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Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten

Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten

Titel: Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Gruen
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Kopf und sieht
mich an.
    Er wischt sich die Nase ab, spuckt aus und macht sich wieder an die
Arbeit.
    »Marlena? Bist du da drin?«, frage ich und klopfe an die Tür
ihres Privatabteils.
    »Jacob?«, höre ich drinnen eine leise Stimme.
    »Ja.«
    »Komm rein.«
    Von einem der offenen Fenster aus blickt sie in Richtung Lok. Als
ich hineingehe, wendet sie mir den Kopf zu. Sie hat die Augen weit aufgerissen
und ist leichenblass.
    »Oh, Jacob …« Ihre Stimme zittert. Sie ist den Tränen nahe.
    »Was ist los? Was ist passiert?«, frage ich und durchquere den Raum.
    Sie drückt eine Hand gegen die Lippen und dreht sich wieder zum
Fenster.
    August und Rosie arbeiten sich lautstark den Zug entlang. Sie kommen
nur quälend voran, und jeder auf dem Platz sieht ihnen zu.
    August prügelt von hinten auf sie ein, und Rosie läuft ein paar
Schritte vor. Als August sie einholt, schlägt er sie erneut, dieses Mal so
hart, dass sie den Rüssel hebt, brüllt und zur Seite ausbricht. August flucht
lang und derb und läuft hinter ihr her, er schwingt den Elefantenhaken und
rammt ihr die Spitze in die Schulter. Rosie wimmert, sie bewegt sich keinen
Zentimeter mehr. Sogar aus dieser Entfernung können wir sie zittern sehen.
    Marlena unterdrückt ein Schluchzen. Ich greife spontan nach ihrer
Hand. Als ich sie finde, umklammert sie meine Finger so fest, dass es wehtut.
    Nach weiterem Stoßen und Prügeln entdeckt Rosie den Elefantenwagen
am vorderen Zugende. Sie hebt den Rüssel, trompetet und rennt donnernd davon.
August verschwindet in der Staubwolke hinter ihr, Racklos springen in Panik aus
dem Weg. Als Rosie in den Wagen steigt, wirkt sie eindeutig erleichtert.
    Der Staub legt sich, und August kommt schreiend und winkend zum
Vorschein. Diamond Joe und Otis trotten langsam und geschäftsmäßig zum
Elefantenwagen und machen sich daran, ihn zu verschließen.

Elf
    Während der ersten Zugstunden nach Chicago lockt Kinko die
offenbar von ihrem Durchfall genesene Queenie mit Trockenfleisch und versucht
ihr beizubringen, auf den Hinterläufen zu gehen.
    »Hoch! Hoch, Queenie, hoch! Ja, fein. Braves Mädchen!«
    Ich liege eingerollt und mit dem Gesicht zur Wand auf meiner
Schlafmatte. Mein körperlicher Zustand ist ebenso miserabel wie mein
seelischer, und das will etwas heißen. Mein Kopf steckt voller Bilder, so
verworren wie ein Garnknäuel: Meine Eltern zu Lebzeiten, die mich in Cornell
absetzen. Meine toten Eltern, unter ihnen das grünweiße Linoleum. Marlena, die
mit mir in der Menagerie Walzer tanzt. Marlena heute Morgen am Fenster, die
gegen ihre Tränen ankämpft. Rosie mit ihrem schnüffelnden, neugierigen Rüssel.
Rosie, drei Meter groß und mächtig wie ein Berg, die unter Augusts Schlägen
wimmert. August, der auf dem Dach des fahrenden Zuges tanzt. August, der wie
wahnsinnig mit dem Elefantenhaken fuchtelt. Barbara, die auf der Bühne ihre
Brüste kreisen lässt. Barbara und Nell und ihre fachkundigen Handreichungen.
    Die Erinnerung an letzte Nacht trifft mich wie ein Vorschlaghammer.
Ich kneife die Augen fest zusammen, um die Bilder aus dem Kopf zu bekommen, aber
es wirkt nicht. Die grässlichsten Erinnerungen halten sich am hartnäckigsten.
    Irgendwann hört Queenies aufgeregtes Jaulen auf. Gleich darauf
quietschen die Federn von Kinkos Pritsche. Dann herrscht Stille. Er beobachtet
mich, das fühle ich. Ich drehe mich zu ihm herum.
    Er sitzt auf dem Bettrand, barfuß, mit übereinandergeschlagenen
Beinen und zerzaustem Haar. Queenie klettert auf seinen Schoß, die Hinterläufe
streckt sie wie ein Frosch von sich.
    »Erzähl mir was von dir«, sagt Kinko.
    Die Sonne sticht wie ein Messer durch die Ritzen hinter ihm. Ich
bedecke meine Augen und verziehe das Gesicht.
    »Nein, ernsthaft. Woher kommst du?«
    »Nirgendwoher«, sage ich, drehe mich wieder zur Wand und ziehe mir
das Kissen über den Kopf.
    »Warum bist du so sauer? Wegen gestern Nacht?«
    Bei der bloßen Erwähnung steigt mir die Galle hoch.
    »Ist dir das peinlich, oder was?«
    »Um Himmels willen, lass mich doch einfach in Ruhe«, blaffe ich.
    Er schweigt.
    Einen Moment später drehe ich mich wieder um. Er beobachtet mich
immer noch und spielt dabei mit Queenies Ohren. Sie leckt schwanzwedelnd seine
andere Hand ab.
    »Tut mir leid«, sage ich. »Ich hab so was noch nie gemacht.«
    »Na ja, das war nicht schwer zu erraten.«
    Mit beiden Händen umklammere ich meinen hämmernden Schädel. Ich
bräuchte Wasser, ungefähr einen Eimer voll …
    »Hör mal, das ist

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