Was uns glücklich macht - Roman
fährt er fort. »Sie waren nie schöner als jetzt, finde ich.«
Ich grinse verwegen. »Na, vielleicht habe ich heute Abend ja Glück.«
Ein letztes Mal sehe ich mich um, dann neige ich den Kopf und setze mich neben Marie in den Wagen.
Den Großteil der kurzen Fahrt bringen wir schweigend hinter uns. Es sind nur ein paar Blocks, und es herrscht nicht viel Verkehr. Während wir durch den Central Park fahren, hält ein Taxi an einer Ampel, direkt neben Maries Fenster, ein altmodisches Checker Cab. Ich erinnere mich, dass mich meine Eltern einmal, als ich noch klein war, in die Stadt zur Weihnachtsrevue in der Radio City Music Hall mitgenommen haben. Wir sind mit dem Zug aus Connecticut gekommen und haben in der Nähe der Grand Central Station zu Mittag gegessen, Sandwich mit Eiersalat und Malzmilch, und dann rief mein Vater ein Taxi, und ich fand es so aufregend, die Klappsitzbank vom Boden hochzuklappen. Das war unser letztes gemeinsames Weihnachten, glaube ich.
Dann wird die Ampel grün, und das Taxi gleitet hinter Maries Kopf vorbei, und ich beuge mich zu ihr und bringe mein Gesicht an ihr Ohr. »Wie geht es dir?«, frage ich.
Sie zuckt mit keiner Wimper. »Ich kann es gar nicht erwarten, dort anzukommen.«
Ich lächle. So ist es richtig, finde ich. An ihrer Stelle könnte ich es wohl auch kaum erwarten.
Wir verlassen den Park, gerade als das letzte Tageslicht verblasst, und dann beginnen die Straßenlaternen zu flackern und erwachen für die Nacht zum Leben. Ehe ich es mich versehe, biegen wir in eine runde Auffahrt und fahren zum ausladenden Eingang eines eleganten Wolkenkratzers an der eleganten Central Park West.
»Wir haben einen privaten Aufzug«, sagt Marie zu Maurice und deutet auf einen zweiten Eingang um die Ecke. »Halten Sie dort, bitte.«
Dann parken wir, und Maurice steigt aus und hält uns die Tür auf. Die Luft ist kälter geworden. Ich sehe, wie sein Atem als Wölkchen unter seiner Mütze hervorweht und in den dunklen Himmel aufsteigt.
»Der Aufzug ist gleich innen«, sagt Marie zu mir. »Fahr damit hoch ins Penthouse.
»Du kommst nicht mit?«
»Ich möchte gern einen Augenblick für mich sein«, sagt sie. »Wir treffen uns dann oben.«
Ich lege ihr die Hand aufs Bein und drücke es, dann steige ich aus und streiche das Kleid über den Beinen glatt. Ich tippe Maurice auf die Schulter und deute auf das Auto, in dem Marie immer noch sitzt. »Wenn sie etwas braucht, bitte laufen Sie und besorgen Sie es ihr.«
»Natürlich«, sagt Maurice. »Und nun fahren Sie schon mal hoch, es ist kühl hier draußen.«
Bis zur Trauung ist es noch eine ganze Stunde. Es besteht kein Grund zur Eile.
Die automatischen Türen gehen vor mir auf, und ein Schwall warmer Luft kommt mir entgegen, ein scharfer Kontrast zur frischen Nachtluft. Als der Aufzug kommt, wähle ich das oberste Stockwerk und lehne mich an den Handlauf in der rückwärtigen Wand. In der oberen Ecke ist ein winziger runder Spiegel angebracht, über den Knöpfen und den Glasrahmen mit den Wartungsbescheinigungen. Ich versuche mich darin zu betrachten, aber er ist zu weit entfernt und ist auch noch verzogen, sodass er nur ein verzerrtes Spiegelbild zeigt, wie im Spiegelkabinett auf dem Jahrmarkt. Ich halte mich am Handlauf fest, tappe mit dem Fuß, höre auf das Brummen, während die Stockwerke vorüberhuschen. Dann spüre ich, wie der Aufzug langsamer wird, ein melodischer Gong ertönt, und die Buchstaben PH leuchten rot auf.
Als sich die Tür zum Apartment hin öffnet, beginnt die Musik zu spielen, genau wie bei mir zu Hause. Auf einer Bühne gegenüber der Tür befindet sich eine Band, sieben oder acht Mann stark, in Abendgarderobe, und als ich aus dem Aufzug trete, fangen sie an »Isn’t It Romantic« zu spielen. Ich liebe diesen Song.
Der Raum leuchtet in Pink und Grün, ein Kronleuchter funkelt wie Diamanten und wirft silberne und goldene Lichter in den Raum. Die Musik ist voll und laut und füllt meine Ohren, füllt meinen Kopf, sodass mir schwindelig wird, so sehr, dass ich anfangs nichts Ungewöhnliches bemerke. Mir fällt nicht auf, dass es nur eine Tanzfläche und einen Tisch gibt, wo es doch Stuhlreihen sein sollten, getrennt von einem Mittelgang, über den die Braut zum Altar schreiten sollte. Aber das alles registriere ich gar nicht, während ich langsam auf den Tisch zugehe, wo ein Mann mit dem Rücken zu mir sitzt. Er trägt Smoking, und etwas an dem breiten Rücken kommt mir entschieden bekannt vor. Und die Band spielt
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