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Wasdunkelbleibt

Wasdunkelbleibt

Titel: Wasdunkelbleibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Fragen. Er verstand nur Bahnhof. Doch er musste nicht mehr durchblicken. Vielleicht nie wieder. Die Aussicht war zum Fürchten – und eine große Erleichterung. Der Weg nach vorn, nach oben war verschüttet. Er würde vom Weg abweichen müssen, was ihn beflügelte, so unerwartet, dass er nach ein paar wenigen Ja und Nein einfach auflegte. Versonnen lächelnd goss er mit dem Tee eine Bougainvillea.
     
     

61
    »Sie sind rekinom, oder?« Das Mädchen mit der rosa Häkelmütze setzte sich neben Kröger.
    Ihm fiel einfach der Unterkiefer herunter. Sofort schoss ihm der Schweiß in Fontänen aus den Poren. Er könnte leugnen, einfach an der nächsten Haltestelle aussteigen. Er könnte den Ausländer mimen, der kein Wort verstand. Er könnte, könnte … In Krögers Mund sammelte sich ein säuerlicher Geschmack.
    »Bastian war ein Freund.«
    Er wollte sagen, er habe Bastian nicht umgebracht. Was ja auch stimmte. Die nächste Haltestelle war Ostbahnhof. Er stand einfach auf und ging zur Tür. Drückte auf Stopp. Die Türen öffneten sich und er stieg aus. Sie kam ihm nach.
    »Ich will nur wissen, warum. Warum Sie das gemacht haben.«
    Krögers Hände begannen zu zittern. Die Kälte schnitt ihm ins Gesicht, aber er zitterte vor Anspannung. Seine Muskeln entschieden sich, ohne sein Gehirn zu fragen. Ohne den Kröger zu fragen, der er einst gewesen war. Er schritt aus, hinaus in die Dunkelheit, und war erleichtert, als Häkelmütze ihm folgte. Im toten Winkel eines Bushäuschens drückte er zu. Er packte ihren Hals und hielt ihrem Zappeln stand, bis sie in sich zusammensackte und zu seinen Füßen liegen blieb. Jemand rempelte ihn von hinten an. Die Arme und Beine des Mädchens zuckten.
    »Polizei! Hilfe!«, schrie jemand neben ihm. Alkoholdunst nebelte Kröger ein. Er hockte sich neben das Mädchen in den Schnee, nahm sein Handy aus der Jackentasche und rief seinen Vorgesetzten an.
     
     
     
     
     
     

62
    18.12.2010
     
    »Wie geht’s Nero?«, erkundigte sich Claude-Yves beiläufig. »Hat er sich mit seiner Reha versöhnt?«
    »Er gewöhnt sich langsam ein.« Mit einer gewissen Überraschung stellte ich fest, dass ich Nero vermisste, seit er in Salzburg war. Manchmal wenigstens.
    »Ich bin ein Mann der Logik.« Mein Meisterkoch setzte sich zu mir an den Tisch. Das Méditerranée war am frühen Vormittag geschlossen. Wir hatten jeder einen Latte Macchiato vor uns stehen. Mein Kopf brannte von all den verschlungenen Ereignissen, Ängsten, dem Vertrackten und den Dingen, die ich nicht verstand.
    »Mit unklaren Umständen komme ich auch nicht zurecht.«
    »Bist du sauer auf Bastian? Immerhin hat er dich gelinkt. Er hat dir seinen Auftrag unter falschen Voraussetzungen erteilt.«
    »Was spielt das jetzt noch für eine Rolle?«
    Claude-Yves lachte leise. »Soll ich dir meine Version der Geschichte erzählen? Und danach koche ich uns eine Kürbissuppe. Machst du mit?«
    »Schieß los.«
    »Kröger ist eigentlich ein dickfelliger, friedliebender Kerl. Aber die Frau, die er sich da an Land gezogen hat, hat ihn mit ihrem unersättlichen Hunger nach Sex umgedreht.«
    »Cherchez la femme. Es ist wirklich immer dasselbe mit euch Männern!«
    »Quark. Kröger hat durch diese Tussi gelernt, was Gier ist. Er wollte mehr. Zuerst mehr Sex. Und dann mehr Macht, Einfluss, Anerkennung. Er bemerkte, dass er beim Swingen groß rauskam – die Frauen dort fanden ihn gar nicht so unattraktiv.«
    »Er ist unattraktiv, Claude!«
    »Sieh es nicht so eng. Mit 50 kriegst du keinen Adonis mehr. Da tut es auch ein Kröger, wenn er dich befriedigt.«
    Diese Vorstellung brachte mich beinahe um. Ich trank meinen Latte leer.
    »Kröger«, Claude holte mit dem Arm aus, »leckte Blut. Er bekam, was er wollte, und zwar mit Leichtigkeit. Wenn er die Frauen in der Kontaktsauna rumkriegte, warum sollte er nicht auch beruflich ein wenig mehr Glanz und Gloria einsacken?«
    »Deine Wortwahl passt nicht. Glanz kann man nicht einsacken.«
    Claude fuhr sich mit einer jovialen Geste durchs Haar. »Ich bin so frei. Mag meine eigenen Metaphern. Für Kröger muss Nero ein rotes Tuch gewesen sein. Einer, dem alles zufliegt. Einer, der groß rauskommt. Der von seinem Chef so gut wie immer kriegt, was er will.«
    »Irrtum.«
    »Ich weiß, Kea. Das sind alles nur Vorstellungen, die man sich von außen über Nero macht. Er ist nicht der perfekte Überflieger, weil niemand perfekt ist, weil jeder nur ein Mensch ist und gute und schlechte Tage hat. Jeder ist mal aggressiv,

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