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Wasser

Wasser

Titel: Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terje Tvedt
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jegliche Entwicklung verhindere.
    Jeder neue, groß angelegte Plan für Kaschmir wird dem Indus-abkommen entgegenstehen. In Srinagar, der Hauptstadt des indischen Kaschmirteils, wird der Ruf nach einem anderen Vertrag immer lauter. Die Verfassungsgebende Versammlung des indischen Bundesstaates Jammu und Kaschmir hat sich für eine umfassende Neubeurteilung des gesamten Abkommens ausgesprochen. Sie fordert, dass Kaschmir für die aus dem Vertrag resultierenden Verluste entschädigt werden müsse und dass Pakistan dafür aufzukommen habe.
    Die Regierung in Kaschmir wirft der Zentralregierung in Delhi darüber hinaus vor, sich gegenüber Pakistan viel zu gemäßigt zu verhalten. Indien hat mehrmals angedeutet, dass es sich eine Aufhebung des Indusabkommens vorstellen könne, wenn Pakistan zur Zusammenarbeit nicht gewillt sei, doch meist werden solche Vorschläge gerade dann eingebracht, wenn die Situation zwischen beiden Ländern besonders angespannt ist. Allerdings können die indischen Politiker, selbst wenn sie es wollten, das Abkommen nicht einfach einseitig außer Kraft setzen, weil die Folgen unabsehbar wären. Eine Aufkündigung des Vertrages würde nicht nur Proteste der internationalen Gemeinschaft nach sich ziehen, sondern auch innenpolitische Auseinandersetzungen um die Verteilung des Wassers heraufbeschwören. Langfristig könnte der Jhelam allerdings den Ausschlag geben, wenn es um Indiens Bemühungen geht, ganz Kaschmir zu kontrollieren. Die Einschränkungen bei der Nutzung des Wassers werden früher oder später zu Konflikten führen – insbesondere zwischen dem indischen Kaschmir und Pakistan. Durch Unterstützung einiger Pläne Kaschmirs kann Delhi seine Positiondort verbessern, wohingegen Pakistan als Land dastehen würde, das die wirtschaftliche Entwicklung Kaschmirs verhindert.
    Das Indusabkommen von 1960 war ein diplomatischer Triumph, der unter anderem den Frieden zwischen Pakistan und Indien bislang gesichert hat. Zweifellos werden das zu erwartende Bevölkerungswachstum und die Entwicklungsstrategien beider Länder dazu führen, dass mehr Wasser als bisher zur Verfügung stehen muss oder dass Maßnahmen für eine effektivere Nutzung des heute vorhandenen Wasservorkommens ergriffen und umgesetzt werden. Darüber hinaus hat mit der Lokalregierung Kaschmir ein dritter Akteur die Bühne betreten, und zudem fordern immer mehr Menschen eine Außerkraftsetzung des Abkommens. Auch die Unsicherheit über das Schicksal der Gletscher in Tibet und im Himalaja beeinflusst die Zukunft des Indusabkommens. Zwar gibt es zurzeit vielfältige Möglichkeiten, Wasser zu sparen, so dass die Wasserkrise auch nicht überbewertet werden sollte. Gleichwohl besteht immer die Gefahr, dass Politiker die Situation zu ihrem Vorteil ausnutzen und dabei die »Wasserkarte« ausspielen – mit ungeahnten Folgen.
    Das ursprünglich friedensstiftende Indusabkommen wird mit großer Wahrscheinlichkeit früher oder später unter noch stärkeren Druck geraten, wodurch sich die Anfälligkeit einer ohnehin schon instabilen Gesellschaft weiter erhöht. Da hunderte Millionen von Menschen vom Wasser des Indus abhängen und der Fluss auch weiterhin die Lebensader dieser Länder darstellt, resultieren die Zwistigkeiten aus rationalen wie materiellen Gründen und werden auch dann nicht verschwinden, wenn das Klima der Zusammenarbeit zeitweilig aufklart. Der Kampf um Kontrolle und Nutzung des Indus wird für die Machtverhältnisse in der Region künftig seine große Bedeutung behalten. Alle Akteure sowie die internationale Gemeinschaft sind angehalten, institutionelle und politische Rahmenbedingungen zu schaffen, die die Gefahr eines offenen Konfliktes mindern können.

Auf dem Dach der Welt
    »Haben Sie gehört, dass die Chinesen einen Damm in den Satluj oder Langchhen Khamba gebaut haben, direkt über die Zada-Schlucht, im westlichen Teil von Tibet?« Der gut informierte Niederländer, den ich im Hotel Yak in Lhasa treffe, ist offenbar genauso überrascht wie ich, als er mir die Neuigkeit verkündet. Nein, das habe ich nicht gehört. Eine wirklich große Nachricht von geopolitischer Reichweite. Kann das tatsächlich wahr sein? Was sagen die Inder dazu? Sofort suche ich eines der vielen Internetcafés in Lhasa auf und beginne zu recherchieren. Nicht eine einzige internationale Zeitung berichtet irgendetwas darüber, aber es scheint zu stimmen. Die Satellitenbilder zeigen, dass der Damm fertig ist. 62 Hat China seinen stromabwärts liegenden

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