Was Top-Unternehmen anders machen
bei jeder Verdoppelung der kumulierten Produktionsmenge sinken die Stückkosten auf 50 %. Bei einem Bekleidungshersteller konnten wir einen Erfahrungskurveneffekt von 65 % errechnen. In der Automobilproduktion geht man davon aus, dass man erst mit einer Jahresproduktion von 100.000 Stück die Economies of Scale erreicht, die für die globale Wettbewerbsfähigkeit notwendig sind. 82
In allen Fällen, in denen sich das Volumen stark auf die Kosten auswirkt und in denen Anbieter vor allem über eine Kostenführerschaftsstrategie auf dem Gesamtmarkt tätig sind, ist die Marktposition ausschlaggebend.
Insgesamt darf jedoch nie vergessen werden, dass die strategische Bedeutung von Erfahrungskurveneffekten immer aus zwei Blickwinkeln betrachtet werden muss. Zum einen muss das Erfahrungskurvenkonzept immer im Kontext der Branche gesehen werden, in der man tätig ist. Darüber hinaus ist es aber auch notwendig, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, in welchen Marktsegmenten man in der jeweiligen Branche denn tatsächlich agiert bzw. agieren will. Für den Nischenanbieter Porsche spielen andere GröÃen in den anzustrebenden Erfahrungskurveneffekten eine Rolle als für Toyota. Diese differenzierte Betrachtung der Erfahrungskurveneffekte betrifft insbesondere auch die Mehrheit der Klein- und Mittelunternehmen. Sie sind oft in klar definierten Nischen tätig, und die Grundstrategie ist meist die Differenzierung.
Unsere Studienergebnisse zeigen zwar eindeutig, dass die Marktposition unbestritten einen wichtigen Einfluss auf den Erfolg hat (à = 0,21***). Noch wesentlicher ist aber die Einzigartigkeit in Form von Kernkompetenzen; diese hat einen direkten Effekt (à = 0,28***) und einen indirekten Effekt â über den Innovationserfolg (à = 0,20*** und (à =.14***) â auf den Unternehmenserfolg (siehe Abbildung 2.1).
Einzigartigkeit ist also vielfach wichtiger als GröÃe. Fredmund Malik meint sogar: âGröÃe ist zunehmend unwichtig ⦠Die Umständlichkeiten der groÃen Unternehmen, ihre Bürokratie, die Orientierungslosigkeit der mittleren Managementebenen, ihre Langsamkeit usw. paralysieren die GröÃenvorteile.â 83
Clayton Christensen, Professor an der Harvard Universität, weist ebenso auf die Fallen âungezügeltenâ Wachstums hin: Unternehmen müssen, auch bedingt durch das Shareholder-Value-Denken, wachsen. Je gröÃer die Unternehmen sind, umso schwieriger wird es, in kleine, neu entstehende Märkte einzutreten, weil sie â zumindest in der ersten Phase â nicht genügend Wachstumspotenzial bieten. Braucht ein 50-Millionen-Euro-Unternehmen einen zusätzlichen Umsatz von 20 Millionen, um eine zehn-prozentige Wachstumsrate zu erreichen, reicht einem Fünf-Millionen-Euro-Unternehmen bereits ein Zwei-Millionen-Markt für die gleiche Wachstumsrate. Daher versetzen sich groÃe Unternehmen oft in eine Position des Wartens, bis der neue Markt groà genug ist, um interessant zu sein. Dann ist es aber oft zu spät. Kleine Unternehmen haben den Markt bereits mit einer Innovation besetzt. Dieses Phänomen war beispielsweise bei der digitalen Fotografie, bei den Handhelds, den Musikdownloads ebenso wie bei der Minimill-Stahl-Technologie oder den hydraulischen Baggern zu beobachten. In all diesen Fällen hatten die etablierten Unternehmen mit der bewährten Technologie zu lange gezögert, da die neu entstehenden Märkte zu klein waren und zu wenig Wachstumspotenzial boten â bis zumeist kleine Innovatoren mit einer völlig neuen Technologie den Markt für sich besetzten. 84 Kodak, der Erfinder der Digitalkamera, ist wohl das aktuellste Beispiel.
An dieser Stelle muss man sich noch einmal die gesamte Dynamik vor Augen führen, die letztlich die erfolgreichen Unternehmen zu dem macht, was sie sind. Dadurch wird offensichtlich, dass diese Dynamik nur dann entstehen kann, wenn der GroÃteil der Mitarbeiter bereit ist, Teil dieser Dynamik zu sein. Folgt man diesem Gedanken, dann wird die zentrale Bedeutung der Unternehmenskultur augenscheinlich.
Doch was steckt hinter dem Begriff âUnternehmenskulturâ und warum ist die Art der Kultur nun wirklich so entscheidend für den Erfolg? Mary Douglas 85 , eine Anthropologin, liefert dazu sehr aufschlussreiche Antworten. Für sie ist Kultur im Kern das, was einer Gruppe wichtig ist. Dabei geht es um wesentlich mehr als um
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