Was Top-Unternehmen anders machen
davon aus, dass sehr unterschiedliche Ursachen dafür verantwortlich sind. Trotzdem wollen wir an dieser Stelle zwei unserer Meinung nach sehr bedeutende Einflussdimensionen, die sich in gewisser Weise gegenseitig bedingen, kritisch betrachten:
das Selbstverständnis der Entscheidungsträger
der wachsende Druck der Kapitalmärkte
Das Selbstverständnis der Entscheidungsträger
Jack Welch hat es vielleicht am treffendsten auf den Punkt gebracht, als er sich mit der Frage des Führungsverständnisses beschäftigte. Er wies immer wieder darauf hin, dass âthe world of the 90es and beyond will not belong to mangers or those who can make the numbers dance. The world will belong to passionate, driven leaders â people who not only have enormous amounts of energy but who can energize those whom they lead.â 24 Nicolas G. Hayek, Swatch-Gründer und Uhrenlegende, schlug in die gleiche Kerbe, als er über die Situation in vielen Unternehmen reflektierte: âWir brauchen wieder Unternehmer mit Pioniergeist und nicht nur Manager, die das Bestehende zugrunde verwalten.â
Diese Sichtweisen fügen sich nahtlos in die Arbeiten von Hans Hinterhuber. In seinem Buch âLeadershipâ merkt er treffend an: âDie Attraktivität, die Gewinn- und Wachstumsperspektiven, die ein Markt aufweist, ist wichtig, sie erklärt aber nur zu einem Teil den Erfolg eines Unternehmens. Die Attraktivität des Marktes ist mit dem Wind vergleichbar, der in die Segel bläst: Unter günstigen Verhältnissen kann jeder segeln. Unter widrigen Verhältnissen sind jedoch erfahrende Kapitäne, d. h. Leadership und Strategie für das Erreichen des Zieles entscheidend. Leadership bedeutet, herauszufinden, wohin der Wind bläst, mit Windstillen zu rechnen und durch pro-aktives Verhalten in einer Flaute noch stärker zu werden. Nicht der Wind, sondern die Segel bestimmen den Kurs. Die Segel sind Leadership und Strategie.â 25
Hinterhuber arbeitet in diesem Kontext auch die Unterschiede zwischen Leadership und Management heraus. Im Kern weist er darauf hin, dass Leader immer versuchen, neue Paradigmen zu schaffen, und dabei die Fähigkeit besitzen, Mitarbeiter anzuregen, zu inspirieren und sie in die Lage zu versetzen, neue Möglichkeiten zu entdecken und umzusetzen sowie sich freiwillig und begeistert für die Verwirklichung gemeinsamer Ziele einzusetzen. Manager tendieren im Vergleich dazu wesentlich stärker dazu, innerhalb bestehender Paradigmen zu arbeiten, und versuchen, alles zu tun, um die optimalen Lösungen innerhalb dieses Paradigmas zu realisieren.
Folgt man diesen Gedanken, so könnte man daraus schlieÃen, dass der GroÃteil der Führungskräfte seine verantwortungsvollen Aufgaben in den Unternehmen ohne den entsprechenden Weitblick, mit fehlender Veränderungs- und unzureichender Risikobereitschaft wahrnimmt. Wenn man sich die Frage stellt, wieso sich dieses âFührungsparadigmaâ in den letzten Jahren möglicherweise so stark ausgebreitet hat, dann liegt vermutlich eine Antwort im wachsenden Druck des Kapitalmarkts, der Führungskräfte mehr zu kurzfristiger Effizienz und Performance als zu langfristigem Erfolgspotenzial und Investitionen zwingt. Die Idee des Shareholder-Values hat sich auch in Europa weitgehend durchgesetzt. 26 Die internationalen Kapitalverkehrskontrollen wurden bereits seit den 1970er-Jahren abgebaut, das europäische Binnenmarktprogramm wurde Mitte der 1980er-Jahre gestartet, der Euro als Binnenwährung eingeführt, und die europäische Wettbewerbspolitik forderten umfangreiche Kapitalmarktreformen â alles wesentliche Rahmenbedingungen, die die internationale Transparenz der Kapitalmärkte förderte und Kapitalbewegungen erleichterten. Der Druck, hohe Renditen für die Anleger zu erwirtschaften, stieg. Gleichzeitig zeichneten sich Ãnderungen in den Führungsetagen deutscher Unternehmen ab. Die Einführung von Stock-Options, eine Beschleunigung des Führungswechsels in Unternehmen und immer mehr Finanzökonomen und Absolventen von Elite-Business-Schools verstärkten die Ausrichtung am Shareholder-Value und beschleunigten die Einführung von wertorientierten Managementkonzepten. 27 Da wir den Shareholder-Value-Ansatz für einen der gefährlichsten Management-Irrtümer der letzten Jahrzehnte halten, möchten wir ihn an dieser Stelle ausführlicher diskutieren.
Der Einfluss
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