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Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht

Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht

Titel: Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Moor
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Krüpki.
    «Zum Wohl», sagt Lotte.
    «Nix da, hier wird nicht ohne mich angestoßen», sagt Sonja im Herankommen und hockt sich neben Lotte auf die Bierbank.
    «Ach, die Bauersfrau ist zum Angetrauten zurückgekehrt, sehr brav!», kommentiert Krüpki. «Hör mal, Sonja, ich hab grade mit
     deinem Herrn des Hauses besprochen   …» Er erzählt Sonja von unserer Abmachung.
    Mir wird   … heimelig. Ich weiß, das klingt komisch, aber das Gefühl, das in mir aufsteigt   … Ich kenn einfach kein passenderes Wort. Da ist «Heim» drin, «zu Hause», das klingt nach Entspannung, nach «alles ist gut»,
     nach Geborgenheit. Als Zweiter nach Müsebeck, der sich offenbar nie helfen lässt, hat jetzt auch Krüpki, der große Rabauke
     im Ort, uns um Hilfe gebeten. Um Bauernhilfe! Und seinerseits Hilfe angeboten. Müsebeck, Teddy, Krüpki   … ein Netzwerk. Ein kleines, das schon, aber vom Feinsten. Verdammt, Amerika ist gut zu uns!
    «Habt ihr Müsebeck schon irgendwo gesichtet?», frage ich.
    «Ach, der kommt doch nie zu solchen Festen», antwortet Krüpki.
    Und Lotte: «Er mag das Durcheinander nicht.»
    Wieder Krüpki: «Müsebeck redet zwar ganz gerne, aber nicht mit mehr als zwei Leuten gleichzeitig.» Er lacht.
    «Heute Nachmittag war er hier», ergänzt Lotte, «und hat beim Aufbau des Scheiterhaufens geholfen mit seinem Frontlader. Aber
     kaum war die Arbeit getan, da hat er an sein Hütchen getippt, wie er es immer macht, und weg war er.»
    |267| «Tja, so ist er, der Müsebeck», sagt Krüpki.
    «Ja, so ist er wirklich», mache ich, als hätte ich mit Müsebeck schon die Grundschulbank gedrückt.
    «Achtung, es ist finster genug», schreit Krüpki, «nun heizen sie ein!»
    Ein Feuerwehrmann, eingemummt in Schutzkleidung, nähert sich dem Holzstoß. Schüttet aus einem kleinen Kanister Flüssigkeit
     hinein. Entfernt sich, stellt den Kanister ab. Nähert sich erneut mit einer brennenden Fackel in der Hand. Streckt sie hoch
     über seinen Helm und schwenkt sie hin und her wie eine Fahne. Die Gespräche verstummen, der Mann am Grill dreht die Musik
     aus. Die Aufmerksamkeit aller Anwesenden ist jetzt auf den Feuerwehrmann gerichtet. Feierlich senkt er die Flamme zum Holz
     hinab. Sie springt über, breitet sich sekundenschnell aus, eine Lohe schießt aus dem Haufen in den inzwischen blauschwarzen
     Himmel. Applaus, Bravorufe. Der Feuerwehrmann wirft die Fackel in die Flammen und entfernt sich langsam im Rückwärtsgang.
     Er sieht aus wie ein Science-Fiction-Krieger, der dem Herrscher der Sterne soeben die Nachricht von einer gewonnenen Schlacht
     überbracht hat. Jetzt bleibt er stehen, das Gesicht immer noch den Flammen zugewandt. Er nimmt den Visierhelm ab. Eine Kaskade
     feuerroter Haare quillt darunter hervor und ergießt sich über seine Schultern.
    «Helena», sagt Sonja, «die Tochter von Schwester Alma.»
    Ich bin beeindruckt. «Kennst du ein einziges Dorf außer Amerika, wo der Feuerwehrhauptmann eine -hauptfrau ist?», frage ich.
    «Keines», sagt Sonja, sie reißt ihren Blick keine Sekunde los von Helena. «Und falls es eines geben sollte, dann bestimmt
     nicht mit
so
einer Hauptfrau.»
    Helena schält sich aus ihrem Schutzoverall. Modisch geschnittene Jeans kommen zum Vorschein, ein grasgrüner Pullover. Die |268| Schöne formt den Schutzanzug zu einer Rolle und wirft ihn einem Jungen zu, der in seinen Feuerwehrklamotten fast versinkt.
    «Fang!», ruft sie. «Bring ihn mir bitte zur Ausrüstung.» Der Junge fängt, blickt Helena bewundernd an, dreht ab und stiefelt
     gehorsam Richtung Feuerwehrauto.
    Helena wird umringt von ihren Mannen.
    «Puh, ist mir vielleicht warm geworden unter dem Ding», stöhnt sie und schiebt die Ärmel des Pullovers zurück. «Jetzt brauch
     ich aber was Kühles zu schlucken.»
    Sofort wird ihr eine Bierflasche gereicht. «Na denn», sagt sie, «auf euch, Jungs! Auf die beste Freiwillige Feuerwehr Amerikas!»
    Gelächter, Flaschen klirren aneinander.
    Klapp, macht mein Mund. Ich habe gar nicht bemerkt, dass er die ganze Zeit offen stand.
    Sonja schaut mich an. Prüfender Blick.
    «Was ist?», frage ich.
    «Nichts», erwidert Sonja. «Gutes Weib, die Helena.»

|269| Der Eingemauerte
    Ein quietschgelber VW Käfer zuckelt im Schritttempo die Festwiese entlang. Kleine Rauchwölkchen pulsen aus seinen Auspuffröhrchen.
     Pröck, pröck, pröck – der gute alte Käfer-Sound. Auf der Kühlerhaube prangt das Logo der freiheitlichen Partei Deutschlands.
     Über die ganze

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