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Was uns glücklich macht - Roman

Was uns glücklich macht - Roman

Titel: Was uns glücklich macht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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reden, da das nur meine Pläne durchkreuzt, und zwar zu leben. Nicht einfach am Leben zu bleiben, sondern zu leben . So wie ich, und nur ich, leben definiere. Ich sage niemand anderen, wie sie das Wort definieren sollen, und ich bitte auch nicht um Rat.
    Für mich ist Glück der einzige Lebenszweck, den ich mir vorstellen kann. Etwas anderes habe ich nicht. Manche Leute verfolgen das Glück in Aufsichtsratssälen oder auf Berggipfeln, sie verbringen ihr Leben mit Verhandeln und Klettern, und mir scheint, dass sie das Glück im Profit oder in hübschen Aussichten suchen. Aber ich muss nicht weit suchen nach Glück. Ich habe es hier, um mich herum, jeden Tag, beinahe jede Minute. Ich brauche nichts zu erreichen, um mich glücklich zu fühlen. Glück ist nichts, was ich unterwegs zu vagen, weit entfernten Zielen zu finden hoffe, Glück ist Selbstzweck. Glück ist das Ziel, das einzige, das sich anzustreben lohnt, so zumindest sehe ich das, und das vermittle ich meinen Kindern die ganze Zeit. Das Einzige, was ich mir für euch wünsche, das ist, dass ihr glücklich seid. Mir ist egal, ob sie ehrgeizig, sportlich oder intellektuell sind. Mir ist egal, ob sie Arzt, Lehrer oder Müllarbeiter werden wollen, ich will nur, dass sie glücklich sind. Glücklich bis ans Ende ihrer Tage zu leben ist immer das beste Ende. Jede Geschichte, die anders endet, ist es nicht wert, erzählt zu werden, soweit es mich betrifft.
    Und so denke ich mir manchmal: Wie kann jemand es nur wagen, mir erzählen zu wollen, wie ich mein Leben leben soll?
    Den Krebs meine ich.
    Nicht Samantha. Sie liebe ich für ihre Versuche, mir zu sagen, wie ich mein Leben zu führen habe. Sie ist noch so jung, sie hat noch nicht gelernt, dass es verschiedene Denkweisen gibt, und sie ist so lieb, sich um mich Sorgen zu machen. Beides rechne ich ihr hoch an. Ich werde nicht zornig auf sie, wenn sie mich wegen meiner Entscheidungen bedrängt, was sie ohnehin immer weniger tut. Das ist schön. Jetzt können wir einfach nur Freundinnen sein. Vielleicht wird sie eines Tages Scott und die Kinder kennenlernen. Ich glaube, das würde ihr gefallen, und mir auch. Vielleicht können wir ja mal zu viert ausgehen, wenn sich die Sache mit Dr. Marks in die richtige Richtung entwickelt. Und ich habe das komische Gefühl, dass es so kommen wird.
    Eigentlich ist es weniger ein komisches Gefühl als eine Ahnung. Oder eine Glaubenssache. Irgendetwas Gutes muss sich aus dem, was ich durchgemacht habe, doch ergeben. Vielleicht ist es das. Vieleicht werden Dr. Marks und Samantha eines Tages heiraten und ein Kind bekommen, das ein brillanter Wissenschaftler wird und ein Mittel gegen Krebs entdeckt, und das wäre nie geschehen, wenn ich nicht krank geworden wäre, Samantha getroffen und sie mit Andrew verkuppelt hätte.
    Also, nicht Samantha macht mich so zornig, es ist der Krebs. Was fällt dieser Krankheit ein, diesem gruseligen, verstohlenen Monster, das ich weder sehen noch fühlen kann, einfach ungebeten hier aufzutauchen und mir all diese Veränderungen zu diktieren? Der Krebs hat eine ganze Liste von Veränderungen mit sich gebracht, die mein Leben nehmen soll, eine Liste mit Dingen, die ich tun muss, eine Liste mit Dingen, die ich nie mehr tun werde. Selbst jetzt, wo er nicht länger in mir ist, will er mir vorschreiben, wie ich mich zu verhalten habe, damit er nicht wiederkommt.
    Tja, da habe ich eine Überraschung für ihn: Ich höre nicht zu. Ich habe meine eigenen Pläne, meine eigenen Listen, und ich werde den Krebs auf meine eigene Weise bekämpfen. Wenn ich mich entschließe, eine Fahrgemeinschaft zu bilden, auf Klassenfahrten als Betreuerin mitzufahren, jeden Samstag zum Friseur zu gehen und Telefonsex mit meinem Mann zu haben, dann tue ich das, ich entschuldige mich für nichts und bei niemand, und meine Meinung ändere ich auch nicht.
    Und zu jedem, der mich verurteilt, sage ich einfach: Kümmere dich um deinen eigenen Kram.
    Und zum Krebs sage ich einfach: ZUR HÖLLE MIT DIR .
    Katherine
    Ich sehe wunderschön aus.
    Es gibt wirklich keine besseren vier Worte als diese, oder?
    Selbst Ich liebe dich ist nicht immer besser. Gott, dieses Ich liebe dich hat mir vermutlich mehr Leiden und Schmerzen eingebracht als alle anderen Worte, mit Ausnahme von Sie haben Krebs , und selbst da bin ich mir nicht sicher.
    Jetzt jedenfalls entscheide ich mich für Ich sehe wunderschön aus , weil ich das schon so lange nicht mehr gesagt oder gedacht oder mich überhaupt damit befasst

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