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Wasdunkelbleibt

Wasdunkelbleibt

Titel: Wasdunkelbleibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Schreibtischschublade, schnappte mir die große Papierschere und rannte in die Diele. Die Kellertür war abgeschlossen, der Schlüssel baumelte unschuldig an einem Nagel daneben. Niemand würde von dort unten heraufkommen können. Es sei denn, mit Gewalt.
    Das lasse ich mir nicht bieten, dachte ich. Fragmente aus dem Gespräch mit Freiflug fielen mir ein. Nero und sein Trauma. Ich und mein Trauma. Zwei Typen, die mit einem schrecklichen Erlebnis nicht zurechtkamen. Als hätten sie eine Initiation erfahren für eine Aufgabe, die ihnen einfach nicht klar wurde.
    Verdammt, ich hatte genug davon, in den Kulissen zu stehen und den Dingen zuzusehen, wie sie geschahen.
    Ich schloss die Kellertür auf.
     
     

35
    Freiflug verließ das Büro, verabschiedete sich von Roderick, der ihm im Flur über den Weg lief, und winkte einem Kollegen zu, der im ersten Stock am Kaffeeautomaten stand. Er stieg in seinen Golf und verließ den Parkplatz. Nach ein paar Runden holte er sich eine Leberkäs-Semmel in einer Metzgerei und parkte dann im Dunkel der Mailingerstraße. Zu der Semmel trank er eine Cola.
    Zwei Stunden später sah er, wie Woncka das Gebäude verließ. Der Mustang raste vom Parkplatz. Freiflug heftete sich an seine Rücklichter .
    Er folgte dem Polizeioberrat bis Sendling. In einer engen Straße hielt Woncka. Aus einem Porsche stieg eine Frau und stöckelte auf den Mustang zu. Woncka sprang eilfertig aus seinem Wagen und erwiderte die stürmische Umarmung. Er wirkte linkisch dabei, stellte Freiflug fest, während er die Cola austrank. Er zückte die Digitalkamera und machte ein Foto. Es fiel ziemlich dunkel aus, aber die Technik wurde heutzutage mit so etwas fertig. Arm in Arm gingen die beiden davon. Woncka trug eine Sporttasche in der Hand.
    Freiflug sprang aus dem Auto und heftete sich an ihre Fersen. Das war leicht. Freiflug war einer, der nicht auffiel. Der auch nie Wert darauf gelegt hatte, im Rampenlicht zu sein. Er war der Typ, der überall herumstehen konnte, ohne dass irgendjemand ihn bemerkte.
    Woncka und seine Freundin betraten ein Gebäude. Ein Altbau, nichts Besonderes. Markus staunte nicht schlecht. Er hatte ein Restaurant erwartet, eine Bar, vielleicht ein Café. Neugierig trat er näher. Die schwarz lackierte Tür war mit Videoaugen ausgestattet. Eine Kamera zoomte auf Freiflug. ›Kontaktsauna‹ las er. Zögernd hob er die Hand, ließ sie wieder sinken. Jemand an einem Bildschirm beobachtete ihn. Einen unscheinbaren, schlecht gekleideten und lausig frisierten Mann, der sich nicht traute.
    Freiflug machte kehrt. Vom Auto aus rief er Bianca Heinrich von der Sitte an. Sie war zu Hause und kochte Pasta.
    »Macht nichts«, sagte sie lapidar, als er sich für die Störung entschuldigte, aber er konnte die Ungeduld in ihrer Stimme spüren.
    »Nur ganz kurz: In Sendling ist so ein eigenartiger privater Club. Eine Kontaktsauna. Weißt du was darüber?«
    »Das ist ein Swingerclub. Sweet September. Exklusiv. Du kommst nur auf Einladung rein.«
    Freiflug schluckte. »Auf Einladung? Ist das nicht kontraproduktiv? Was ist mit den Größen der Stadt? Wollen die denn erkannt werden?«
    »Du musst keinen Namen nennen. Ein Swingerpaar schlägt ein weiteres Swingerpaar vor, und die dürfen mitmachen. Es ist alles ganz diskret. Du kannst eine Gesichtsmaske tragen, wenn du nicht erkannt werden willst.«
    »Also Paarzwang?«
    »Genau. Der Eigentümer heißt Unterstöber. Herrmann, Harald oder Heinrich. Irgendwas mit ›H‹. Der Club ist sauber. Keine Drogen, keine Exzesse, keine Lärmbelästigung. Falls dich das interessiert.«
    »Danke, Bianca.« Freiflug legte auf. Er stellte sich vor, wie Woncka sich auszog, seine Sachen in einen Spind schloss und mit seiner jungen Lebensgefährtin durch die Kontaktsauna streifte. Ihm wurde beinahe übel. Woncka und Sweet September.
    Ich muss ziemlich verklemmt sein, dachte Freiflug.
     
     

36
    Die Kellertür schwang auf. Ich lauschte hinunter in das dumpfe Schwarz. Dort unten gab es nichts Besonderes, was man stehlen konnte. Nur alte, ausrangierte Sachen. Die Schere mit der Spitze voran haltend, stieg ich die Stufen hinunter. Ich sah nichts, verließ mich auf mein Gehör und darauf, dass die unregelmäßigen Stufen mir seit der Renovierung des Hauses in Fleisch und Blut übergegangen waren.
    Jemand war da. Jemand, der es nicht besonders eilig hatte.
    Ich blieb stehen. Meine Nerven waren bis zum Zerreißen gespannt. Ich atmete durch den Mund, keuchend, versuchte, keinen Laut

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