Was uns glücklich macht - Roman
Essen ist für die Besucher, aber ich habe mich nie davon bedient. Katherine auch nicht, meist ist ihr nach der Behandlung übel, und sie fühlt sich müde und durchgefroren. Sie legt sich immer eine große Kaschmirdecke um die Schultern und eine Steppdecke auf die Beine. Heute nahm ich mir Kaffee und sah mir die anderen Patienten an. Manche dösten, andere lasen, manche hörten Musik. Krank wirkten nicht viele. Sie sahen lebendig aus, und Katherine auch.
Nachdem ich ihr von meinem Date mit Andrew erzählt hatte, schob Katherine sich die Lesebrille ganz nach vorn auf die Nasenspitze, wie eine Lehrerin, die eine schwierige Frage stellen wollte.
»Warum um alles in der Welt hast du denn nicht mit ihm gevögelt?«, fragte sie zu laut.
Ich sagte: »Psst!« und sah mich um. Niemand sah uns an. Wenn ein Patient sie gehört hatte, war es nicht offensichtlich.
»Bitte, Katherine«, sagte ich, »zeig doch ein bisschen Stil.«
»Bitte, Samantha«, sagte sie und äffte meinen Ton nach, »ich habe im Augenblick andere Sorgen als die Wahrung von Anstand und Sitte.«
»Um deine Frage zu beantworten«, sagte ich, »es war weder der richtige Ort noch der richtige Zeitpunkt.«
»Hör zu«, sagte sie. »Aufgrund eurer ganzen Geschichte wäre es doch genau das Richtige gewesen, es im Haus deines Vaters zu tun, und wenn er so attraktiv ist, wie du sagst, bin ich mir nicht sicher, ob es überhaupt einen falschen Zeitpunkt geben kann.«
»Na, wir sind heute früh aber aufgeregt«, sagte ich. »Was ist denn in dich gefahren?«
Sie erzählte von Phillips Besuch und dem Geld, dem Herpes und seinen plumpen, erbärmlichen Annäherungsversuchen, und als sie fertig war, blieb uns nur noch eines übrig.
»Meine Güte, Katherine«, sagte ich, »wir müssen feiern, und du brauchst ein bisschen Action.«
»Darauf kannst du deinen Arsch verwetten«, sagte sie, und wir lachten beide.
Dann fiel es mir plötzlich ein. »Samstagabend!«, sagte ich und schlug mir an die Stirn. »Maries Hochzeit! Abendgarderobe, alles schick, die perfekte Gelegenheit für einen kleinen Flirt. Wir müssen morgen dein Outfit besorgen.«
»Das wäre perfekt, du hast recht«, sagte sie, und ich sah wieder diesen sehnsüchtigen Blick, den sie hin und wieder bekam. Ich hörte es auch an ihrem Tonfall. Es war das »ja aber« in allem. So ist das, wenn man mit Krebs leben muss. Es gibt immer ein »ja aber«.
»Nun«, sagte ich, um die Sache voranzutreiben, »hoffentlich bist du bereit, morgen mit mir shoppen zu gehen, denn du wirst die heißeste Braut auf der ganzen Party sein.«
Katherine sah aus, als hielte sie nur mühsam die Tränen zurück. »Danke, Samantha«, sagte sie.
Das war auch ein Anzeichen dafür, dass sie traurig war. Katherine gehört zu den Leuten, die einen im Gespräch nicht oft mit Vornamen ansprechen. Wenn sie es tut, heißt das für gewöhnlich, dass sie traurig ist.
Und so wechselte ich das Thema. »Kat«, sagte ich munter, »ich möchte dir die unangemessenste Frage der Welt stellen.«
Das schien sie herauszureißen. Sie hob die Augenbrauen und wartete.
»Das ganze Geld, das Phil dir zugeschanzt hat …«
Sie beugte sich vor. »Ja?«
»Wie viel ist es denn?«
Katherine legte den Kopf schief, wie ein Hund, der einen Laut hört, den er nicht identifizieren kann. Dann lehnte sie sich zurück und begann laut zu lachen.
»Du hast recht«, sagte sie. »Äußerst unangemessen.«
»Ich weiß«, sagte sie. »Aber ich frage trotzdem.«
Sie lächelte. »Du erfährst es, wenn es so weit ist.«
»Was soll das heißen?«
»Du wirst es bald genug herausfinden.«
»Katherine, sei nicht so zu mir.«
»Das meine ich nicht«, sagte sie beruhigend. »Du wirst schon bald herausfinden, was ich meine und wie viel Geld Phil mir gegeben hat. Lange bevor mir irgendetwas passiert.«
Ich schüttelte den Kopf. »Das verstehe ich nicht.«
»Stimmt«, sagte sie kryptisch. »Aber du wirst es schon noch verstehen.«
Katherine
Ich wollte Samantha noch nichts von meinen Plänen erzählen. Bald wäre die Zeit dazu gekommen. Wenn ich in meinen zwei Jahrzehnten in der Welt des Big Business etwas gelernt habe, dann dass man Pläne am besten erst verkündet, wenn sie bereits umgesetzt sind. Wenn man es früher verrät, lässt das zu viel Raum für Fehler. Daher war es noch nicht an der Zeit, es zu sagen oder Samantha davon zu erzählen. Aber es war nicht mehr weit bis dahin.
Zuerst musste ich mich auf die Hochzeit vorbereiten. Es war wirklich süß von Marie,
Weitere Kostenlose Bücher