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Wassermelone: Roman (German Edition)

Wassermelone: Roman (German Edition)

Titel: Wassermelone: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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hatte, ausgerechnet in dieses Lokal zu gehen, dachte ich.
    »Und ob ich mich freue, dich zu sehen«, sagte ich. »Ich konnte noch nicht mal bestellen. Der Kerl da hasst mich.« Adam lachte. Ich stimmte ein. Ich hatte völlig vergessen, dass wir uns nach der kleinen Szene in meinem Zimmer, bei der er praktisch vorgeschlagen hatte, gemeinsam Kinder zu machen, eigentlich in Gegenwart des anderen betreten fühlen mussten.
    Er sagte: »Ich bestell für dich.« Ich gab ihm das Geld und bat ihn, zwei Gläser Rotwein und etwas für sich zu bestellen.
    Voll Stolz erinnerte ich mich daran, woher ich kam. Ich hatte meine Wurzeln nicht vergessen. Auch ich war einst eine mittellose Studentin gewesen. Ich wusste noch, wie ich Leuten zugesehen hatte, die sich ihre Zigaretten sozusagen mit Fünfpfundscheinen ansteckten und neidvoll gewünscht hatte, sie würden mir ein großes Carlsberg spendieren – ein einziges großes Glas.
    Adam drängte sich zur Theke durch. Meine Wange lag praktisch auf seiner Brust. Undeutlich nahm ich seinen Geruch wahr. Er roch frisch und sauber, nach Seife.
    Ich befahl mir, mich zusammenzunehmen. War ich Blanche du Bois oder die verrückte alte Alkoholikerin aus Sunset Boulevard, wie auch immer sie heißen mag? Oder eins der unzähligen alten Weiber mit mehrfach geliftetem Gesicht, die in jeder Geschichte über Beverly Hills vorkommen und die von der Begierde nach weit jüngeren Männern aufgefressen werden. Traurig und beklagenswert. So wollte ich nicht sein.
    Natürlich hatte Adam die Getränke in null Komma nichts besorgt. Burschen wie er flößen Barmännern Respekt ein. Für Frauen wie mich haben die keine Zeit. Schon gar nicht für solche, denen der Mann davongelaufen ist. Wie jeder andere Mann im Universum wusste der hinter der Theke offenbar, dass ich eine Verliererin war.
    Adam gab mir die beiden Weingläser und sagte: »Hier ist dein Wechselgeld.«
    »Ich hab keine Hand frei«, sagte ich und nickte zu den beiden Gläsern hin, die ich trug.
    »Kein Problem«, sagte er und schob seine Hand in eine Tasche meines Kleides.
    Einen kurzen Augenblick lang berührte sie meinen Hüftknochen. Ich spürte ihre Wärme durch das Gewebe. Ich hielt den Atem an. Ich glaube, er auch. Dann ließ er die Münzen los, und das Wechselgeld klirrte in der Tasche.
    Was sollte ich tun? Ihm eine kleben, weil er sich das herausgenommen hatte? Immerhin musste er mir mein Wechselgeld geben, und ich hatte keine Hand frei. Er hatte genau das Richtige gemacht.
    Trotzdem dachte ich, dass Menschen wie er eine Art Waffenschein mit sich herumtragen müssten, weil sie so anziehend sind. Man müsste sie eine Art Prüfung machen lassen, in der sie beweisen, dass man ihnen trauen kann, wenn sie so hinreißend aussehen und in freier Wildbahn herumlaufen. Es war ja nicht nur sein unbestritten gutes Aussehen. Er war auch so groß und männlich. In seiner Gegenwart kam ich mir wie eine zerbrechliche kleine Frau vor. Wieder litt ich am Weiten-Nachthemd-Syndrom.
    Er fragte: »Mit wem bist du hier?«
    »Mit meiner Freundin Laura.«
    »Darf ich mich an euren Tisch setzen?«
    »Natürlich.«
    Warum nicht, dachte ich. Er ist unterhaltsam, angenehm im Umgang, und er wird Laura gefallen.
    Allerdings ist er für sie vielleicht ein bisschen alt.
    Er schob mich durch die Menschenmenge. Ich muss sagen, dass sie mir weit mehr Achtung entgegenbrachte, als er dabei war.
    Ich glaube nicht, dass ich auf dem Rückweg von der Theke mehr als einen Tropfen Alkohol abbekommen habe, während man mich auf dem Hinweg mit der Tagesportion einer ganzen Brauerei überschüttet hatte.
    Natürlich war das ungerecht, aber so ist das Leben.
    Wir kamen an Leuten vorbei, die ihn zu kennen schienen.
    »Adam, wohin gehst du?«, wollte eine der jungen Frauen aus der Gruppe wissen. Blond. Rosa Schmollmund. Sehr jung. Sehr hübsch.
    »Ich hab ’ne alte Freundin getroffen«, sagte er. »Ich trink ’nen Schluck mit ihr.«
    Rasch ließ ich den Blick über die Menge gleiten, um festzustellen, ob Helen da war. Gott sei Dank konnte ich sie nicht erblicken. Wohl aber sah ich eine ältere Frau in der Gruppe, die Adam sehnsüchtig ansah, als er vorüberging. Ob das die arme liebeskranke Professorin Staunton war? Ich spürte mehrere feindselige Blicke. Alle von Frauen. Es war fast komisch. Der Teufel soll sie holen, dachte ich munter. Wenn sie nur wüssten, dass sie von mir nichts zu fürchten haben. Mein Mann hat mich sitzengelassen, wollte ich ihnen sagen, und er sieht nur

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