Wasdunkelbleibt
wie die Königin der Nacht, die von diesem flachsblonden Sarastro eindeutig genug hatte.
58
»Und Sie sind sicher, dass Sie keinen Peugeot fahren?«, bohrte ich nach.
Mossbach lachte. »Wie käme ich dazu? Ich stärke die deutsche Autoindustrie. Ein klein bisschen Patriotismus … aber wenn es Sie beruhigt: Vor dem LKA in der Mailingerstraße habe ich dieser Tage ab und zu einen Peugeot gesehen. Ein Teil, dessen Fahrer ich den Segen des Herrn wünsche.«
»So klapprig?«
»Der Fahrer sah auch nicht besonders gesund aus. Ein Bleichgesicht. Weißes Haar, weiße Haut, spitzes Gesicht.«
»O Mann«, keuchte ich.
»Muss Ihnen das Sorgen machen?«
Blitzschnell überschlug ich meine Chancen. »Sie haben gute Augen, nehme ich an. Erzählen Sie mir mehr von dem Peugeot.«
»Ich war heute im LKA und bin ein paar Leuten auf den Senkel gegangen. Insgesamt kein sehr erfreulicher Nachmittag. Niemand rückte mit irgendwas raus. Aber so gegen halb fünf verließ Ulf Kröger das Amt, stieg in den Peugeot und brauste davon.«
»Und das Bleichgesicht?«
»Saß am Steuer.«
»Okay, okay.« In Cyns Transporter sitzend, der durch ein völlig verschneites München schwankte, versuchte ich herauszufinden, was meine nächste Frage sein musste. Ich hatte das Handy auf ›laut‹ gestellt. Freiflug formte mit seinen Lippen das Wort ›Rucksack‹.
»Hatte Kröger einen Rucksack dabei?«
»Ich glaube, ja.« Mossbach lachte amüsiert. »Was haben Sie Neues?«
»Im Moment zu viel«, wiegelte ich ab. »Mir schwirrt der Kopf.«
»Wenn man von Ideen überschüttet wird«, schlug Mossbach vor, »helfen zwei Dinge. Entweder Sie konzentrieren sich auf das Wahrscheinlichste oder auf das Unwahrscheinlichste.«
»Was ist erfolgversprechender?«
»Kommt drauf an. Fragen Sie Ihr Bauchgefühl.«
»So was habe ich nicht. Der Fahrer war aber nicht Bodo Roderick?«
»Vielleicht war er es, vielleicht nicht.«
Juliane schnappte sich Freiflugs Handy und tippte darauf herum.
»Danke!« Ich beendete das Gespräch.
Juliane hatte in derselben Zeit herausgefunden, dass Roderick kein Auto besaß. »Er sagt, er gibt dem MVV den Vorzug.«
»Und Sigrun behauptet, Roderick wäre heute länger im Amt gewesen als Kröger.« Ich seufzte. »Es hilft alles nichts: Ich muss Nero anrufen.«
59
rekinom verließ das Haus, weil er Zeit zum Denken haben wollte. Sein einziger Fehler war gewesen, den Namen x 03 zu benutzen. Das hatte die anderen argwöhnisch gemacht. Dabei kannte rekinom den Namen gar nicht. Konnte ja sein, dass er ihn irgendwo mal gehört hatte. Der Name mochte sich unbewusst bei ihm eingeschlichen haben und er hatte ihn benutzt.
Wütend stieg er in die nächstbeste Tram. Bei dem Wetter waren weniger Menschen als sonst unterwegs. Hinter ihm schlüpfte ein Mädchen mit einer rosa Häkelmütze in den Wagen.
Er war eben nicht Klassenbester gewesen. Sie hatten rekinom schon früher veräppelt, weil er die entscheidenden Sachen nie mitkriegte. Irgendwie schienen alle anderen die Informationen geschickter zu filtern. Sie hatten unterschiedliche Voreinstellungen, die Wichtiges von Unwichtigem trennten. Was für andere zentral war, erschien rekinom häufig nebensächlich. Und umgekehrt.
Verdammte Scheiße. Er fühlte nach seinem Handy. Er sollte jetzt wirklich seinen Chef anrufen.
60
Nero saß in der Cafeteria. Der Ausschank war mittlerweile zwar geschlossen, aber am Automaten konnte man sich Tag und Nacht Getränke ziehen. Wieso gerate ich in einem fort an diese vermaledeiten Kaffeeautomaten, dachte er, aber er musste schmunzeln, während er sich selbst dabei zusah, wie er Münzen in den Schlitz steckte und auf ›Grüntee‹ drückte.
Sein Handy klingelte. Keas Rufton.
»Hallo, Kea!«, sagte er freundlich, aber ohne besonderen Enthusiasmus. Er musste wohl einsehen, dass Kea andere Prioritäten setzte als er. Schön, dass sie sich überhaupt meldete.
»Nero, pass auf: Ein Insider in eurem Team hat das Defacing veranlasst. Um dich zu kompromittieren. Wir können die Beweiskette rekonstruieren, aber wir wissen noch nicht, wer es ist. Hörst du mich?«
»Ich höre dich, aber ich weiß nicht recht, was ich dazu sagen soll!«
»Roderick oder Kröger. Oder Sigrun. Oder – Woncka?«
Nun wurde Nero blass. Er betrachtete den Grüntee und stellte fest, dass er die Farbe unangenehm fand. Sie erinnerte ihn an Urinbeutel, von denen er in den letzten Tagen für alle Zeiten genug gesehen hatte. »Woncka?«
Irritiert lauschte er Keas
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