Wasdunkelbleibt
hervorzubringen, nicht den geringsten. Kalte Luft umhüllte mich. Das Kellerfenster musste offen stehen, vielleicht war auch die Scheibe zerbrochen. Meine Hände schwitzten. Es fiel mir schwer, die Schere zu halten. Ich würde jetzt einfach Licht machen und diesem Spuk ein Ende bereiten. Ich hob die linke Hand, in der ich die Taschenlampe hielt, und wollte sie anschalten, als ich ein Knirschen hörte. Der alte Sessel, der immer im Weg stand, wenn man etwas in den Keller räumen wollte! Ich war selbst etliche Male dagegen gestoßen, hatte ihn dabei immer ein Stück über den unebenen Boden geschoben.
Etwas klirrte, und jemand schnappte hörbar nach Luft. Ich fühlte den Stress und die Aufregung des Eindringlings wie ein atmosphärisches Knistern zwischen uns. Dann setzte mein rechter Fuß sich auf die letzte Stufe, und ich bog um die Ecke. Stand im Eingangsbereich des Kellers, von dem drei Türen in verschiedene Räume führten. Einer lag unter meinem Schlafzimmer, einer unter dem Arbeitszimmer, und der dritte war nur eine kleine Abstellkammer, die beim Bau des Hauses dem Hang abgetrotzt worden war. Genau von dort kam ein Lichtschein. Wie von einem Nachtlicht. Ein Gegenstand rutschte über den Boden. Etwas aus Metall musste es sein. Ich stand in dem seltsam grünlichen Licht und starrte auf die angelehnte Tür. Es roch nach Moder, nach Kalk, und ich wusste nur, dass der Einbrecher aus einem der anderen Kellerräume gekommen sein musste, denn die Abstellkammer hatte kein Fenster. Da hätte er sich wohl durch die Erde graben müssen.
Mir blieben wenige Sekunden. Woher ich das wusste? Keine Ahnung. Wahrscheinlich gab ein archaischer Instinkt das Kommando. Rückwärts stieg ich die Stufen hinauf, die ich gekommen war. Eine, zwei, drei. Nun war ich um die Krümmung der Treppe herum und von unten nicht zu sehen.
Die Musik von oben aus der Wohnung verklang. Die plötzliche Stille prallte gegen meine Ohren. Wie ein beruhigender Umhang hatte die CD diesen irren Gang in den Keller begleitet. Der Einbrecher schien ebenfalls innezuhalten. Dann hörte ich, wie die Tür zur Abstellkammer zugezogen wurde. Schritte schlurften durch den Vorraum. Eine andere Tür wurde ins Schloss gezogen.
Täuschte er mich? Stand er nun da und wartete, dass ich um die Ecke kroch? Sollte ich denken, er wäre in einem der Kellerräume verschwunden?
In der widerhallenden Geräuschlosigkeit stand ich da und wartete, bis ich ein Knirschen hörte, Schritte auf Kies, und dann, weit weg, die Ahnung eines Wagens, der angelassen wurde.
Ich rannte die Treppe hoch und zur Haustür. In Panik fummelte ich am Schlüssel, um aufzusperren. Endlich stand ich auf dem Treppenabsatz, die eisige Nachtluft fuhr mir direkt in die Eingeweide. Ich ließ Schere und Taschenlampe sinken. Hier war niemand. Weit und breit keiner.
37
26.11.2010
Woncka sah so durch die Mangel gedreht aus, dass er Freiflug beinahe leidtat. Der Polizeioberrat legte Wert darauf, dass morgens alle pünktlich um 7.30 Uhr zum Dienst antraten. Spätestens. Er selbst erschien bereits um kurz nach sieben. Freiflug klopfte an seine Bürotür.
Die Sekretärin sah ihn scheel an, winkte ihn aber herein. Woncka wollte, dass Ermittler mit Sonderfunktionen wie Freiflug, der die bayerische Cyber-Schnittstelle leitete, jederzeit zu ihm kommen konnten.
»Was gibt’s?«, fragte der Polizeioberrat. Freiflug hatte sich eine Strategie zurechtgelegt. Bei Woncka würde er mit der Theorie, es gebe einen Maulwurf in der Behörde, kaum durchkommen. Andererseits würde er nicht allzu lang vortäuschen können, bei der Suche nach der Identität von x 03 nicht weiterzukommen. Da gab es Kollegen im Team, die ebenfalls wild entschlossen waren, dem Defacing auf die Spur zu kommen. Freiflug musste einen Zahn zulegen.
Er färbt sich die Haare, dachte Freiflug, während er beobachtete, wie sein Vorgesetzter die Aktendeckel auf seinem Schreibtisch zurechtschob. Der Grauton war ein wenig zu intensiv, um echt zu sein, aber ansonsten war es gut gemacht.
»Wegen der Pressekonferenz nachher«, sagte Freiflug.
Woncka wurde zuerst blass, dann rot. »Ach ja. Wann ist die noch mal?«
»Um neun. Wir sollten der Journaille klarmachen, dass wir nach allen Seiten ermitteln. Dabei wirkt es am glaubwürdigsten, wenn wir so detailliert wie möglich schildern, was wir tun.«
Woncka nickte. Sein Blick war glasig. Freiflug musste sich konzentrieren, um nicht zu grinsen. Kontaktsauna!
»Schlagen Sie etwas vor«, bat Woncka.
»Es
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