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Wassermelone: Roman (German Edition)

Wassermelone: Roman (German Edition)

Titel: Wassermelone: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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texanisch-mexikanischer Küche in allen Städten der Welt musste er ausgerechnet in das geraten, in dem ich arbeitete. Ich war keine richtige Kellnerin, sondern hatte einen Abschluss in Englisch. Aber gerade damals lehnte ich mich gegen die bürgerliche Gesellschaft auf, ziemlich spät mit meinen dreiundzwanzig Jahren. Mir gefiel die Vorstellung, meine recht ordentlich bezahlte Dauerstellung mit Pensionsanspruch in Dublin aufzugeben und ins gottlose London zu ziehen, um dort ein freies und ungebundenes Studentenleben zu führen.
    Eigentlich hätte ich das machen sollen, als ich eine freie und ungebundene Studentin war . Aber damals hatte ich alle Hände voll damit zu tun, in den Semesterferien an verschiedenen Arbeitsplätzen praktische Erfahrungen zu sammeln, und so musste meine Ungebundenheit eben warten, bis ich reif dafür war. Auch Spontaneität braucht ihren Ort und ihre Zeit.
    Jedenfalls war es mir gelungen, als Kellnerin in diesem unwahrscheinlich schicken Londoner Restaurant voll lauter Musik, Videobildschirmen und kleiner Berühmtheiten unterzukommen. Ehrlich gesagt fanden sich mehr kleine Berühmtheiten unter dem Personal als unter den Gästen, denn es bestand größtenteils aus arbeitslosen Schauspielerinnen, Models und dergleichen.
    Ich werde nie verstehen, wieso man mich dort genommen hatte. Vielleicht wollte man eine Alibi-Normalkellnerin haben. Immerhin war ich die Einzige, die kleiner war als zwei vierzig und mehr wog als fünfunddreißig Kilo. Zwar taugte ich nicht zum Model, aber ich habe einen gewissen, sagen wir, natürlichen Charme. Sie wissen schon: kurzes, glänzendes brünettes Haar, blaue Augen, Sommersprossen, ein breites Lächeln, so in der Art.
    Außerdem war ich so naiv und weltunerfahren, dass ich nie merkte, wenn ich bekannten Größen von Bühne und Fernsehen von Angesicht zu Make-up-Angesicht gegenüberstand. Mehr als einmal hatte mich eine Kollegin, wenn ich an einem Tisch bediente (ich verwende den Begriff im weitesten Sinne des Wortes), so in die Rippen geboxt, dass einem bedauernswerten Gast kochend heiße Barbecue-Soße über die Lenden schwappte, um mir zuzuzischeln: »Ist das nicht der Wie-heißter-noch-gleich aus der und der Musikgruppe?«
    Darauf hatte ich vielleicht geantwortet: »Welcher? Der im Lederanzug?« (Man muss bedenken, das waren die achtziger Jahre.)
    »Nein«, zischelte sie zurück. »Der mit den blonden Rasta-Locken und dem Chanel-Lippenstift. Ist das nicht ihr Lead-Sänger?«
    »Ach ja?«, hatte ich dann gestammelt und war mir unwissend und hinterwäldlerisch vorgekommen, weil ich nicht wusste, wer dieser Mensch war.
    Jedenfalls machte mir meine Arbeit dort Spaß. Sie ließ mir einen Schauer durch das Mittelschichtmark meiner bürgerlichen Knochen laufen. Ich fand es dekadent und erregend, Tag für Tag um ein Uhr mittags aufzuwachen, von sechs bis Mitternacht zu arbeiten und mich anschließend mit den Männern hinter der Bar und den Aushilfskellnern volllaufen zu lassen.
    Unterdessen vergoss meine Mutter daheim in Irland bittere Tränen beim Gedanken daran, dass ihre akademisch gebildete Tochter Popmusikern Hamburger auf den Tisch stellte. Es waren nicht einmal berühmte Popmusiker, was das Ganze noch schlimmer machte.
    An dem Abend, an dem ich James kennenlernte, arbeitete ich seit etwa einem halben Jahr da. Freitags kamen üblicherweise die Nadelstreifentypen. So nannten wir die jungen Angestellten, die wie am Jüngsten Tag die Toten ihren Gräbern den Londoner Büros entquollen, um ins Wochenende zu gehen. Ganze Scharen bleicher, pickeliger junger Männer in billigen Anzügen stürmten mit weit aufgerissenen Augen unser Lokal, weil sie – in beliebiger Reihenfolge – Berühmtheiten sehen und sich betrinken wollten.
    Wir Kellnerinnen pflegten dazustehen und verächtlich auf diese Gästeschar hinabzublicken, angesichts ihrer Anzüge, Frisur und so weiter ungläubig und mitleidsvoll den Kopf zu schütteln und sie während der ersten Viertelstunde betont nicht zur Kenntnis zu nehmen. Mit klirrenden Ohrringen und Armreifen liefen wir an ihnen vorbei und hatten ganz offensichtlich weit Wichtigeres zu tun, als uns um ihre lächerlichen Bedürfnisse zu kümmern. Wenn sie schließlich vor Verzweiflung und Hunger den Tränen nahe waren, traten wir breit lächelnd an den Tisch, Schreibblock und Stift in der Hand. »’n Abend, die Herren, möchten Sie etwas trinken?«
    Dann waren sie richtig dankbar, und anschließend war es völlig unerheblich, ob wir ihnen die

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