernt hatte.
„Sie ist Bradys Schwester … war … wie auch immer.“
„Dann war Brady also dein Onkel? Es muss schrecklich für dich gewesen sein, ihn so plötzlich zu verlieren. Er war ein
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