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Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht

Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht

Titel: Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Moor
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Grundfläche. Aus Feldsteinen, wie die Mauer. In die linke Säule eingelassen |272| der nur von innen zu öffnende, bis 2000   Grad feuersichere Stahlwandtresor mit Briefeinwurfschlitz. In der rechten Säule: die Überwachungskamera mit integrierter Lichtquelle
     und panzerglasgeschützter Optik sowie «intelligentem Bewegungsmelder» – bei Tagesbewegung schaltet er nur die Kamera ein,
     bei Nachtbewegung Kamera und Licht.
    Das Tor ist mit einem nicht aufbohrbaren Zylinderschloss modernster Ausführung gesichert. Der dazugehörige Schlüssel mit eingebauten
     und codierten Nanomagneten ist fälschungssicher und zentral registriert: Bei Diebstahl oder Verlust kann er funkgesteuert
     entcodiert und damit unbrauchbar gemacht werden.
    Der zwei Meter dreißig lange Weg vom Tor zum Haus ist mit einer weiteren Kamera geschützt. Ebenfalls mit Bewegungsmelder,
     allerdings setzt dieser zweite Bewegungsmelder zusätzlich eine den ganzen Vorgarten ausleuchtende Flutlichtanlage in Gang
     sowie eine Audioanlage, die nach Aktivierung furchterregendes synthetisches Hundegebell von sich gibt. Mit anschwellender
     Lautstärke, damit die Illusion eines sich schnell nähernden Dobermanndoggenschäfermonsters entsteht.
    Das innere System wird nicht nur bei Bewegung innerhalb der Mauer aktiv, sondern auch bei verdächtigen Manipulationen am Eingangstor,
     sprich, wenn das Tor sich bewegt, ohne dass der passende Schlüssel im Zylinder steckt.
    Diese Raffinesse wurde dem Eingemauerten zum Verhängnis, als er sein Tor zusätzlich mit Elektromotoren und einem kleinen Funkempfänger
     ausstattete, um es bequem per Knopfdruck vom Auto aus öffnen zu können. Automatisch, wie von Geisterhand. Wie die Schranke
     in der Modelleisenbahnanlage. Wohl hatte er daran gedacht, das System so umzuprogrammieren, dass Flutlicht und Kamera
nicht
aktiviert wurden – obschon
kein
Schlüssel im Zylinder steckte   –,
wenn
er per
Funk
das Tor öffnete. Dies erreichte er, findig |273| wie er war, indem er einen zweiten Toröffner-Empfänger installierte, der bei Betätigung des Toröffnungs-Senders den Einschaltimpuls
     von Flutlichtanlage und Hundegebell unterdrückte.
    Nun funktionierte die Funkkommunikation zwischen diesen verschiedenen Sicherheitsinstallationen unter Verwendung jener allseits
     beliebten, weil sehr zuverlässigen Technologie, die sich auch zur Übertragung von Telefonsignalen zwischen Handys und schnurlosen
     Headsets oder Autofreisprechanlagen millionenfach bewährt hat: die Blauzahntechnik. An ihr sollte sich der Eingemauerte die
     Zähne ausbeißen.
    Sein neues Wunderwerk der «safe technology» war frisch installiert und am selben Abend von ihm getestet worden. Er war mit
     dem Auto vorgefahren und hatte auf den «open button» seines Minisenders gedrückt. Das Tor ging anstandslos auf. Er fuhr auf
     sein gesichertes Grundstück, Kamera und Flutlichtanlage taten, richtig, keinen Wank. Er betätigte den «close button», das
     Tor schloss sich und verriegelte selbsttätig. Wunderbar.
    Hernach öffnete er das Tor mit Schlüssel wieder, durchschritt es von innen nach außen und verriegelte es von dort aus. Dann
     zog er den Schlüssel ab und rüttelte am Tor, wie es ein Unhold oder ein Einbrecher oder sonst ein Bösewicht wohl tun würde.
     Prompt meldeten die Bewegungsmelder Bewegung. Die Mauerkamera schaltete sich ein, unterstützt von der integrierten Lampe.
     Zeitgleich aktivierte sich die Innenkamera, der schmale Gartenstreifen zwischen Hausmauer und Mauermauer erstrahlte taghell,
     und das virtuelle Hundevieh hob an, sich laut und gar schröcklich Gehör zu verschaffen. Man wartete geradezu auf das Geräusch
     von splitterndem Holz, wenn die Bestie in blutrünstiger Raserei ihre Zähne in das Tor schlagen würde   …
    «Ich würde da nicht einbrechen», dachte sich der Eingemauerte und war sehr zufrieden mit sich und seiner Save-maker-Anlage.
    |274| Er sah sich gerade die neuesten Terrormeldungen in den «Tagesthemen» an, da passierte es das erste Mal. Unvorhergesehen. Licht
     im Vorgarten, Hundegebell, blinkende Kameras, ALARM!!!
    Es funktionierte also. Dass so schnell der Erste in die Falle tappen würde   … Gut, dass er schon heute   … ein Lob der modernen Sicherheitstechnik   … Er warf sich zu Boden, robbte zum Klofenster, spähte hinaus, die Augen knapp über dem Fensterbrett. «Wer da?», rief er,
     obwohl der Eindringling – genauer gesagt, der zum Eindringling werden Wollende – ihn kaum hören konnte

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