Wasdunkelbleibt
weich. Nero wich seinem verlegenen Blick aus.
»Ich wollte sehen, wie es dir geht«, sagte Kröger und drückte Nero die Schokolade in die Hand. »Herzliche Grüße von den Kollegen.«
Ausgerechnet Kröger kam ihn besuchen. Kröger, mit dem er am wenigsten zu tun hatte.
»Sie haben mich heute verlegt.« Überrascht besah sich Nero die Schachtel in seiner Hand. »Es wird schon werden.«
»Sieh zu, dass du eine lange Reha verordnet kriegst.«
»Wie läuft’s im Büro?«
»Beschissen ist noch geprahlt.«
Jetzt spürte Nero sein Herz. Es stemmte sich von innen gegen sein Brustbein. Ein Druck, der stärker wurde, ihm kurz den Atem nahm, dann abflaute.
»Aber mach dich deswegen nicht verrückt. Sieh zu, dass du eine Weile wegkommst von allem.«
»Habt ihr den Hacker?«
»Wir sind dran.«
»Also nicht.«
»Nein.« Kröger wurde rot. Seine bullige Gestalt schien gedrückt, als trüge er etwas Schweres auf seinen Schultern. »Tja. Also. Grüße von den anderen. Wie gesagt, ich wollte nur mal kurz nach dir sehen.«
Nero guckte ihm nach, wie er zu den Aufzügen ging und aus seinem Blickfeld verschwand.
44
Markus Freiflug hatte seine Stiefel ausgezogen und die Füße auf Neros Bürostuhl gelegt, während er seinen Laptop traktierte. Die ganz normale Arbeit war liegen geblieben; er musste Mails abarbeiten. Außerdem blieb der alltägliche Kram, den Nero sonst wegschaffte, jetzt an ihm hängen.
Draußen wurde es dunkel. Vielleicht war es den ganzen Tag auch nicht hell geworden. Der Döner war ihm nicht bekommen. Während Freiflug den Posteingang seines Accounts sortierte, lag der Telefonhörer neben dem Apparat. Er konnte jetzt wirklich keine Störung verknusen. Die pausenlosen Unterbrechungen kosteten ihn den letzten Nerv. Wenn er jetzt nicht an einer Sache dranblieb, würde er um Mitternacht noch hier sitzen. Dabei hatte er dringend vor, Nero zu besuchen. Es war dunkel im Büro, bis auf den bläulichen Lichtschein des Bildschirms. Freiflug war so vertieft, dass er nicht daran dachte, die Lampe einzuschalten.
Als die Bürotür aufgerissen wurde und das Licht aus dem Gang ihm mitten ins Gesicht fiel, schreckte er hoch. Ein schwarzer Schatten stand da, der mit der Stimme seines Chefs sprach.
»Freiflug! Sind Sie noch zu retten?«
Mehr vor Schreck als aus Absicht knipste Freiflug die Schreibtischlampe an und richtete ihren Strahl auf Wonckas Gesicht.
»Verdammt, was soll das?« Die Stimme des Chefs zitterte vor unterdrückter Wut.
Freiflug nahm eilig die Füße vom Stuhl und schlüpfte in seine Stiefel. Irgendwas lief aus dem Ruder. Er wusste nicht, was, und das war gefährlich und unheimlich zugleich.
»Setzen Sie sich.«
»Sie ticken ja nicht mehr richtig, Freiflug!« Woncka krachte auf Neros Stuhl und knallte einen Packen Papiere auf den Schreibtisch. »Was haben Sie da für ein Theater auf der Pressekonferenz aufgeführt? x 03 ? Wissen Sie eigentlich, wer x 03 ist?«
»Ein Hacker aus den USA.«
»Da ist keine Backdoor im Programmcode. Sigrun West und Kröger haben das eben überprüft. Es hat sich auch niemand um die Umzäunung unserer Behörde geschlichen, wie Sie es schreiben, und niemand hat einem Eindringling von innen eine Tür aufgemacht.« Mit der Faust schlug Woncka auf Freiflugs überfüllten Schreibtisch. Der Tacker fiel krachend auf den Boden. »Wenn Sie das erfunden haben«, knurrte er und sein Atem ging keuchend dabei, »gnade Ihnen der Allmächtige. Ich würde Sie suspendieren, wenn ich könnte. Ihnen den Garaus machen. Sie vierteilen und in heißem Öl braten. Wie können Sie eine solche Anschuldigung in die Welt hinausschicken?«
»Ich habe nichts in die Welt hinausgeschickt.«
»Da ist kein x 03 an unseren Toren gewesen! Dafür gibt es nicht den geringsten Beweis!«
Markus stand auf. Sein Herz raste. Er dachte an Nero. »Ich habe keinen Grund, irgendwas zu erfinden!«
»x 03 , eine Backdoor und eine Theorie, wonach jemand aus unserem Haus, ein Insider, einen anderen reingelassen hat. Damit der unser Intranet abgrast und den Webauftritt ruiniert. Sie sind wirklich nicht ganz dicht!«
Sein Haar ist gefärbt und sieht scheiße aus, dachte Freiflug. Er hätte am liebsten gelacht. Um die Spannung loszuwerden, die ihn innerlich zerriss. Wonckas verletzender Ton und die Überraschung, dass er irgendetwas übersehen haben musste, machten ihn fertig. Aber er war so sicher gewesen, alles bis ins kleinste Detail abgeklärt zu haben.
»Ich …«
»Sie sind von dem Fall abgezogen!«,
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