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Wasser

Wasser

Titel: Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terje Tvedt
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als drei Millionen Menschen leben. Nach diesem recht ambitionierten Ziel wird damit gerechnet, dass Ägypten in Zukunft über eine landwirtschaftliche Gesamtfläche von circa 43 000 Quadratkilometern verfügt. Die Regierung spricht davon, bis zu 17 Millionen Menschen im neuen Niltal anzusiedeln, wenn das Projekt verwirklicht sein wird.
    »Wenn wir davon ausgehen, dass die Pyramiden pharaonische Projekte sind, und dann ein paar Vergleiche anstellen, dann ist dieses Projekt natürlich hundert Mal größer als die Pyramiden.« 72 Der langjährige Wasserbauminister Dr. Abu Zeid unterstreicht die strategische Bedeutung des Projektes. Nach seiner Ansicht repräsentiert es die Hoffung künftiger Generationen.
    Als ich an dem von endloser Wüste umgebenen Kanalufer entlanggehe, denke ich, dass dieses Projekt mehr als jedes andere als eine von Menschenhand erschaffene Lebensader bezeichnet werden kann. Kilometerlange Kanäle erstrecken sich dort, wo seit Jahrtausenden kein klares Wasser entlanggeflossen ist.
    Als ein Arbeiter des Projektes bei Sonnenuntergang auf die Knie geht, um gen Mekka gewendet zu beten – in dieselbe Richtung, in der auch die Pumpstation liegt, entspricht diese zufällige Verknüpfung seiner religiösen Handlung mit dem säkularen Bauwerk einem weiteren Gegensatz, von dem die Atmosphäre des Ortes geprägt ist: der paradoxen Vermischung von Technologieoptimismus und Einöde, von einer kraftvollen Pumpstation und der totalen Stille der Wüste.

Das größte Ingenieurprojekt der Geschichte und Gedanken an Kaiser Yu
    »Der Niederschlag in Peking, London und Paris ist beinahe derselbe. Aber wenn man die jährliche Verteilung betrachtet, dann sieht es schon ganz anders aus. In Europa regnet es das ganze Jahr, während wir viele Monate lang gar keinen Niederschlag haben.« Der stellvertretende chinesische Minister für Wasserbau unterstreicht die Besonderheit der chinesischen Hauptstadt. Weil er in einer Stadt mit fast 15 Millionen Einwohnern lebt, fragt er: »Müssen wir da nicht etwas tun?«
    Unsere Gegenwart wird eines Tages als Periode gelten, in der Chinas märchenhaftes Wachstum die Welt veränderte. Wenn ich in chinesische Großstädte wie Peking, Schanghai, Zhengzhou, Nanking, Kunming oder Chengdu reise, beschäftigt mich zunächst nicht die Situation des Wassers vor Ort, sondern die frenetische Bauaktivität überall, das hektische Tempo und der dichte Autoverkehr. Sie künden von einem Land, das sich in einem Entwicklungsprozess befindet, wie ihn die Welt noch nicht gesehen hat.
    Die politische Führung weist seit langem darauf hin, dass das Land einer katastrophalen Wasserkrise gegenüberstehe und der Wassermangel einer tickenden Bombe gleiche, die die gesamte Entwicklung Chinas zu bremsen, ja vielleicht sogar zu untergraben drohe. Wegen Chinas Position in der Welt wird seine Antwort auf die Wasserfrage globale Bedeutung erlangen. Schon seit vielen Jahren gibt es alarmierende Berichte über die Wassersituation: In der Nordchinesischen Ebene geht der Wasserstand dramatisch zurück; über 100 000 Brunnen sind ausgetrocknet. Der Grundwasserspiegel unter Peking ist in kurzer Zeit stark gefallen, was die Frage aufwirft, ob die Hauptstadt ans Wasser verlegt oder das Wasser in die Hauptstadt gebracht werden muss. Die Fluten des Gelben Flusses erreichen immer seltener das Meer, weil ihm mittlerweile viel zu viel Wasser entnommen wird. Darüber hinaus hat China offiziellzugegeben, dass 400 der fast 700 Großstädte an ernsthaftem Wassermangel leiden. In neun von zehn Städten ist das Wasser verunreinigt, weil oft zu viel Grundwasser entnommen wird, in Großstädten an der Küste Salzwasser eindringt und das Frischwasser verdrängt. Generell steht jedem Einwohner in China relativ wenig Wasser zur Verfügung. Im Land leben knapp 20 Prozent der Weltbevölkerung, doch nur acht Prozent des weltweit vorkommenden Süßwassers können dort genutzt werden. Jedem Chinesen steht umgerechnet ein Fünftel der Wassermenge zu, über die ein Amerikaner verfügt, und ein Zehntel dessen, was jeder Russe verbrauchen kann. Zudem ist das Wasser in China sehr ungleichmäßig zwischen wasserreichen und -armen Regionen verteilt. Im Süden gibt es viel Niederschlag und Überschwemmungen, wohingegen der Norden trocken ist und die dortige Wasserlandschaft China zum weltweit fünftgrößten Wüstenstaat macht.
    Die Fähigkeit des Regimes, die Wasserprobleme des Landes zu lösen, wird über seine Legitimität und Autorität

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