Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wasdunkelbleibt

Wasdunkelbleibt

Titel: Wasdunkelbleibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
Vom Netzwerk:
dunkel ist und du schläfst? Immerhin bestand die Chance, dass du was mitkriegst. Selbst wenn du dich nicht traust, ihn zu stellen, muss er damit rechnen, dass du ihn siehst.«
    »Ich hatte Musik laufen und war im Bad. Vermutlich hat er von draußen die beschlagene Scheibe gesehen und sich gedacht, er hätte für 20 Minuten freie Bahn.« Ich dachte nach. »Außerdem war Claude-Yves’ neue Flamme bei mir.«
    »Wer?«
    »Lydia. Sie hat sich um Waterloo und Austerlitz gekümmert. Ich war ja unterwegs. Bei Cyn und dann bei Nero.«
    Juliane spitzte die Lippen. Ihr schmales Gesicht schien sich nach vorne zu verschieben, wie eine Galionsfigur, die weit über das Bugspriet hinwegblickt. Dann ging sie zur Wand, schob die dort lehnenden, halb zerfetzten leeren Umzugskartons weg, und sagte: »Da gehen einem ja die Haare hoch.«
    Ich sprang auf und stellte mich neben sie. In der Steckdose hatte sich ein kleiner, grauer Kasten eingenistet, auf dem vier Lämpchen grün leuchteten. »Was ist das denn?«
    »Sieht aus wie ein Modem.«
    Das war mehr, als ich ertragen konnte. In einem Buch hätte ich so einen Satz nie geschrieben. Diese Klischees kamen nur in zweitklassigen Texten vor. Ich kroch zurück in den Sessel und drückte die Stirn an meine Knie.

39
    Freiflugs Mund war so trocken, dass er glaubte, seine Zunge würde in Fetzen hängen, sobald er nur drei Silben sagte. Der Saal war bis auf den letzten Platz gefüllt. An den Wänden standen und hockten Medienvertreter, Fernsehteams hatten Kameras und puschelige Mikros in Stellung gebracht. Woncka nahm neben ihm Platz. Roderick erklomm das Podium.
    »Was wird das denn?«, fragte Freiflug. Er kannte Rodericks Widerwillen gegen alles, was unter ›Öffentlichkeitsarbeit‹ firmierte.
    »Woncka will, dass sich das Team präsentiert.« Es klang unglücklich.
    Freiflug setzte sich. Er hatte das Sweatshirt ausgezogen und stattdessen ein Jackett übergeworfen, das er für unerwartete offizielle Anlässe im Büro aufbewahrte. Dass Nero mit seinen Anzügen mehr hermachte, war klar. Er versuchte, sich vorzustellen, wieviel Ahnung von Computern die versammelten Journalisten besaßen und ob sie sich Gedanken machten über die digitalen Spuren, die sie auf Schritt und Tritt hinterließen.
    Soll ich oder soll ich nicht? Der Zweifel rotierte in Freiflugs Hirn.
    Nimm dich zusammen, befahl er sich selbst. Zieh das jetzt durch.
    Er durfte nicht zaudern. Die Bombe musste platzen.
    Woncka klopfte an sein Mikrofon und sorgte für Ruhe. Er sprach ein paar einleitende Worte. Trotz seiner sichtbaren Übermüdung klang seine Stimme professionell und strahlte die Kompetenz aus, die man der Bevölkerung gern suggerierte: Ihre Polizei zeigt Präsenz und weiß, was sie tut. Wir haben die Dinge im Griff.
    Freiflug ergriff das Wort. Er spulte ab, was er mit Woncka besprochen hatte. Unablässig musste er sich räuspern. Er hätte Ingwerbonbons mitnehmen sollen, um die Heiserkeit zu mildern.
    »Warum werden alte Datenbestände in einem unsicheren System abgespeichert?«, fragte eine Journalistin.
    »Das System ist nicht unsicherer als ein neues, aber es gibt weniger Updates. Daher haben Hacker eine minimal größere Chance, dort einzudringen.«
    »Welche Daten sind das genau?«, rief ein Mann.
    »Alte, bearbeitete Fälle, die vor Gericht gegangen sind und mittlerweile im Archiv ruhen.«
    »Geben Sie die Aktenzeichen bekannt?«
    »Nein.«
    »Also ist der Hacker ins Archiv eingebrochen?«
    »Wenn Sie so wollen.«
    »Wofür hat er sich interessiert?«, erkundigte sich jemand aus der ersten Reihe.
    »Weisen die abgegriffenen Fälle irgendwelche Gemeinsamkeiten auf?«, rief sein Sitznachbar.
    »Das wissen wir noch nicht. Erfahrungsgemäß versuchen Hacker, durch Einbrüche dieser Art Verunsicherung auszulösen.«
    »Das wäre ziemlich dumm, sich die Arbeit zu machen, aber dann nichts von dem Zeug, das man rausgesaugt hat, zu verwenden!«, krähte ein Typ mit einer Ohrenklappenmütze.
    »Die Intentionen des Hackers sind nicht der Kern unserer Ermittlungen. Wir suchen primär den Weg, auf dem er eingedrungen ist.«
    »Haben Sie diesen Weg gefunden?« Der Typ mit der Ohrenklappenmütze kaute aufgeregt an seinem Bleistift.
    Freiflug schwitzte. Er war auf den idealen Ansatzpunkt angewiesen, um seinen Köder loszuwerden. Er zögerte, spürte Rodericks erstaunten Blick auf sich.
    »Noch nicht in allen Einzelheiten. Üblicherweise warten Hacker ab, bis sich ein System nach einem Reset neu ordnet. Innerhalb der nächsten

Weitere Kostenlose Bücher